Der Gemüsebauvereinigung Rheintal und den St. Gallischen Beerenpflanzern sei eine sachliche und faktenbasierte Kommunikation wichtig, hielt Jessica Zimmermann vom Vorstand der Gemüsebauvereinigung, eingangs des Medienanlasses vom 12. Mai 2021 auf dem Böschenhof in Au im St. Galler Rheintal fest. Zimmermann und weitere Referenten zeigten aus verschiedenen Blickwinkeln auf, welche Folgen eine Annahme der Initiativen für den Beeren- und Gemüsebau hätte.  

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Hacken geht nicht immer und überall

Die Gastgeber, Erika und Walter Gasser, bauen auf ihrem ÖLN-Betrieb verschiedene Frisch- und Lagergemüse, Erdbeeren und Ackerkulturen an. Sohn Florian ist Gemüsegärtnermeister und wird den Betrieb auf Anfang 2022 übernehmen. «Schon heute treffen wir verschiedene vorbeugende Massnahmen, um den Unkraut-, Schädlings- und Krankheitsdruck tief zu halten», sagte der 25-Jährige. Unter anderem bei der Anbautechnik. Gassers pflanzen wo möglich auf Dämmen, damit die Kulturen nicht im Wasser stehen. Grössere Reihenabstände sorgen für eine gute Durchlüftung der Kulturen und weniger Pilzkrankheiten. Durch den Einsatz von Mulchfolien kann der Herbizideinsatz reduziert werden.

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Eins zu Eins sah man dies auf der Randenparzelle. Hier wurde zur Anschauung auf einem Teil der Parzelle auf Herbizide verzichtet, es wurde lediglich mit einem Reihenhackgerät gehackt. Gasser erklärte: «Auf der Dammflanke funktioniert das gut. Das Problem sind die Unkräuter auf der Dammkrone. Hier haben wir keine Möglichkeiten für einen maschinellen Einsatz und sind auf Herbizide angewiesen.» Die Alternative wäre Handarbeit. Für diese Randenparzelle ergäbe das einen Zeitaufwand von 40 bis 50 Stunden Handarbeit. «Für den höheren Arbeitsaufwand können wir aber nicht einen höheren Preis verlangen», bemerkte Gasser.

Schnecken können die ganze Ernte ruinieren

Bei der nächsten Station im Feld, einer Salatparzelle mit 80'000 Kopf- und Eisbergsalaten, zeigte Florian Gasser die Problematik von Pilzkrankheiten und Schädlingen auf. Die Salate wurden am 24. März gepflanzt und mit Vlies abgedeckt.

Bei der mechanischen Unkrautbekämpfung am 10. April stellten Gassers bei einem Teil der Salate Pilzkrankheiten fest. «Zu diesem Zeitpunkt konnten wir nicht auf das Vlies verzichten, da die Salate Frostschäden erlitten hätten. Darum entschieden wir, Fungizide einzusetzen, um die Ausbreitung im ganzen Feld zu verhindern und die Ernte zu sichern», sagte Gasser.

Unter dem feuchten Vlies finden nicht nur Pilzkrankheiten, sondern auch Schnecken ideale Bedingungen. Sie wandern aus den begrünten Feldrändern ein, deshalb werden nur dort Schneckenkörner eingesetzt, «übrigens nur sechs bis acht Körner pro Quadratmeter», hielt Gasser fest. Als Anschauungsbeispiel wurde auch hier eine kleines Stück nicht geschützt.

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Auf den ersten Blick sehen diese Salate schön aus. Den Schneckenbefall erkennt man erst beim Rüsten. «Ich als Gemüseproduzent bin darauf angewiesen, meine Kulturen schützen zu können und damit die Ernte zu sichern», lautet Gassers Fazit bezüglich Pflanzenschutz. Er sieht bei einer Annahme der Pflanzenschutz-Initiativen seine Existenz als Gemüseproduzent gefährdet. «Das Risiko eines Verlusts nimmt mir weder der Vermarkter noch der Konsument ab.»

Ein Jahr Arbeit für die Katz

Rico Kuster, Präsident der Vereinigung St. Gallischer Beerenpflanzer, sieht mit den Initiativen die regionale Vielfalt gefährdet. Er rechnete den Teilnehmern vor, wie kostenintensiv zum Beispiel die Erdbeerproduktion ist.

Bei Gassers sind die Kulturen auf 2,3 ha überdacht auf Dämmen und im Freiland gepflanzt. In einem Erdbeerfeld von einer Hektare werden 2300 Arbeitsstunden und 50'000 Franken für Setzlinge und Material investiert, bevor überhaupt eine einzige Erdbeere geerntet werden kann. Gassers haben demnach bis heute  5200 Arbeitsstunden und 115'000 Franken investiert.

«Wenn wir die Beeren nicht mehr vor Krankheiten oder Schädlingen schützen können, ist ein Jahr Arbeit für die Katz. Diesen finanziellen Schaden zahlt niemand», führte Kuster vor Augen. Die Initiativen gefährden laut Kuster Familienexistenzen. Ausserdem seien sie ein ökologischer Bumerang, da mehr importiert werde.

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Forschung und Bildung als Grundstein der Weiterentwicklung

Armin Risch, Präsident der Gemüsebauvereinigung Rheintal, informierte, wie bereits in der Bildung auf eine ressourcenschonende und nachhaltige Bewirtschaftung Wert gelegt wird. «Es wurde und wird viel gemacht für eine nachhaltige und umweltbewusste Produktion. Das ist ein laufender Prozess», hielt er fest. Ein sorgfältiger Umgang mit den Ressourcen und mit Pflanzenschutzmitteln gehöre mittlerweile zu einer fundierten Grundausbildung als Gemüsegärtner/in.

Dank aktiver Forschung könne die landwirtschaftliche Produktion mit den steigenden Anforderungen von Abnehmern und Konsumenten Schritt halten. In allen Bereichen – bei der Schädlings-, Unkraut-, Krankheitsbekämpfung – sei viel gemacht und starke Fortschritte erzielt worden.

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Ohne Pflanzenschutzmittel geht es zurzeit noch nicht

Jessica Zimmermann zog das Fazit, dass die Pflanzenschutz-Initiativen nicht zielführend sind. «Mit vorbeugenden Massnahmen wird bereits heute viel getan, um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren.» Dieser Weg gehe sicher weiter, aber ein vollständiger Verzicht sei zurzeit einfach nicht möglich. «Wir wollen unsere Pflanzen weiterhin schützen – aber nicht mit Verboten, sondern mit Fachwissen und Bedacht.»