Eine Motorsäge wird vor jedem Einsatz kontrolliert. Dabei werden routinemässig Öl und Benzin aufgefüllt. Denn wenn das eine aufgebraucht ist, läuft entweder der Motor nicht mehr oder die Kette nimmt einen Schaden. Beides merkt man relativ schnell. Für den sicheren Betrieb der Motorsäge braucht es also Öl und Benzin gleichzeitig.

Energie und Eiweiss

DossierBauernZeitungFrage an den Fachmann / die FachfrauDonnerstag, 28. September 2023 Die Kuh ist keine Maschine. Der Pansen kann aber durchaus mit einem Motor verglichen werden. Der Pansen braucht nicht Öl und Benzin; in der Fütterung wird das Augenmerk auf die Energie- und Eiweissversorgung gelegt. Damit die Pansenmikroben funktionieren, müssen diese ständig mit Energie und Eiweiss versorgt werden und liegen (im Idealfall) immer und gleichzeitig – also synchron – vor. Zwischen den Futtermitteln kann die zeitliche Verfügbarkeit von Energie und Eiweiss unterschiedlich sein: Futterharnstoff etwa ist eine sehr schnell verfügbare Eiweissquelle, Maiskleber im Gegensatz dazu ist langsam verfügbar. Dextrose (Zucker) liefert den Mikroorganismen «schnelle Energie»; die Energie der Rohfaser hingegen steht erst nach der Vergärung zur Verfügung. Soweit die Theorie.

Beides zeitgleich verfügbar

Was bedeutet das für die Praxis? Problematisch wird es, wenn die Nährstoffe in der Ration nicht zeitgleich verfügbar sind. Wenn die Fütterung «auf dem Papier» ausgeglichen ist, wird nicht zu viel Eiweiss verfüttert. Wie kann es nun sein, dass der Harnstoffwert in der Milch trotzdem hoch ist? Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass das Eiweiss (resp. der Stickstoff) im Futter zu einer Zeit verfügbar ist, bei welcher keine oder zu wenig Energie vorhanden ist, und darum der Stickstoff ungenutzt ausgeschieden wird. Oder mit anderen Worten: Die Nährstoffversorgung des Pansens ist nicht synchronisiert. Das ist mehrfach ärgerlich: Die Milchleistung ist tiefer und der Stoffwechsel der Kuh wird belastet. Auch die Umwelt wird belastet. Betriebswirtschaftlich lohnt es sich ebenfalls nicht, für Futter zu bezahlen, welches ungebraucht wieder ausgeschieden wird.

Viel Raufutter hilft

Betriebe mit durchschnittlichen Leistungen und einem grossen Anteil Raufutter in der Ration betrifft diese Thematik in der Regel wenig oder nicht. Die Verfügbarkeit der Nährstoffe im Gras ist (zum Glück) ziemlich ausgeglichen. Zeitgemässe Fütterungsprogramme berücksichtigen diese Thematik. Betriebe mit vielen (unterschiedlichen) Ergänzungsfuttern oder Betriebe, welche die Ergänzungsfütterung selber anpassen (z. B. aufgrund der Monatsanalyse), kann dies aber durchaus betreffen. Eine Mischration und/oder Ad-libitum-Fütterung vermindert das Problem, kann es aber nicht ganz ausschliessen: Die Kuh steht nicht den ganzen Tag beim Futter, sondern hat ihre Fresszeiten.

Eine gute Beobachtung der Tiere und die Analyse der vorhandenen Daten (Milchwägung) helfen, die Situation zu kontrollieren und mögliche Probleme früh zu erkennen. Die Fütterung und die Verdauung der Kuh sind komplex. Bei Fragen oder wenn widersprüchliche Signale vorliegen, lohnt sich eine vertiefte Analyse der Sachlage.