Wenn es Biodiversität geht, denkt man meist an extensive Wiesen, Biodiversitätsförderflächen (BFF) eben. Dass sich mehr verschiedene Pflanzen auch bei intensiver Nutzung wirtschaftlich für Milchbauern auszahlen, zeigt eine neue Studie von Forschenden der ETH Zürich und Agroscope

Ein wirtschaftlicher Ansatz

Dass Artenvielfalt bei Pflanzen verschiedene positive Auswirkungen haben kann, ist bekannt. Biodiverse Wiesen und Weiden bieten Insekten Futter und Unterschlupf, der Unkrautdruck ist tiefer und der Ertrag stabiler. Bisher kaum untersucht wurde, ob sich Mischungen statt Monokulturen auch finanziell für den Landwirten oder die Landwirtin auszahlen. Die Schlussfolgerung der neuen Studie lautet: Ja, und zwar mit vergleichsweise wenigen Pflanzenarten.

 

Das wurde gemessen

  • Die Forschenden untersuchten 16 intensiv bewirtschaftete Grasflächen in 8 europäischen Ländern mit unterschiedlichen klimatischen und Boden-Bedingungen. Das intensive Management war jeweils an den Standort angepasst und reichte von zwei bis fünf Schnitten pro Jahr und von keinem bis 150 kg/ha Stickstoff jährlich. 
  • Es gab 4 Monokulturen mit nur einer Pflanzenart und 11 verschiedene Mischungen, in denen sich die Anteile der Arten jeweils unterschieden. Gearbeitet wurde mit 4 funktionellen Gruppen (jeweils schnell-wachsende Gräser bzw. Leguminosen und jeweils langsam-wachsende und mehrjähiges Gräser bzw. Leguminosen). Das verwendete Mass für die Biodiversität berücksichtigt neben der Anzahl Arten auch deren Mengenverhältnisse in der Mischung.
  • Die Forschenden massen den Ertrag (Trockenmasse), die Futterqualität (Inhaltsstoffe) und die damit potenziell produzierbare Milchmenge. Über den durchschnittlichen europäischen Milchpreis (0,35 Euro pro kg) errechneten sie daraus den finanziellen Effekt der Biodiversität auf dem Feld.  

Mehr Ertrag, mehr Milch möglich

Der durchschnittliche Ertrag (Trockenmasse) und die potenziell produzierbare Milchmenge (korrigiert mit der Qualität des Futters) stiegen, wenn eine Mischung aus Gräsern und Leguminosen aus vier funktionellen Gruppen (siehe Kasten) gesät wurde. Diese beiden Werte waren in Monokulturen im Durchschnitt 25 Prozent tiefer, als bei Mischungen. 

Das Risiko sinkt

Gleichzeitig schwankten Ertrag und die mögliche Milchmenge stärker bei tiefer Biodiversität. Die Sicherheit stieg. und das Produktionsrisiko nahm ab, je biodvierser gesät wurde.

Weniger Risikofreudige sollten biodivers säen

Die Forschenden berechneten das Sicherheitsäquvalent. Vereinfacht gesagt drückt es aus, wie viel man dem persönlichen Empfinden nach zusätzlich von der Biodiversität profitiert, wenn die Risikofreude berücksichtigt. Da biodiversere Pflanzenmischungen stabilere Erträge liefern, lohnen sie sich vor allem für Landwirtinnen und Landwirte, die nur ungern ein Risiko eingehen. 

Für solche Bewirtschafter steigt laut der Studie der Gewinn um 1470 Euro pro Hektar, wenn auf Biodiversität gesetzt wird. Ausserdem nahm der gesamte Versicherungswert um 160 Euro zu. 

Es braucht nicht viel

Folglich genügen Gräser und Leguminosen aus vier funktionellen Gruppen, um von positiven Effekten der Biodiversität für die Milchproduktion zu profitieren. Die Autoren betonen, die hier verwendeten Pflanzen seien für die intensive Bewirtschaftung geeignet, erfüllten die Qualitätsansprüche an das Futter für Milchvieh und seien auf dem Markt verfügbar.

Gerade im Hinblick auf schwieriger werdende Produktions-Bedingungen sei eine höhere Artenvielfalt auch auf intensiven Flächen eine Möglichkeit, das Risiko-Management im Milchsektor zu verbessern.