Schweden – das ist doch dieses kühle Land im Norden, mit weiten Wäldern, Elchen, roten Schwedenhäusern, einem blau-gelben Möbelgiganten und der berühmten Pop-Gruppe ABBA. Oder woran hätten Sie gedacht? Letztes Jahr hatte ich die Gelegenheit, eine Woche lang mit einer Reisegruppe von 32 Bäuerinnen und Bauern Schweden zu erkunden.
Im Herzen der Landwirtschaft
Unsere Reise begann in Südschweden, wo uns Reiseleiterin Lena Eriksson begrüsste. Hier, in der «Sonnenstube» des Landes, schlägt das Herz der landwirtschaftlichen Produktion. Langezogene Hügel und weitläufige Ackerflächen prägen die Landschaft, entlang der Küste locken kilometerlange Sandstrände Touristen an. Auffällig: Die Häuser sind hier nicht rot, sondern weiss – ein Erbe aus der Zeit, als die südlichen Provinzen noch zu Dänemark gehörten.
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Unser erster Stopp ist auf der Granhill-Lantbruk-Farm von Christian und Louise Anderson. Der Betrieb bewirtschaftet 470 Hektar Ackerland und mästet 1100 Schweine.
Angebaut werden Raps, Durumweizen, Kartoffeln, Lauch, Zwiebeln, Zuckerrüben und Karotten. Da es hier jährlich nur etwa 600 mm regnet, sichern fünf 60 bis 80 Meter tiefe Bohrungen die Wasserversorgung – rund 400 000 Kubikmeter Wasser werden pro Jahr verbraucht.
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Ein paar Nummern grösser
Doch es geht noch grösser: Elin Gunarsson leitet mit 32 Jahren einen beeindruckenden Milchwirtschaftsbetrieb mit 2550 Hektar Land, vier Betriebsstandorten, 30 Angestellten und 700 Milchkühen der Rassen Holstein und Red-Holstein. Die Kühe erhalten eine Mischung aus 70 % Maissilage, 30 % Grassilage und Kraftfutter, was eine durchschnittliche Milchleistung von 11 000 kg pro Kuh ermöglicht.
Nicht nur Grossbetriebe prägen die schwedische Landwirtschaft. Mit «Grüessech» begrüsst uns der aus dem bernischen Stettlen ausgewanderte Paul Gerber. Mit seiner Frau Ann Marie hält er Alpakas und verkauft Zuchttiere und Wolle. Insgesamt bewirtschaftet der Nebenerwerbsbetrieb 14 ha landwirtschaftliche Nutzfläche und 300 ha Wald.
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Wir reisen weiter in Richtung Norden. Die Ackerflächen nehmen ab, dichte Wälder nehmen zu, in ihnen soll es viele Elche geben – wir sehen leider keine. Die Strasse, auf der wir unterwegs sind, ist praktisch frei von Verkehr und die Häuser leuchten mittlerweile im typischen «Falunrot», jener ikonischen Farbe, die ursprünglich als Nebenprodukt des Kupferbergbaus entstand.
Hier besuchen wir Erik Terje Garberg, einen ehemaligen Molkereidirektor, der irgendwann genug vom «Big Business» hatte und sich vor 16 Jahren für die Landwirtschaft entschied. Mit einer Holztrompete begrüsst uns der sympathische und exzentrische Betriebsleiter bei der Ankunft auf seinem Betrieb. Auf 21 Hektar hält er Ziegen und produziert in seiner Hofmolkerei exklusive Käsespezialitäten und Butter, die er – ganz Businessman – für 16 Franken pro 250g-Mödeli über die Ladentheke verkauft oder weltweit an Spitzenrestaurants ausliefert.
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1,5 Millionen Poulets im Jahr
Den krönenden Abschluss bildet der Besuch bei Henric und Eva Weijber. Ihr Betrieb beschäftigt vier Vollzeitangestellte und umfasst 900 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche, 400 Hektar Wald und 500 Hektar Fischgewässer. Angebaut werden Raps, Weizen, Erbsen, Gerste und Winterweizen. In drei grossen Ställen werden jährlich 1,5 Millionen Masthühner produziert – beeindruckende Zahlen. Es ist diese Mischung aus grossen und kleinen Betrieben, wunderschönen Landschaften und der herzlichen Gastfreundschaft, die die Reise zu einem Erlebnis macht.
Übrigens, die nächste Lesereise in den Norden findet im August statt – es locken Norddeutschland und Dänemark. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.
Die schwedische Landwirtschaft
Schweden hat eine Gesamtfläche von etwa 450 295 km2 (etwa elfmal so gross wie die Schweiz), davon sind rund 40 000 km2 Binnengewässer(CH: 1650 km2), 280 000 km2 Waldfläche(CH: 12 900 km2) und 25 400 km2 landwirtschaftliche Nutzfläche (CH: 14 500 km2,davon 3900 km2 Ackerfläche).
Im Süden wird produziert
Schweden ist etwa 1500 km lang. Das Klima im Süden ist gemässigt, im Norden subarktisch. Die landwirtschaftliche Produktion findet hauptsächlich im gemässigten Klima von Südschweden statt.
Milch und Fleisch
Die wichtigsten landwirtschaftlichen Produkte Schwedens sind Milch, Schweinefleisch, Geflügel- und Rindfleisch. Im Jahr 2023 trug die Landwirtschaft etwa 1,6 % zum Bruttoinlandprodukt (BIP) Schwedens bei (CH: 0,6 %). Die rund 72 000 landwirtschaftlichen Betriebe (CH: 47 700) beschäftigten rund 177 600 Personen (CH: 148 880). Die durchschnittliche Betriebsgrösse beträgt bei Vollerwerbsbetrieben 121 ha, bei Nebenerwerbsbetrieben 31 ha. Der Selbstversorgungsgrad Schwedens bei Lebensmitteln liegt im Durchschnitt bei etwa 50 %.