Pferde, die ein Gefährt ziehen, ist auch heute noch kein ungewöhnliches Bild. Untypischer ist, dass Pferde Arbeiten in der Landwirtschaft verrichten, wie das Ziehen eines Pfluges oder eines grossen Heufuders. Lange gehörte das aber zum Alltag der Bauernfamilien. Denn erst Traktoren konnten sich gegen die tierische Zugkraft durchsetzen.

Doch Pferde waren auf den Höfen nicht so stark verbreitet, wie wir uns das etwa heute vorstellen. Sie waren für viele Bauern zu teuer. Typisch für Kleinbetriebe, die keine Bediensteten hatten, waren Kuhgespanne. Es gab aber auch grössere Betriebe mit Bediensteten, die Zugkühe hielten.

Kühe mit Mehrfachnutzen

Jadon Nisly von der Universität Bamberg (D) beschäftigt sich intensiv mit Zugkühen, Ackerknechten, Viehmägden und Kinderhirten. Wie er am Workshop des Archivs für Agrargeschichte «Historische Erkundungen zum Phänomen arbeitender Tiere» an der Nationalbibliothek Bern ausführte, spielten Kühe nicht nur als Milch- und Fleischlieferantinnen, sondern auch als Feldarbeiterinnen in der Geschichte der Landwirtschaft eine entscheidende Rolle. Vor dem Abkalben und auch einige Wochen danach kamen sie allerdings nicht zum Einsatz auf dem Feld – dann hatten sie Schonzeit.

Ochsen und Stiere

Im 18. Jahrhundert war vielerorts eine kleinstrukturierte Landwirtschaft vorherrschend, die von Ochsen geprägt war. Auch Stiere standen im Einsatz. Das hatte den Vorteil, dass sie ausgeglichener waren und daher zur Zucht länger einsetzbar, da die Tiere ruhiger und umgänglicher blieben, als wenn sie nur im Stall gehalten wurden. Die damalige Fütterungspraxis liess es anfangs noch nicht zu, dass auch Kühe auf dem Feld arbeiteten. Das hätte sie um die Milchleistung gebracht, was unerwünscht gewesen wäre. Denn lange spielte Milch als Eiweisslieferant eine entscheidende Rolle in der Ernährung.

Klee brachte den Umbruch

Das Aufkommen von Klee war entscheidend, dass Kühe ebenfalls im Zug eingesetzt werden konnten. Durch das Verfüttern des Proteinträgers und die dadurch effizientere Fütterung verdrängte die Kuh den Ochsen schliesslich auch auf dem Feld mehrheitlich. Die Mehrfachnutzung für Milch, Fleisch und Zug ermöglichte den Bauern, die begehrten Stallplätze besser zu nutzen. Der grosse Nachteil des Ochsen, dass dieser im Winter kaum von Nutzen war, entfiel. Klee, Rüben und Kartoffeln machten die Kuh zunehmend leistungsbereiter, als wenn sie sich lediglich mit dem Gras von der Weide begnügen musste.

Die Allmende-Weiden, auf denen alle Bauern ihre Kühe zu weiden hatten, waren nämlich oft stark übernutzt und die Kühe dadurch entsprechend zu schlecht genährt, um wirklich Leistung zu erbringen. «Waren die Kühe draussen, hatte das einen positiven Einfluss auf sie, da sie gesünder blieben, als bei einer reinen Stallhaltung. So wurde auch empfohlen, Kühe für die Arbeit einzusetzen, denn frische Luft sei gut für sie», weiss Nisly.

Ein Archiv für die Landwirtschaft

Das Archiv für Agrargeschichte (AfA) in Bern ist in den Bereichen Archivierung, Forschung sowie Informations- und Wissensvermittlung tätig. Das AfA wurde 2002 als unabhängige Institution in Form eines Vereins gegründet, um agrargeschichtliche Quellen in einem eigenen Archiv zusammenzuführen und zu erfassen.
Bis heute kommt das vom Historiker Peter Moser geleitete Archiv für Agrargeschichte ohne öffentliche Mittel aus.

Was wird archiviert?
Archiviert werden im AfA allerlei Akten und Dokumente, elektronische Datenträger mit digitalen Daten sowie Bild- und Tonmaterial. All diese heutigen Archivalien sind einst bei der täglichen Arbeit von landwirtschaftlichen Institutionen, Verbänden, Firmen oder aber auch bei Privaten angefallen.

Aus Sicht der historischen Forschung sind diese Stücke interessant, weil sich dank ihnen ein präziseres Bild der Vergangenheit zeichnen lässt. So hat Peter Mosers Team auch die Archivbestände verschiedener Institutionen gesichert, die längst nicht mehr existieren. Die Archivalien werden von den Mitarbeitenden des AfA geordnet, strukturiert und am Ende so erschlossen, dass sie für Forschende und andere Interessierte auffindbar und zugänglich sind. Zudem stellen die Expert(innen) sicher, dass die aus unterschiedlichen Materialien bestehenden Archivalien fachgerecht gelagert und konserviert werden.

Ein Wegweiser
Bereits bei der Gründung wurde das AfA als ein «virtuelles Archiv» konzipiert; das heisst, dass die Archivalien grösstenteils nicht beim AfA in Bern lagern, sondern in den ursprünglichen Archiven verbleiben. Das AfA nimmt also die Rolle eines Wegweisers ein, der Interessierte zum Gesuchten weiterleitet.

