Präsident Ruedi Bigler begrüsste «seine» Produzenten in der gut besetzten Thuner Reithalle zur ersten von zwei Infoveranstaltungen. Besonders erfreut zeigte er sich über die Anwesenheit von über 100 Frauen, «schön, dass Ihr auch kommt», sagte Bigler.

EU bald kein Milchexporteur mehr

Bigler erwähnte die guten Produzentenpreise und zeigte sich zuversichtlich, dass die Situation so bleiben werde. «Die EU ist heute der grösste Milchexporteur weltweit, bis in 10 Jahren ist sie netto kein Exporteur mehr», prognostizierte der Präsident, somit werde es künftig vermutlich schwieriger werden, Inland-Defizite durch Importe auszugleichen. «In der Branchenorganisation Milch haben wir für dieses Jahr schon 3000 t Butter-Importkontingent freigegeben», sagte Bigler zur Illustration.

«Wir werden in unserem Beruf wieder mehr Wertschätzung erleben», fuhr er fort. Man habe die Milchproduktion zuweilen als Klimaproblem Nr. 1 darstellen wollen. «Aber mittlerweile kehrt auch die Vernunft manchmal wieder etwas ein», fuhr er fort. Die Kuh könne dazu beitragen, den im intensiven Gemüsebau genutzten Humus wieder aufzubauen. «Wir sind fest davon überzeugt, dass die Kuh in der Schweiz eine Zukunft hat», sagte Bigler optimistisch. Es mache Sinn, in der Milchproduktion zu bleiben, sagte er mit Blick auf den Strukturwandel. Dieser ist in der Milchproduktion rund doppelt so hoch, wie bei den gesamten Betrieben.

Verlust an Eigenständigkeit

Anschliessend rekapitulierte Bigler noch einmal die Details der Partnerschaft zwischen Elsa und Aaremilch. Die Migros-Tochter hat bekanntlich 50 % der Aaremilch-Aktien übernommen, die andere Hälfte gehört weiterhin den Produzenten.

Im Zuge der Änderungen bei den Besitzverhältnissen haben Jürg Iseli, Beat Mülethaler und Andreas Flükiger den Verwaltungsrat verlassen. Neu gewählt wurden Matthew Robin, der CEO von Elsa-Mifroma, Roland Oberholzer von der Migros Industrie, sowie Rolf Bernhard, Leiter Agronomie und Produktionssysteme beim Migros Genossenschaftsbund (MGB). Dazu kommen die Produzentenvertreter Ruedi Bigler, Urs Jenni und Hansueli Jungen.

«Wir verlieren eine gewisse Eigenständigkeit, das schleckt keine Geiss weg», sagte Bigler. Somit sei Aaremilch auch keine lupenreine Produzenten-Organisation der Milchproduzenten mehr, was sich nun auch in der Zusammensetzung des Verwaltungsrats ausdrückt.

Zahlreiche positive Faktoren

Diese Änderung der Organisations-Ausrichtung sei ein Negativpunkt, aber daneben gebe es zahlreiche positive Faktoren, so Bigler: Elsa biete hohes Wertschöpfungspotenzial und verbessere die Perspektiven für die Label- und Biomilch-Produktion. «So liefern wir unterdessen über 80 Mio kg IP-Wiesenmilch in die Elsa und können unsere Nischen wie A2-Urmilch und Diemtigtaler Bergmilch produzieren», berichtete Bigler. Zudem sei Elsa bei der Verkehrsmilch-Zulage ein Nettozahler. «Mit der Partnerschaft reduziert die Aaremilch die Abhängigkeit von den Fondsgeldern», egänzte Bigler.

Matthew Robin, CEO von Elsa-Mifroma gab den versammelten Milchproduzenten einen Überblick zur neuen Mitbesitzerin. Diese hat 1400 Mitarbeitende, 10 Produktionsstandorte in der Schweiz und 2 Standorte im Ausland. Somit gehören mit der Naturparkkäserei der Aaremilch im Diemtigtal neu sechs Unternehmen zur Gruppe: Elsa Mifroma, Schwyzer Milchhuus, Dörig Bergsenn, Idhéa und SoFine Foods.

