Fideris im Kanton Graubünden im Winter 1981: Es liegt tiefer Schnee und Glockengebimmel erklingt in den Strassen – es ist Zeit, das Holz mit den Pferden ins Tal herunter zu holen. Bauern aus der Region machen sich mit ihren Pferden auf den Weg zu den Holzbeigen hoch oben. Sie haben etwa 1,5 Stunden Aufstieg vor sich. Die SRF-Sendung «Karussell» vom 18. Februar 1981 begleitete die Bauern. 

«Im Winter beschäftigen sich immer noch etliche Einheimische lieber mit dem zwar anstrengenden, aber doch unabhängigen Holzführen, als tausenden von Gästen einen Skilift-Bügel an den Hintern zu drücken.»

Sprecher der Sendung «Karussell»

Ein grosser Teil der Finanzen bezog das Dorf damals aus dem Holzhandel, wie der Sprecher im Video erklärt. Die Auswirkungen des Fremdenverkehrs (so nannte man damals den Tourismus) der nahen Kurorte Kosters und Davos seien zwar im ganzen Prättigau spürbar, hätten aber noch keine grossen Veränderungen im Dorf bewirkt.

Unter zwei Meter Schnee versteckt

Nach dem Aufstieg mit Schlitten und Ross verladen die Bauern die Holzstämme, die im Sommer geschlagen und vorbereitet wurden. Zwei bis drei Männer helfen einander gegenseitig, den Schlitten zu beladen, was ungefähr zwei Stunden dauert.

Das Laden ist eine schwere und gefährliche Arbeit und eine Hauruck-Übung sondergleichen: Pferd und Anhänger werden neben der Holzbeige platziert. Danach müssen erstmal die Stämme hervorgeholt werden: Sie sind versteckt unter einer dicken Schneedecke von schätzungsweise zwei Metern. Die Männer schlagen eine Art Pickel in den obersten Stamm, um ihn zu bewegen. Dabei müssen sie aufpassen, vom schweren Baumstamm und vom Schnee nicht getroffen zu werden. 

Von Hand buxieren sie die Stämme mit Hilfe ihrer Pickel weiter und heben sie auf den Schlitten. «Hauruck!» «Nochmal!» «Hauruck!», so ertönt es. Pro Pferd sind es drei bis fünf Stämme, die am Schlitten befestigt werden, sowie zwei weitere Stämme dahinter, was ungefähr 3 m3 Holz ergibt.

Runter ins Tal gehts etwas schneller

Fertig geladen, ist zwar die schwerste Arbeit vorüber, gefährlich bleibt es trotzdem: Bei der Abfahrt stehen die Männer auf dem vorderen Teil des Schlittens zwischen Pferd und Baumstämmen, in der einen Hand die Zügel, in der anderen eine am Holz befestigte Schlaufe, um sich festzuhalten. Es braucht Einfühlungsvermögen ins Tier, höchste Konzentration und Reaktionsbereitschaft. Ein falscher Schritt und die Ladung kippt.

Der Heimweg hinunter ins Tal dauert etwa eine knappe Stunde. Am späten Nachmittag sind die Bauern zum Füttern des Viehs wieder zurück auf dem eigenen Hof.

Zukunft ungewiss

Ob das Holzrücken mit den Pferden im winterlichen Tiefschnee im Prättigau eine Zukunft hat, war Anfang der 80er Jahre fraglich, denn Fuhrleute zu finden, wurde gemäss der Sendung für die Gemeinden schwierig. Der Tourismus locke Arbeitskräfte an, die dann fehlen würden für die schwere Arbeit, heisst es in der Sendung. Und die Gemeinden seien gezwungen, Waldwege für den Lastwagenverkehr aufzubauen.

Aber auch heute gibt es das Holzrücken mit Pferden noch, denn trotz hoch entwickelten Maschinen zur Holzgewinnung, gibt es immer noch Gebiete, in denen die anstehenden Arbeiten im Wald nicht maschinell durchgeführt werden können, wie der Schweizerische Verband für Pferdesport schreibt. So wurden zum Beispiel im Uina-Tal im Unterengadin bei Sent noch 2008 im Tiefschnee Baumstämme mit Pferden aus dem Wald transportiert, wie damals die NZZ berichtete.

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