Im Englischen gibt es ein Sprichwort, das sagt «Kommt der März wie ein Lamm, geht er wie ein Löwe». Nun – dieses Jahr kam und ging er wie ein Lamm. Wir hatten einen sehr warmen und trockenen März, was, kombiniert mit starken Winden, in der letzten Woche des Monats zu grossflächigen Feldbränden führte. Insgesamt brannten mehr als 5000 Hektaren Grasland und Felder ab und leider mit ihnen auch einige Höfe und Häuser sowie viele Hunderte Kilometer Zäune. Was die Brände ausgelöst hat – ob es eine rücksichtslos aus dem Auto geworfene Zigarette war oder ob der Wind eine Stromleitung herunter riss –, das wurde bisher nicht festgestellt.
Wir hatten Glück und wurden verschont, die Brände brachen 15 Minuten südlich von uns aus und der Wind trieb sie weiter nach Südosten. Aber es erinnert einen wieder einmal daran, dass die Natur tausendfach stärker ist als wir es jemals sein könnten. Deshalb sollten wir, anstatt all unsere Energie darauf zu verschwenden, die Natur kontrollieren zu wollen, uns so gut als möglich auf Extremsituationen vorbereiten und mit Bescheidenheit erkennen, dass wir nicht diejenigen sind, die am Steuer sitzen. Sind wir doch nur Gäste auf der Fahrt des Lebens.
Kälber und noch mehr Kälber
Für das Abkalben war der trockene und warme Frühling bisher nicht schlecht. Etwas mehr als die Hälfte ist nun geschafft. Es sind noch um die 260 Kühe, die kalben sollten. Die ersten 270 Kälber sind bereits gebrandet, geimpft und kastriert. Mitte Juni geht es dann für einen Teil dieser Gruppe in die Berge. Bis dahin verweilen sie auf Grasland in der Umgebung von Nanton und werden mit Hilfe des Futtermischwagens mit einer Silage-Mischung mit wenig Getreide gefüttert, bis das Gras wächst.
Gleichzeitig geht es nun im Ackerbau los. Mit dem Säen begann die Crew in der ersten Aprilwoche. Hoffentlich bringt der Mai dann etwas Niederschlag, sonst wird es knapp mit der Feuchtigkeit. Markus ist nun bald allein verantwortlich für die restlichen 260 Kühe, nur eine Mitarbeiterin ist ihm noch geblieben, sie füttert die erste Gruppe und hält ein Auge auf kranke Tiere. Alle anderen sind nun auf dem Feld eingeteilt und fahren entweder eine der drei 24 Meter breiten pneumatischen Sämaschinen, einen der vielen Lastwagen mit Saatgut undDünger, eine der zwei selbst-fahrenden Feldspritzen oder eine Walze. Es werden insgesamt 9500 Hektaren mit Weizen,Gerste, Raps, Erbsen oder Linsengesät.
Zuwachs auf dem Hobby-Hof
Auf unserer kleinen Farm hat sich auch etwas getan. Ein nettes Ehepaar hat uns von der Schweiz aus kontaktiert und uns einen finanziellen Zustupf für den Kauf einer Kuh angeboten. Sie waren sogar so grosszügig, dass es nun für zwei Kühe gereicht hat. Markus wollte schon immer eine Original Braunvieh als Ammenkuh und allenfalls auch zum Melken. Wir fanden einen Züchter nur eine Stunde südlich von uns. Die Familie züchtet schon seit 40 Jahren OB-Kühe und -Stiere.
Sie hatten zwei Kühe aus ihrer Herde zu verkaufen, elf und zehn Jahre alt. Beide sind von einem Angusstier gedeckt worden. Die Züchter wollten die zwei lieber als Paar verkaufen, damit sie sich besser an den neuen Ort gewöhnen. Ausserdem kann man ja schliesslich nie zu viele Kühe haben, also haben wir beide gekauft. Nun sind wir also stolze Besitzer zweier Braunviehkühe und zweier Kälber aus einer Braunvieh-Angus-Kreuzung.
Aller Anfang ist schwer …
Ob wir die Kühe ans Melken gewöhnen können, steht noch in den Sternen. Mit viel Geduld und Mut melkt Markus die Zwei jeweils von Hand. Ich persönlich warte einfach noch zwei Wochen, bis unsere Kuh Rina, die wir schon seit ihrer ersten Laktation melken und von Hand aufgezogen haben, ihr viertes Kalb geboren hat. Da Rina eine Fleckvieh-Angus-Kreuzung ist, hatte sie bisher genug Milch für ihr Kalb und uns.
Die zwei Braunviehkühe werden aber bestimmt noch zum Einsatz kommen, wenn es Kälber gibt, die aus verschiedenen Gründen nicht bei ihren Müttern bleiben können. Zur Zucht oder als Ammenkühe sind sie uns auch willkommen, wir haben ja unsere Rina für Milch. Die beiden neuen Kühe werden wir für die nächste Trächtigkeit mit Braunviehgenetik besamen und so hoffentlich in ein paar Jahren unsere eigenen, zahmen Braunvieh-Milchkühe haben.
Zur Autorin
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Alexandra Ruckstuhl und ihr Mann Markus sind bereits zum zweiten Mal aus der Schweiz nach Kanada ausgewandert. Das erste Mal kehrte die Familie zur Behandlung einer lebensbedrohenden Krankheit ihrer älteren Tochter in die Schweiz zurück. Nach erfolgreicher Operation der ersten Tochter und der Geburt der zweiten, ist Familie Ruckstuhl in ihre Wahlheimat zurückgekehrt. Mittlerweile sind mehr als drei Jahre vergangen, seit die Ruckstuhls die Schweiz zum zweiten Mal verlassen haben.