Zopf, Ofenbrot, selbst gemachte Butter, Mutsch à la Hondrich, Osterfladen, Linzertorte, Trockenwurst, frischen Speck, Milchkaffee und frisch gepressten Mandarinensaft, dazu einheimischen Maiskuchen, traditionelle Chips, «Mbeju» (Käsefladenbrot), Erbsen, einheimischen Kräuterkaffee und hofeigene Bananen, Guyaba (exotische Beerenfrucht) und Mandarinen – all diese Leckereien tischten wir an unserem ersten Bauernhofbrunch zu Ostern auf.
Die Woche davor herrschte Hochbetrieb und unser Hof ähnelte einem Bienennest. Alles wurde auf Hochglanz poliert, Zäune wurden geflickt, die Dekoration genäht und Osterhasen aus Holz gezimmert.
Der Brunch ist beliebt
Von Europäer(innen), die in Paraguay leben, werden wir immer wieder nach Bioprodukten gefragt. Sie suchen aber auch nach vertrauten Nahrungsmitteln wie Käse, vielseitigem Gemüse oder einem einfachen Ruchbrot. Letzteres ist allerdings in Paraguay unter all dem weichen Weissbrot kaum zu finden. Aus all diesen Gründen haben wir uns Anfang Jahr für ein neues Projekt entschieden: einen monatlichen Brunch auf dem Bauernhof.
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Mit 20 Flyern starteten wir und verteilten diese unter bekannten und unbekannten Europäern. Somit erhofften wir uns zirka 30 Gäste. Es hatten sich 53 angemeldet, schlussendlich waren wir über 60. Eine tolle Überraschung, ein voller Erfolg. Wie freut es doch das Bauernherz, wenn Menschen auf den Hof kommen, die hofeigene Produkte und die Arbeit dahinter schätzen und mit Dankbarkeit kaufen. Unbeschreiblich! Es lässt einen ganz schnell jede Anstrengung, jeden Zweifel und die Nachschicht davor vergessen. Käse, Bohnen, Butter, Nidle und meine ersten Holzofenbrote waren ausverkauft. Es waren nicht riesige Mengen, einfach so viel, wie wir von Herzen und mit Freude herstellen konnten.
Eine neue Käserei
Mit dem Erlös haben wir uns jetzt eine kleine Käserei mit einer Fläche von 16 m² gebaut. Die Kacheln müssen noch verlegt und die Elektrizität vernetzt werden. Jedoch konnte das ganze Material bereits gekauft werden, fehlt nur noch Zeit für die letzte Arbeit, da wir alles selber ohne zusätzliche Hilfe bauen. Dies, kombiniert mit der täglichen Verantwortung auf dem Bauernbetrieb, ist eine grosse Lebensschule für die Kinder, die keine Staatsschule besuchen können.
Ab in die nächste Runde
Der nächste Brunch steht wieder kurz bevor, mit wiederkehrenden und vielen neuen Gästen. Die Neuigkeit machte die Runde und schlug grössere Wellen als erwartet. So hat uns nun ein Unternehmen, ähnlich einer Genossenschaft, angefragt, ob sie uns unterstützen und als Geschäftspartner aufnehmen dürfen. Wir wurden besucht und interviewt. Klingt alles toll, aber wir bleiben vorsichtig und lesen erst mal die Statuten. Wir geniessen unsere Unabhängigkeit und Einfachheit. Diese möchten wir nicht verlieren und sie ist uns mehr wert als Geld.
Punch als neuer Familienhit
Auf unserem Hof werden extrem viele Mandarinen produziert. Wir zählen mehr als 40 Bäume und verkaufen die Früchte zusammen mit Milch direkt auf der Strasse. Da sie von April bis Juli reif sind und die Ernte somit in die Winterzeit fällt, versuchen wir nun, eigenen Mandarinen-Punch in Konzentrat-Form zu vermarkten. Das ist unser neuer Familienhit. Abgelesen und ausgepresst wird von Hand. Schon über 50 Liter Konzentrat sind abgefüllt. Nun hoffen wir, dass der Punch am Brunch auf Anklang stösst und wir ihn gut verkaufen können. Wird er ein Hit, überlegen wir uns, im nächsten Winter gross zu pressen, wie früher in unserer eigenen Mosterei in Wikon LU, der «Wigger Mosti».
Ungezwungen leben
Viele Ideen, regionale Produktion, Wertschöpfung und Wertschätzung, all dies erlaubt uns die paraguayische Mentalität und die Freiheit hier. Wir geniessen die Perfektion im Unperfekten und schätzen es, einfach ungezwungen zu leben.
Zur Person
Michèle Huber ist gelernte Landwirtin mit Fachrichtung Bio und Permakultur. Ein von ihr initiiertes PRE mit dem Ziel einer neu ausgerichteten regional-solidarischen Landwirtschaft fand Anklang bei Inforama, FiBL und Bio Schwand und wurde sogar vom BLW und Lanat anerkannt und finanziell mitunterstützt. Leider funktionierte die Umsetzung nicht ganz, der Landkauf gelang nicht. Überzeugt von ihren Idealen, gab Michèle Huber nicht auf und startete das Projekt nun im fernen Paraguay.