Der zweitgrösste Milchkäufer des Landes

«Wir machen alles mit Ausnahme von Butter und Milchpulver», sagte Robin. Man betreibe etwa im Bereich Käse den grössten Schneide- und Verpackungsbetrieb und sei gleichzeitig einer der grössten Affineure. 314'000 t Milch werden insgesamt von Elsa-Mifroma verarbeitet, damit kauft das Unternehmen rund 12 Prozent der Schweizer Milchmenge. 2019 waren es laut Robin noch 7,5 Prozent. Man sei unterdessen der zweitgrösste Milchkäufer des Landes. Davon werden 83 Prozent in Estavayer verarbeitet.

Seit 2019 lässt Elsa laut Robin 80 Mio kg jährlich bei Konkurrenten verarbeiten und ist so in die Regulierung eingetreten, das habe die Milchflüsse kompliziert, lasse aber eine höhere Wertschöpfung zu, erläuterte er.

Im Geschäftsbereich Käse habe sich die Elsa-Mifroma zur starken Exporteurin entwickelt. Sie setzt unterdessen Käse im Wert von 100 Mio Fr. im Ausland ab, so Robin. Stark profiliert hat man sich dabei namentlich in Frankreich, das einen Fünftel des Volumens ausmacht.

In der Naturparkkäserei im Diemtigtal, welche Elsa als Teil des Deals vollständig übernommen hat, wird künftig vor allem Raclette, sowie Halbhart- und Hartkäse herstellen, geplant ist ein Volumen von 4000 t pro Jahr. Robin betonte, dass Elsa-Mifroma auch weiterhin ein Augenmerk darauf legen wolle, dass sie mit dem Milchpreis leicht über dem Durchschnitt liegt.

Ein enttäuschter und ein zufriedener Produzent

Im Fragenteil meldete sich ein Produzent wie folgt zu Wort: «Ich bin wahnsinnig enttäuscht vom Verwaltungsrat», sagte er, «vor Jahresfrist hat niemand etwas gesagt, wie es steht um die Aaremilch». Präsident Ruedi Bigler replizierte, dass der Bau der Naturparkkäserei zunächst auf den Preis gedrückt habe. Unterdessen habe man mit von den besten Milchpreisen im Land, der Verwaltungsrat habe das im Sinne der Milchproduzenten richtig gemacht. Die saisonalen Abzüge verteidigte er mit dem Mengenschwankungen, Elsa brauche eine möglichst konstante Milchmenge.

Ein weiterer Produzent verwies auf die Vergangenheit, er habe mehrmals geholfen, Betriebe zu sanieren mit seiner Milch, so etwa im Fall von Swiss Dairy Food selig und Cremo. Nun habe man einen starken Partner, der die Milch auch im Inland verkaufen könne, das müsse man positiv hervorheben. Er nehme auch Lob entgegen, kommentierte Ruedi Bigler trocken.

Mehr Gewicht auf Gehalten

Geschäftsführer Donat Schneider gab zunächst einen Überblick zur Marktlage. Die grössten Schwierigkeiten herrschten aktuell auf dem Käsemarkt. Die Einlieferungen der Aaremilch-Lieferanten hätten sich im Dezember gegenüber dem Vorjahresmonat um 2,9 Prozent erhöht.

Schneider informierte im Weiteren über die Angleichung an das Milchpreissystem der Elsa, dies sei eine Bedingung gewesen, um das Zusammengehen zu realisieren. Allerdings hat die Aaremilch das Bandbreitemodell nicht übernommen, die saisonalen Abzüge und Zuschläge bleiben, dasselbe gilt auch für die Vertragsmengen. Der Zuschlag für Wiesenmilch bleibt ebenfalls unverändert bei 4 Rp./kg.

Wichtigster Punkt sei die Gehaltsbezahlung, so Schneider: Es gebe neu Preise pro Kilo Fett und pro Kilo Protein. Diese sind so gewichtet, dass sie genau gleich viel wert sind. Der Gehalt erhalte eine noch grössere Bedeutung als zuvor, der Unterschied sei aber überblickbar. Es gebe je einen Preis für Fett und Protein im A und B-Milch-Segment. Der Anteil beträgt derzeit je 89 Prozent A-Milch, damit befinde man sich klar über dem Schweizer Durchschnitt, sagte Schneider. Allerdings müsse man im Frühjahr mit einem leichten Anstieg des B-Anteils rechnen. Dieser hat in den letzten Monaten preislich klar verloren.