An einer Podiumsdiskussion der Kleinbauern-Vereinigung haben drei Gäste einen Einblick in ihre kollektiv geführten Betriebe gewährt. Sie zeigen, wie man sich den jeweiligen Umständen und Bedürfnissen entsprechend organisieren kann.


Bereits in zweiter Generation kollektiv geführt

AboHäufig betreiben kollektiv geführte Höfe Gemüsebau und vermarkten direkt, denn dafür braucht es viele Arbeitskräfte. Hier ein Bild von den Gemüsefeldern des Fondlihofs.Alternative zum FamilienbetriebMehr als ein Betriebsleiter: Geteilte Arbeit und VerantwortungMontag, 13. November 2023 Auf der Ferme de Cerniévillers im Kanton Jura werden alle Hofprodukte selbst verarbeitet. Es gibt eine eigene Metzgerei für das Fleisch der 40 Mutterkühe, die Milch von 20 Ziegen wird verkäst, die Äcker des Betriebs mit 56 ha LN liefern Getreide für Brot und Teigwaren. «Wir vermarkten alles direkt», erklärt Hanno Schmid. Der gelernte Zimmermann ist bereits die zweite Generation, die am Kollektiv auf der Ferme beteiligt ist.

Hof gehört der AG
«Seit 49 Jahren führen mehrere Familien zusammen den Hof», so Schmid. Heute leben neun Erwachsene auf dem Betrieb, einige arbeiten zusätzlich Teilzeit auswärts. Als Rechtsform haben sie eine AG gewählt, der die Ferme gehört, alle Beteiligten sind Angestellte der AG und Aktionäre. Wobei zwei Drittel der Aktien in den Händen von Aktiv-Mitarbeitenden sein müssen. «Jeder ist gleichberechtigt und hat daher dieselbe Anzahl Aktien», führt Hanno Schmid aus. Abgänge oder die Aufnahme neuer Mitglieder sind so kein Problem, das Neuverteilen der Aktien könne man am Küchentisch und ohne Notar erledigen.

Alles gleich entlöhnt
«Die AG ist für Rechtliches und die Ämter.» Zusätzlich hat die Ferme de Cernévillers einen Gemeinschaftsvertrag. Darin ist unter anderem festgehalten, dass die Kinder gemeinsam betreut werden und alle den gleichen Lohn bekommen – egal ob fürs Kochen, Kinderhüten oder Traktorfahren.


Entscheidungsgewalt sollte bei den Bewirtschaftern bleiben

[IMG 2]Früher war La Touvière in der Genfer Landschaft ein klassischer Familienbetrieb mit 40 ha LN. Heute führen ihn sieben Personen gemeinsam, organisiert als zwei unabhängige Einheiten: vier Ziegenbäuerinnen und drei Verantwortliche (mit bis zu zehn Angestellten) für den Gemüse- und Weinbau mit einer kleinen Eier- und Obstproduktion. Sophie Hodel gehört zur Ziegengruppe von La Touvière, die eine 60-köpfige Herde betreut und deren Milch verkäst.

Zwei Rechtsformen
Während die Gemüse-Einheit als GmbH organisiert ist und den Hof pachtet, bildet die Ziegengruppe eine Genossenschaft und fungiert als Untermieterin. Der Ziegenkäse wird grösstenteils direkt vermarktet, im Hofladen, über Wochenmärkte und im Abo-System. «In unserer Genossenschaft sind Kunden nicht Mitglieder, weil wir die Entscheidungsgewalt bei den Bewirtschaftenden behalten wollten», so Hodel. Für den Aufbau der Käserei musste die Ziegengruppe zuerst investieren. Die Gmüesler fuhren eine andere Strategie und wollten zuerst Kapital aufbauen, bevor Investitionen getätigt wurden. Daher fusionierten die beiden nicht, obwohl die Zusammenarbeit eng ist, z. B. durch die Mitbenutzung des Hofladens für den Verkauf von Ziegenmilchprodukten.

Noch offene Verträge
«Unsere Organisationsform ist komplex, noch sind nicht alle Verträge abgeschlossen bzw. unterzeichnet», meint Sophie Hodel. Aber auch hier ist die rechtliche Struktur in erster Linie eine Formsache. Ihrer Erfahrung nach ist es unabhängig davon wichtig, sich – auch zur Hochsaison, wenn alle eigentlich anderes zu tun hätten – regelmässig zum gemeinsamen Austausch zu treffen.


Der Fondlihof ist im Eigentum einer GmbH

[IMG 3]Der Fondlihof wurde 2018 kollektiv von einer GmbH gepachtet. Seit 2021 ist der Betrieb im Eigentum der GmbH und organisiert die gesamte Produktion zusammen mit der Genossenschaft Ortoloco als solidarische Landwirtschaft (Solawi). Die Mitglieder finanzieren die Produktion mit einem Jahresbeitrag, arbeiten aktiv im Betrieb mit und teilen sich die gesamte Ernte respektive alle Hofprodukte.

600 Genossenschafter(innen)
Zum 20-ha-Betrieb in Dietikon ZH gehören Weiderinder, Legehennen, Ackerbau, Gemüse und Obst. Tina Siegenthaler ist in der bäuerlichen GmbH eine von fünf ausgebildeten Fachkräften, die das nötige landwirtschaftliche Wissen beisteuern. Zwei Vertreter aus der 600-köpfigen Genossenschaft aus Abonnenten sind ebenfalls in dieser GmbH.

Ein Kooperationsvertrag regelt zusätzlich die Zusammenarbeit der bäuerlichen GmbH und der Genossenschaft. Dieser Vertrag bildet den konzeptionellen Ansatz ab, dass der Betrieb grundsätzlich allen gehört – damit trügen auch alle Beteiligten die Verantwortung, die Finanzierung, den Arbeitsaufwand und die Entscheide mit. Aktuell ist dies z. B. die Verkleinerung des Viehbestands. «Die Genossenschafter essen wenig Fleisch», begründet Siegenthaler. Dafür nehmen sie höhere Kosten für andere Arten von Düngung in Kauf. Die Genossenschaft als rechtliche Form für wirtschaftliche Selbsthilfe ist somit für diese Betriebsform – die solidarische Landwirtschaft – sehr gut geeignet, hält die Umweltingenieurin fest.

Finanzieller Überblick
«Wir wollen das BGBB aber nicht aufweichen. Und da eine Genossenschaft kein landwirtschaftliches Gewerbe erwerben kann, ist die GmbH für uns eine gute Möglichkeit, das Eigentum kollektiv und trotzdem rechtlich korrekt zu regeln und eine enge Zusammenarbeit mit der Genossenschaft zu gewährleisten.» Sie ermögliche eine detaillierte Buchhaltung und damit einen klaren Überblick über die finanzielle Situation des Hofs. Ausserdem haftet auf diese Weise niemand persönlich mit all seinem Hab und Gut.