«Über alle Nutztiere gesehen, erhalten hierzulande Mastkälber und -rinder sowie Milchkühe am meisten Antibiotika», stellte Stefan Schürmann am 11. April 2024 an der Generalversammlung des Vereins Kometian in Flawil SG fest. Häufigste Gründe für die Medikation bei Mastkälbern sind laut dem wissenschaftlichen Mitarbeiter am Institut für Agrarökologie (IfA) Atemwegserkrankungen.
Strenger als Bio Suisse
Bei Milchkühen kommen Antibiotika hauptsächlich bei Mastitis, bei der Geburt und beim Trockenstellen zum Einsatz. Doch je mehr Antibiotika verabreicht werden, desto häufiger kommt es zu Resistenzen. Dagegen ist laut Stefan Schürmann die antibiotikafreie Milchproduktion am wirksamsten. Diese ist beim US-amerikanischen National Organic Program (NOP) vorgeschrieben, das punkto Antibiotika über die Vorschriften von Bio Suisse hinausgeht. Auch hierzulande gibt es Betriebe, die nach NOP produzieren: Seit 2017 wird NOP-Milch in die USA exportiert. In den letzten Jahren allerdings nur sporadisch und es ist unklar, ob das Exportprogramm weitergeführt wird. «Es handelt sich um eine Pionierarbeit, die gezeigt hat, dass die antibiotikafreie Milchproduktion möglich ist», sagte Schürmann.
Milch und Fleisch zusammen vermarktet
Die daraus gesammelten Erfahrungen sind nicht vergebens. Aldi Suisse führte 2022 das Programm «Retour aux sources» ein, kurz RAS genannt. Anforderung für beteiligte Betriebe ist etwa die antibiotikafreie Tierhaltung mit soja- und kraftfutterfreiem Schweizer Bio-Futter. Dazu kommt, dass mindestens 60 Prozent der Kälber auf dem Geburtsbetrieb abgetränkt werden. Zudem muss der Betrieb 12 Prozent Biodiversitätsfläche aufweisen. Die Produzenten kommen aus den Regionen Luzern und Aargau sowie vereinzelt aus der Ostschweiz. Partner sind unter anderem «Prüf Nach!» als Richtliniengeber, Emmi, das IfA als Beratungsinstitut sowie Bio Fair Schweiz, die Interessenvertretung der RAS-Bauern.
Für die RAS-Milch gibt es einen fixen Zuschlag von 10 Rappen und keine Deklassierungsabgabe, was total 15 Rappen über dem Knospe-Milchpreis ergibt. Seit rund 10 Jahren vermarket Aldi Suisse zudem RAS-Weiderind. Beide Zweige – Milch- und Fleischproduktion – werden nun zusammengeführt. «Mit der Konsequenz, dass die antibiotikafreie Produktion auch beim RAS-Weiderind ausgelobt wird», so Stefan Schürmann. Die Mäster könnten mit sehr guten Übernahmebedingungen wie auch mit einer RAS-Prämie von 20 Rappen pro Kilo Schlachtgewicht rechnen. Zudem hätten sie bei Aldi Liefervorrang gegenüber anderen Mastbetrieben.