Die Frühlingserhebung ist abgeschlossen. Sie stellte in vielen Kantonen einen Kraftakt dar, wie eine Recherche der BauernZeitung zeigt. «Die Änderungen und teilweise auch sehr komplexen neuen Anforderungen im Bereich der Direktzahlungsverordnung haben bei den involvierten Stellen zu sehr vielen Anfragen während der Datenerhebung geführt», sagt zum Beispiel Ueli Frey, Leiter Direktzahlungen, Landwirtschaft Aargau. Und das, obschon Landwirtschaft Aargau bereits im letzten August und im Februar insgesamt sechs Informationsveranstaltungen zum ganzen Änderungspaket durchgeführt hatte. An der Online-Veranstaltung im Februar 2023 mit dem Namen «Update Agrarpaket» waren gar rund 700 Interessierte dabei.
Erwartungsgemäss traten im Kanton Aargau nebst vielen Anfragen zu Programmdetails und Anmeldeprozedere vor allem Fragen im Bereich der Biodiversitätsförderfläche (BFF) auf Ackerfläche auf, welche die Landwirte beschäftigten.
Bern ist zufrieden
«Die Erhebungen sind aus unserer Sicht erfreulich reibungslos abgelaufen. Neben den sehr vielen schriftlichen Anfragen haben unsere Mitarbeitenden während der Stichtagserhebung täglich durchschnittlich 175 Telefonanrufe beantwortet», heisst es auf Anfrage beim Amt für Landwirtschaft und Natur (Lanat) beim Kanton Bern. Auch hier kam es aufgrund der vielen Neuerungen zu überdurchschnittlich vielen Fragen, die aber hätten beantwortet werden können. «Es gab noch viele Nach- und Ummeldungen. Wir sind damit in diesem Jahr – wie zuvor angekündigt – kulant umgegangen.
Die anfragenden Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter waren aber im Grossen und Ganzen sehr gut informiert», heisst es am Lanat weiter.
Frust deutlich spürbar
Trotz des anscheinend verhältnismässig guten Ablaufs der Frühlingserhebung wird auch Konsternation wahrgenommen. «Der Frust über die Vorgaben des Bundes, dass bestehende BFF-Typen, wie Hecken oder extensive Wiesen auf stillgelegtem Ackerland, nicht angerechnet werden, ist sehr gross», erklärt Pascal Simon, Leiter Produktion, Markt und Direktzahlungen, beim Kanton Basel-Landschaft.
Damit der gesamte Anteil BFF auf einem Betrieb nicht ansteigt, haben Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter auch über die Aufhebung von bestehenden Flächen, meist extensiv genutzte Wiesen, nachgedacht. Gefragt nach einer Bezifferung zu den Verlusten solcher Flächen, sagt Pascal Simon, dass es zu einer Beurteilung noch etwas zu früh sei, da die Bestimmungen erst ab 2024 in Kraft treten. «Ich gehe aber davon aus, dass nur wenige QII- respektive Vernetzungsflächen verloren gehen. Bei QI-Objekten kann ich mir eine höhere Zahl vorstellen. Wir werden die Auswertung erst 2024 machen», so Simon.
Im Kanton Bern sind bisher 300 Gesuche für den Eingriff in bisherige BFF-Flächen eingetroffen. Davon betreffen 196 Gesuche die Planung der Einhaltung der zukünftigen 3,5 %-Anforderung im Ackerbau. Die 196 Gesuche umfassen eine Fläche von rund 58,5 ha, beziffert das Lanat.
30 % mehr Abmeldungen
Von 2022 auf 2023 wurden im Kanton Aargau insgesamt rund 190 ha bisher angemeldete BFF (ohne Bäume und ohne regionsspezifische BFF, welche teilweise eine Verpflichtungsperiode von nur einem Jahr haben) abgemeldet. «Das ist rund 30 % mehr als im Durchschnitt der vier vorangehenden Jahre», sagt Ueli Frey, gefragt nach den «Verlusten». Insgesamt hätten die anrechenbaren BFF von 2022 auf 2023 aber insgesamt um 290 ha auf 12 580 ha zugenommen. Diese Zunahme sei mehrheitlich auf die Massnahme «Getreide in weiter Reihe» sowie den neu eingeführten regionsspezifischen BFF-Typ «Kleeblüte in Trachtlücke» zurückzuführen. Ohne diese Elemente auf produktiven Ackerkulturen hätten die BFF aber immer noch um 78 ha zugenommen. Diese 30 % verzeichnet indes auch der Kanton Baselland, wie Pascal Simon ausführt.
Ein Teil der Wiesen- und Weiden-BFF wird durch eigentliche Acker-BFF ersetzt werden.
Ueli Frey, Leiter Direktzahlungen, Landwirtschaft Aargau
Vernetzung noch nicht abgeschlossen
Etwas anders als bei den BFF läuft es im Bereich der Vernetzung. Da die Vernetzungserhebung noch nicht abgeschlossen ist, kann sich der Kanton Bern noch nicht zu möglichen Ver-lusten äussern. Beim Kanton Aargau geht man von keiner direkten Auswirkung auf die Vernetzungsfläche aus, «da sich die Landwirtinnen und Landwirte für acht Jahre verpflichten», wie Ueli Frey erklärt. Er ist sicher: «Ein Teil der Wiesen- und Weiden-BFF wird allerdings durch eigentliche Acker-BFF ersetzt werden.» Ob sich die neue Anforderung negativ auf die Motivation der Landwirtinnen und Landwirte betreffend die Beteiligung an den Vernetzungsprojekten auswirkt, werde sich noch weisen, ergänzt er. Auch in den Kantonen Basel-Landschaft und Basel-Stadt geht man in diesem Bereich von geringen Verlusten aus. «Die Vernetzung ist eng mit Q2- und Naturschutz-Objekten verknüpft», so Simon.
Was kommt noch?
Im Herbst folgt die nächste Erhebung. Im Kanton Bern wird sie dieses Jahr genau wie im letzten Jahr ablaufen. So seien keine wesentlichen Änderungen geplant, heisst es beim Lanat. Die Änderungen, die wegen der durchgeführten und noch anstehenden Änderungen der Direktzahlungsverordnung bekannt seien, hätten kaum Einfluss auf die Herbsterhebung. Die notwendigen 3,5 % BFF auf Ackerland waren bereits anlässlich der Stichtagserhebung im Gelan-System ersichtlich, so dass die Bewirtschafter(innen) allenfalls notwendige Massnahmen planen konnten und können.
Im Kanton Aargau erinnert man daran, dass die Betriebsleiter bei der Herbsterhebung 2023 darauf achten müssten, dass sie sich, sofern sie dies nicht schon dieses Jahr gemacht haben, «für die neuen Produktionssysteme im Ackerbau und Weide-RAUS beim Rindvieh anmelden. Denn eine Nachmeldung im Februar 2024 ist im Gegensatz zum Ausnahmejahr 2023 vom Bund her nicht mehr vorgesehen», so Ueli Frey.