Spätestens bei der Hofübergabe wird die Wohnsituation der Eltern ein Thema. Bleiben sie im Bauernhaus, ziehen sie ins Stöckli oder kommt eine Wohnung ausserhalb des Betriebes in Frage? Früher war ein Wohnrecht auf Ableben gang und gäbe. Dabei musste kein Zins bezahlt werden, dafür bekamen die Hofnachfolger den Betrieb zu einem günstigeren Preis. Der Sachverhalt ist heute anders: Bei der Hofübergabe wird oft die Nutzniessung oder ab und zu auch ein Mietvertrag in Betracht gezogen.
Schlaflose Nächte
Auch bei Bauer Meier (Name durch die Redaktion geändert) sorgt die Wohnsituation auf seinem Betrieb für schlaflose Nächte. Denn seine Eltern haben im Bauernhaus ein Wohnrecht, bis sie sterben. Seit ein paar Monaten sind sie nun im Altersheim. Bauer Meier hat die freie Wohnung nun weitervermietet, an einen seiner Söhne. Er ist sich aber nicht sicher, ob er dies überhaupt durfte. Die BauernZeitung hat bei einem Experten nachgefragt und der sagt: «Nein, diese Wohnung darf Bauer Meier nicht weitervermieten, ausser im Vertrag wurde das Wohnrecht auf die Aktivität begrenzt», sagt Martin Goldenberger, Leiter Agriexpert aus Brugg AG. Denn solange beim Begünstigten ein Wiedereinzug nicht vollständig ausgeschlossen werden kann, sei eine Vermietung nicht konform. «Tut es der Eigentümer trotzdem, muss er innert der normalen Frist die Wohnung räumen, wenn der Wohnberechtigte wieder einziehen will», hält er fest.
Was ist ein Wohnrecht und was eine Nutzniessung?
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Eintrag ins Grundbuch
Da Bauer Meier bei der Hofübergabe eine Entschädigung erhalten hat und per Eintrag ins Grundbuch die Nutzung der Wohnung den Eltern (Wohnberechtigen) abgetreten hat, hat Bauer Meier auch kein Recht, die Wohnung vor dem Tod seiner Eltern oder dem vertraglich vereinbarten Ende weiter zu nutzen. «In einem solchen Fall kommt dann häufig eine vorzeitige Ablösung des Wohnrechts gegen Entschädigung zur Anwendung», sagt Goldenberger. Und noch ein weiteres Problem macht Bauer Meier Sorgen. Denn seine Eltern sind nun schon seit Monaten im Altersheim, ihr Vermögen fast aufgebraucht. Nun hat Bauer Meier Angst, dass er den Zins der vermieteten Wohnung an das Altersheim abgeben muss, um einen Teil der hohen Pflegekosten mitzufinanzieren. «Hier hat Bauer Meier Glück», sagt Martin Goldenberger. Denn bei einer Nutzniessung müsste er es. «Da aber die Eltern von Bauer Meier ein Wohnrecht haben, eher nicht. Hier kommt meist die ‹Unmöglichkeit› der Nutzung› infolge körperlicher Beeinträchtigung zur Anwendung», sagt der Fachmann. Das heisst, wenn die Begünstigen die Wohnung gar nicht mehr nutzen können (Verlust der Aktivität), sei auch nichts mehr geschuldet.
Interview: «Das Wohnrecht überdenken»
Martin Goldenberger, Leiter Agriexpert in Brugg erklärt im Interview die Finessen des Wohnrechtes bei einem Generationenwechsel. Weiterlesen
Vor dem Tod der Eltern
Wird die Wohnung noch vor dem Tode der Eltern weitervermietet braucht es unter Umständen die Einwilligung der Geschwister des Betriebsleiters. Auch Bauer Meier musste diese mit einer Unterschrift einholen. Nun stellt sich die Frage, ob Meier den Mietzins mit seinen Geschwistern teilen muss oder ob er ihn einfach behalten darf: «Behalten darf er den Zins bei Nutzniessung nie, denn der Mietertrag gehört bis zum Lebensende dem Begünstigten. Bei Vermietung hingegen klar ja, weil ja der ursprüngliche Mieter gar nicht mehr da ist und Miete bezahlt», erläutert der Fachmann. Liegt ein Wohnrecht vor, ist eine Vermietung – wie bereits erwähnt – ohnehin nicht möglich. Mit den Geschwistern teilen müsse er den Mietzins aber nicht, die Wohnung sei ja in seinem Eigentum, hält Martin Goldenberger fest. «Was häufig vorkommt ist, dass die Wohnung in Absprache mit dem Begünstigten Wohnrechtsnehmer vermietet wird und Eigentümer und Wohnberechtigter sich den Zins teilen, oder der Eigentümer wenigstens seine Fremdkosten erhält (Heizung, Wasser, Abwasser, Abwartstätigkeit)», sagt der Fachmann weiter.
Kein Geld für Miete
Damit die Hofübergabe reibungslos verläuft, muss einiges beachtet werden. Wichtig dabei sei, dass immer zuerst die rechtlichen Regelungen berücksichtigt und dabei der grösste gemeinsame Nenner gefunden werde. «Dies bedingt aber viele Gespräche und Abklärungen, wer was will», sagt Martin Goldenberger. Bei vielen Hofübergaben geben auch die Tragbarkeit und die flüssigen Mittel vor, welche Variante überhaupt für den eigenen Betrieb von Vorteil sei. Haben die Eltern kein Geld und ist aus der Hofübergabe keines zu lösen (zu hohe Schulden), dann gehe ein Mietvertrag nicht, denn ohne Geld könne keine Miete bezahlt werden. «Entscheidend ist immer die Situation und die beste Lösung geht in der Praxis nicht immer», hält er fest.