Es ist glücklicherweise geschafft: Die beiden Agrar-Initiativen sind vom Souverän mit voraussichtlich über 60 Prozent Nein verworfen worden, als einziger (halber) Stand hat Basel-Stadt zugestimmt. Das ist ein Ergebnis, welches in dieser Deutlichkeit nicht zu erwarten war. Noch vor einigen Wochen war die Stimmung ganz anders, das Zittern in der Branche war an allen Ecken und Enden zu spüren. Man wusste zwar, dass ein ablehnendes Ständemehr so gut wie sicher war, aber ein Volksmehr war keineswegs garantiert.

Früher Start der Kampagne

Dass nun ein derart klares Verdikt resultierte, hat verschiedene Gründe. Ein Erfolgsfaktor war sicher der frühe Start der Gegenkampagne. Sie war zudem breit abgestützt und thematisierte die klassischen Ablehnungsgründe gegen ökologische Anliegen oder solche die meinen, es zu sein: Die Auswahl nimmt ab, das Essen wird teurer und die Importe legen zu. Je länger die Auseinandersetzung dauerte, desto heller dämmerte es vielen noch Unentschieden, welch unausgegorenes Konzept den Volksbegehren zugrunde liegt.

Vor allem die Trinkwasser-Initiative mit ihrem einseitigen Angriff auf die Landwirtschaft wäre bei wortwörtlicher Umsetzung verheerend und kontraproduktiv gewesen. Auch die Pestizidverbots-Initiative war zu weit weg von der Realität (Biokonsum von knapp 11 Prozent), obwohl sie konsequenter formuliert war. Trotz diesen Unterschieden gelang es den beiden Gegenkomitees gut, die Initiativen in einen Topf zu werfen, das zeigt sich auch daran, dass sie praktisch die gleichen Stimmenverhältnisse aufweisen.

Den Befürwortern gelang es nur sehr beschränkt, einen Keil in die Branche zu treiben. Die Kampagne «Agrarlobby stoppen» der Umweltschutzverbände führte eher noch zu einem Schulterschluss innerhalb der Branche. Es gibt eben keine Verbandsführung und keine Genossenschafts-Verwaltung, die nicht aus aktiven Bäuerinnen und Bauern besteht, auch wenn die Umweltverbände dies mit aller Kraft herbeizuschreiben und zu -schreien versuchten.

Eine solche Prügelei will niemand mehr

Es waren schlussendlich keine 100 Bauern und Bäuerinnen, die sich als Befürworter(innen) äusserten. Das hat sicher auch damit zu tun, dass die Stimmung auf dem Land geladen war. Kaum jemand wollte sich als Befürworter exponieren. Grösstmehrheitlich standen die Produzent(innen) aber hinter dem doppelten Nein und setzten sich mit viel Herzblut dafür ein. Das heisst nicht, dass sie die Weiterentwicklung der Agrarpolitik in Richtung Nachhaltigkeit ablehnen. Aber sie wissen, dass radikale Rezepte wenig taugen und dass Prozesse mit kleinen Schritten dafür das bessere Vorgehen sind.

Zum Glück erkannten dies auch fast zwei Drittel des Stimmvolks. Diesem gebührt einmal mehr der Dank für ein klares Plädoyer zugunsten der Landwirtschaft. In den letzten Monaten konnte man auf den Sozialen Medien den Eindruck erhalten, als handle es sich bei den im Primärsektor Tätigen ausschliesslich um Brunnenvergifter und Tierquälerinnen. Hier zeigte sich wieder einmal, dass das Augenmass an der Urne besser ist, als in der Anonymität des Internets, wo wenige Polemiker mit warmer Luft gefühlt unglaublich viel Wirkung erzeugen können. 

Jetzt einfach zur Tagesordnung überzugehen, wäre jedoch nicht das beste Rezept. Eine solche Prügelei, wie in den letzten Monaten wünscht sich niemand ein zweites Mal. Das klare doppelte Nein ist kein Freipass, um dem strengsten Pestizidgesetz sämtliche Zähne zu ziehen. Sonst ist der nächste gehässige Konflikt garantiert. Falls man jetzt aber vernünftig agiert, dürften auch die anstehend weiteren Initiativen zu gewinnen sein.

Kollateralschaden CO2-Gesetz

Schade, dass das CO2-Gesetz als Kollateralschaden auf der Strecke blieb. Dieses wäre ausgewogen gewesen und hätte anders als die Initiativen einen vernünftigen Weg aufgezeigt. Man habe den Bundesrat gewarnt, das Vorhaben gleichzeitig wie die Agrar-Initiativen an die Urne zu bringen, sagte SBV-Präsident Markus Ritter schon lange vor dem 13. Juni. Möglicherweise fehlt es im Regierungs-Gremium an einer gesunden Portion mehrheitsfähiger Bauernschläue.