Mein Austausch mit IFYE (International Farm Youth Exchange) startete Mitte Juni und führte mich unter anderem in die sogenannten Great Plains von Amerika. Mit viel Vorfreude, aber auch sehr gespannt, was und wer mich in den nächsten zweieinhalb Monaten erwartet, landete ich in Washington D.C. Hier traf ich das erste Mal auf Hannah Nordby, die Staatenverantwortliche von North Dakota, IFYE USA, die meine Reise organisierte. Die erste Woche war somit geprägt vom Austausch mit anderen Studenten aus aller Welt und vielen Gesprächen auf Englisch.
Amerikanisches Seeland
Meine erste Gastfamilie besitzt eine grosse Farm mit 8000 Hektaren im Red River Valley. Neben Zuckerrüben, Mais für die Maissirup-Herstellung und Sojabohnen für den Export nach Asien ist die Farm zudem Umschlagplatz für Sonnenblumenkerne. In grossen Silos werden die Kerne getrocknet und in den nahegelegenen Fabriken vorwiegend zu Snacks verarbeitet. Das Red River Valley ist bekannt für den nährstoffreichen Boden und weite, flache Felder. Ich zog immer wieder den Vergleich mit dem Seeland in der Schweiz.
Russ und Mary Mauch, wie auch all ihre Verwandten und Bekannten, welche ich in dieser Zeit kennenlernen durfte, waren sehr interessiert an der Schweizer Landwirtschaft. Das Verbot des Anbaus von gentechnisch modifizierten Pflanzen, unsere Richtlinien in Bezug auf Spritzmittel, die Bodenpreise, aber auch die schönen Bilder der Berge und Landschaft der Schweiz boten sehr viel Diskussionsstoff. Es gab keinen Tag mit Russ und Mary, der nicht Neues brachte. Die Grössen der amerikanischen Maschinen faszinierten mich jedes Mal aufs Neue. Sei es die selbstfahrende Spritze mit einer Balkenbreite von 40 Metern, der grosse Knickschlepper für die Bodenbearbeitung oder der Sätraktor – ich durfte überall mithelfen und meine Runden drehen.
Nach zwei Wochen war meine Zeit auf der Red River Farm zu Ende und ein Freund der Familie brachte mich mit seiner Cessna in die Mitte von North Dakota zur Familie Subart. Sie hält ungefähr 350 Black-Angus-Rinder und bewirtschaftet 2000 Hektaren Farmland. Ich habe mich sofort als Teil der Familie gefühlt. In der ersten Woche konnte ich beim Besamen der Rinder mithelfen. Die Tage waren teilweise sehr lang, doch das Aufstehen am Morgen war noch nie so einfach für mich.
Grosses, weites Amerika
[IMG 2]Aaron Subart und sein Vater Bob lieben ihre Arbeit sehr und pflegen einen äusserst ruhigen Umgang mit den Tieren. Wenn ich ehrlich bin, habe ich das so nicht unbedingt erwartet, im grossen, weiten Amerika. Auch meine Ausbildung zur Bauzeichnerin holte mich hier ein. Aaron und ich schalten, armierten und betonierten eine Bodenplatte für den Treibgang der Rinder. Immer mit dabei waren die zwei Kinder der Familie im Alter von zwei und vier Jahren. Wiederum ging es am Abend dann meist mit Aaron und seiner Frau Jessi mit den Quads oder auf dem Pferd auf die Weiden, wo ich viele schöne Sonnenuntergänge und die Weite des Cowboy-Landes genoss. Nach gut zwei Wochen stand dann schon der nächste harte Abschied bevor.
Meine Reise führte mich weiter nach Westen in die Badlands, eine Hügellandschaft, die durch Erosion entstanden ist. Da die Gegend für die Landwirtschaft ungeeignet war, nannten sie es Badlands, was so viel bedeutet wie schlechtes Land. Auch meine dortige Gastfamilie, Shelby und Shannon mit ihren zwei- und vierjährigen Buben, empfing mich mit offenen Armen. Die beiden halten 150 Red-Angus-Rinder auf ihrer Ranch in Amidon. Die Zeit auf der Ranch war geprägt von der Arbeit mit den Kühen, aber auch vom Erstellen von Tränkebecken und sogar einer Quellfassung. Auch hier verging die Zeit viel zu schnell, und schon war ich auf dem Weg zu meiner letzten Gastfamilie. Hier verbrachte ich nur fünf Tage. Die Rindermast ist auch hier der Hauptbetriebszweig. Doch anstelle von Quads nutzen sie ihre über 20 Pferde für die Arbeit mit den Rindern. Obwohl der Aufenthalt dort nur kurz war, fand ich es beeindruckend, ihnen bei der Arbeit zuzusehen.
Meine letzten Tage in den USA konnte ich in Denver (Colorado) bei neuen Freunden verbringen. Die Rocky Mountains erinnerten mich etwas an die Schweiz. So viele Personen boten mir Ausflüge oder Besuche quer durch die USA an. Leider rief mich aber die Arbeit und der Rückflug zurück in die schöne Schweiz. Heute hat mich der Alltag bereits wieder eingeholt. Doch es bleiben die vielen Erinnerungen und Erlebnisse, die vielen neuen Freunde.