Die Landwirtschaft lockt mit einer sinnvollen Tätigkeit, der Arbeit mit der Natur und einem abwechslungsreichen Alltag. Wer eine Hofübernahme wagen will, sollte sich aber auch über die Schattenseiten im Klaren sein, hält Markus von Gunten, Standortleiter Emmental beim Inforama fest.
Beide müssen mitziehen
«Mit Tieren ist man stark angebunden, generell gibt es vergleichsweise wenig finanzielle Entschädigung für viel Arbeit, Betriebe können weit ab von Einkaufsmöglichkeiten, Schule oder Arzt liegen», zählt er auf. Landwirte EFZ haben während ihrer Ausbildung aber mehrere Jahre in der Landwirtschaft gearbeitet und daher ein klareres Bild von dem, worauf sie sich einlassen. Umso wichtiger ist die Auseinandersetzung mit der landwirtschaftlichen Realität für Quereinsteiger mit verkürzter Lehre. Ausserdem sollte auch die Partnerin oder der Partner voll hinter den Plänen stehen:
«Selbst wenn nicht beide voll auf dem Hof involviert sind, gilt es doch die Einschränkungen wie eben die Angebundenheit mitzutragen»,
so von Gunten. Sonst könne eine Beziehung im schlimmsten Fall nach der Hofübernahme in die Brüche gehen.
Es braucht ein finanzielles Polster
Auch die Wirkung finanziellen Drucks auf eine Beziehung sei indes nicht zu unterschätzen und sollte bei den Abklärungen zur Machbarkeit berücksichtigt werden. Was der Berater noch nie erlebt hat, ist der Konkurs eines Betriebs kurz nach der Übernahme. «Kreditgeber prüfen die Finanzen genau», erklärt er. In jedem Fall brauche es für die Übernahme ein finanzielles Polster, das je nach Betrieb und bei Pacht oder Kauf unterschiedlich dick sein sollte. «Einen Richtwert kann ich da nicht geben. Es kann auch das private Umfeld helfen, aber ganz ohne Ersparnisse wird es schwierig».
Keine Kompromisse eingehen
Neben den Finanzen gibt es weniger technische Fragen zu klären, die aber – wie Markus von Gunten betont – nicht weniger wichtig sind: Welche Werte hat man und welche Ziele im Leben? Wie soll der Betrieb aussehen, in welcher Region, mit welchen Betriebszweigen und in Pacht oder Eigentum? «Hier sollten keine Kompromisse eingegangen werden», meint der Berater, «auch nicht, wenn man endlich einen Betrieb zur Übernahme gefunden hat». Offenheit und eine klare Kommunikation braucht es weiter in Bezug auf die Wohnsituation. Zwar müsse es nicht schlecht sein, wenn die Vorgänger bzw. Eltern auf dem Hof bleiben. Die Gefahr für Konflikte sei aber grösser und auch für die Abtretenden könnte es manchmal besser sein, sich endgültig vom Betrieb zu lösen. So müssen sie sich nicht mit den Veränderungen vor Ort auseinandersetzen.
Ansprüche, die schwer zu vereinen sind
Die Übernahme eines Betriebs ein grosser Schritt und ein Abendteuer, egal ob inner- oder ausserfamiliär. Dass viele oft junge Menschen sich dafür entscheiden, sieht Markus von Gunten durchaus positiv: «Sie haben eine gewisse jugendliche Euphorie, das ist super.» Schliesslich ist es bekannter Fakt, dass ausserhalb der Landwirtschaft einfacher Geld zu verdienen ist. Das sollten sich Abtretende bei ihren Preisvorstellungen aber auch bewusst sein. Nach den Erfahrungen des Inforama-Beraters seien oft landwirtschaftliches Praxiswissen gewünscht und gute finanzielle Möglichkeiten, was schwer zu vereinbaren ist.
Das Inforama kann unterstützen
Transparenz über Preis oder Pachtzins bereits früh im Prozess der Übernahme verhindert, dass die Sache später daran scheitert. Ausserdem empfiehlt von Gunten, den Betrieb auf Investitionsbedarf zu prüfen, um nicht plötzlich vor unerwarteten Ausgaben zu stehen. Das Inforama begleite viele Hofübergaben und biete Unterstützung bei diversen Fragen, vom Finanziellen über Vorgaben und Label-Richtlinien bis zum Zwischenmenschlichen.
Optional weiterbilden
Zwar ist die Betriebsleiterschule keine Voraussetzung für die Übernahme eines Hofs, sie vermittelt laut Markus von Gunten aber vertieftes Wissen etwa zu Betriebswirtschaft und persönlicher Entwicklung. «Das kann für grössere Betriebe von Vorteil sein», gibt er zu bedenken. Ausserdem werde die Betriebsleiterschule manchmal von Institutionen oder Burgergemeinden als Verpächter vorausgesetzt.
Für die erfolgreiche Hofübernahme sollte man – kurz zusammengefasst – sich selbst und seine Wünsche kennen, als Paar bzw. Familie vorgehen und seinen Werten treu bleiben.
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