Das Archiv für Agrargeschichte ist gut vernetzt und arbeitet mit vielen wichtigen Schweizer Archiven zusammen, etwa mit dem Schweizerischen Bundesarchiv, mit den meisten Staatsarchiven in den Kantonen sowie mit zahlreichen Spezialarchiven wie dem Schweizerischen Wirtschaftsarchiv oder dem Sozialarchiv. Darüber hinaus bestehen Partnerschaften mit institutionellen Forschungseinrichtungen. 

Klare Arbeitsteilung

Wie Jason Nisly weiter erklärt, war vielerorts die Arbeit mit den Kühen zwischen Mann und Frau klar aufgeteilt. «Männer kümmerten sich um die Zugtiere während Frauen die Stallarbeiten inkl. Melken erledigten. So fütterten sie die Kühe auch und übernahmen deren Pflege. Die Bedeutung der Frauen im Kuhstall war lange Zeit sehr gross», fasst Nisly seine Studien aus der Region Bamberg zusammen.

Dieses System lebten allerdings nicht alle Regionen gleich. Aus der Schweiz sind historische Funde bekannt, wonach auch Frauen und Kinder mit den Tieren auf dem Feld harte Arbeit verrichten mussten. «Ein deutscher Landwirt, der im 19. Jahrhundert in die Schweiz kam, bemängelte, dass die Frauen auf dem Land hart arbeiten mussten. Er beobachtete aber auch, dass die Frauen die Tiere besser behandelten, als die Männer und die Tiere dadurch besser arbeiteten», ergänzt Juri Auderset von der Universität Bern am Workshop.

Dass die Mütterlichkeit der Frauen mit den Kälbern von Vorteil war, wurde bereits im 18. Jahrhundert beobachtet und dokumentiert. «Die Beziehungsfähigkeit der Frauen gegenüber der Tiere wurde bereits sehr früh beschrieben», erklärt Auderset. Männer hätten die Tiere viel mehr gereizt und mit ihnen Kräfte gemessen «um ihre Männlichkeit zu beweisen», sagt Auderset.

Und die Pferde?

Aber was war nun mit den Pferden? Es gibt Quellen, aus denen hervorgeht, dass Pferde nur aus Prestigegedanken eingesetzt wurden. Pferde waren nicht nur schneller und edler als Kühe, sondern auch teurer und dadurch für die meisten nicht erschwinglich. Analog der Ochsen waren sie unwirtschaftlicher als Kühe, da die Milch fehlte. Dass es Pferde auf historische Bilder schafften, könnte laut Historikern damit zu tun haben, dass die Leute sich eher schämten, mit Zugkühen zu ziehen und sich mit diesen abbilden zu lassen. Ein weiterer, entscheidender Grund dafür, dass Kühe auf dem Feld arbeiteten, dürften auch Kriegssituationen gewesen sein, weil die Pferde dann eingezogen wurden.

Filme und Fotos sind Fenster in die Vergangenheit

Für die historische Forschung sind Filme und Fotos besonders interessant, denn sie zeigen häufig auch Dinge, die zum Aufnahmezeitpunkt nicht für wichtig gehalten und über die deshalb nicht eigens geschrieben wurde.

Historikerinnen und Historiker können aber gerade auch aus diesem scheinbar Unwichtigen aufschlussreiche und spannende Erkenntnisse gewinnen.

Ein grosser Fundus
«Ein Bild sagt mehr als tausend Worte», heisst es im Volksmund. Doch Historiker(innen) sind sich sicher: Um ein Bild zu erklären, braucht es manchmal mindestens tausend Worte. Umso wichtiger ist es deshalb, Bilder und Filme zu kontextualisieren und zu erklären.

Das Archiv für Agrargeschichte (AfA) in Bern sammelt und archiviert deshalb neben gedruckten Geschichtszeugnissen auch alte Fotografien und Filme. Diese werden digitalisiert und zu Sammlungen zusammengestellt, die dann der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. So hat das AfA in seiner 20-jährigen Geschichte rund 700 Filme archiviert und arbeitet im Moment am Aufbau einer Foto-Datenbank, in der über 1000 Fotografien verzeichnet sind.[IMG 2]

Neue Darstellungsform
Da viele alte Filme ohne Tonspur aufgezeichnet worden sind, fehlen einem Laienpublikum beim Betrachten zahlreiche wichtige Informationen. Das AfA präsentiert deshalb seine alten Filmaufnahmen in einer neuen Darstellungsform als «Videoessays», in denen sich Bild und Text ergänzen.An der Feier zum 20-jährigen Bestehen des AfA wurde dem interessierten Publikum am 24. März in Bern ein erster Essay über arbeitende Tiere präsentiert. Der Beitrag findet sich auf der Website des AfA oder direkt auf dem Youtube-Kanal «Archiv für Agrargeschichte».

Besitzen Sie alte Fotos, die mit einer besonderen Erinnerung verbunden sind? Dann senden Sie uns das Bild und schildern Sie uns die dazugehörige Geschichte auf l.janett(at)bauernzeitung.ch