DossierDossierAgrargeschichteDonnerstag, 6. Januar 2022 Als Ulrich Gerber aus Oberwil-Lieli im Aargau mit seiner Familie nach Kanada auswanderte, kriegte er 72 Rappen für die Milch. Laut Gerber zu wenig, um zu überleben. Die Familie hatte 36 000 Liter Milchkontingent im Jahr und lebte nach eigenen Aussagen am Existenzminimum.

Die Familie führte den Pachtbetrieb 12 Jahre lang. Als die Pacht gekündigt wurde, suchte er nach einer anderen Möglichkeit. Doch das war nicht so einfach: Das Pachtland war zu dieser Zeit knapp und wurde immer teurer. Er sehe immer Anzeigen für Pachtland, das gesucht werde, erzählt Gerber im Film, doch zur Pacht ausgeschrieben sei kaum etwas.

Eine Farm für 270 000 Franken

Die Familie entschied sich, nach Kanada auszuwandern, was zu dieser Zeit viele Bauernfamilien aus der Schweiz taten. Das Schweizer Fernsehen begleitete Familie Gerber dabei. «Uf u dervo» anno 1978 - aber weniger aus Abenteuerlust, sondern aus wirtschaftlichen Gründen.

Die erste Szene zeigt die Versteigerung ihres Hab und Guts, das die Familie auf dem Hof hatte, somit konnten sie 80 000 Franken einnehmen. Die Farm in Kanada wurde durch einen Makler vermittelt und kostete 270 000 Franken, die Differenz sei mit Krediten finanziert worden.

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Mulmig beim Hinflug, glücklich beim Rückflug

Ulrich Gerber reiste im Vorfeld alleine nach Kanada und schaute sich einige Farmen an. Er sei mit gemischten Gefühlen, mit schwerem Herzen hingeflogen, sagt er im Film. Doch danach sei er glücklich zurückgekommen und mit einem Kaufvertrag. Den Reportern zeigt er auf Fotos Luftaufnahmen der Milchfarm - von den heute allgegenwärtigen Smartphones wusste man ja vor 44 Jahren noch nichts. 

Im Dezember 1977 landete die Famile mit dem Flugzeug in Kanada. Der Start sei schwierig gewesen, sagten sie damals. Aber als sie das Filmteam zum zweiten Mal im Sommer 1978 besuchte, sah die Sache ganz anders aus. Sie hatten sich eingelebt. Doch was passierte nachher?

Keine Lust auf die Schweiz

Vor Kurzen rief die Aargauer Zeitung Ulrich Gerber per Telefon in Kanada an - und erreichte ihn sogar. Die Farm sei in der Zwischenzeit verbrannt, sagte er der Zeitung. Der bald 90-Jährige lebe mit seiner Frau in einem Haus, sie hätten noch etwas Land und der Rest werde verpachtet. Doch in die Schweiz zurückkehren sei für sie kein Thema. Alle sechs Kinder leben heute laut Gerber in Kanada. 

Zur Auswanderung sagte er der Zeitung: «Manchmal war es schwer, es gab auch Probleme. Aber auch viel Schönes.» Ein Filmteam wolle er aber auf keinen Fall noch einmal im Haus haben, sagte er.

Hier gehts zum Artikel in der Aargauer Zeitung (kostenpflichtig).

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