Dieses Jahr hat Olivia Stafflage von der Summerweid in Sarnen die Bäuerinnenschule in Giswil abgeschlossen. «Um mehr Wissen für meine Abschlussarbeit zu erlangen, habe ich Madeleine Michel, die in unmittelbarer Nähe einen eigenen Landwirtschaftsbetrieb führt, kontaktiert», blickt die junge Bäuerin zurück. Madeleine Michel ist gelernte Landwirtin und Biogemüsegärtnerin. Sie führt einen 18 ha grossen Milchwirtschaftsbetrieb in Bergzone I und II mit Kälbermast und eigener Aufzucht, Gemüseanbau und Direktvermarktung. «Für mich ein Glücksfall, dass ich sie durch diese Projektarbeit kennenlernen durfte», sagt die 35-Jährige und lächelt.

Heimetli erworben

«Mein Mann und ich durften vor fünf Jahren diesen Betrieb erwerben», erklärt Olivia Stafflage. 2017 wurden auf der Summerweid 16 Hochstammobstbäume gepflanzt. «Für alle Bäume gibt es ein Gotti oder einen Götti. Sie haben die Bäume selber gepflanzt und dürfen die Früchte ernten», fügt sie an. Zudem halten sie Hühner und Schafe. Den Kleinbetrieb unterhält Olivia, ihr Mann unterstützt sie vor allem in der Sommerzeit.

«Eines Tages fragte mich Madeleine, was ich eigentlich mit unserer eine Hektare grossen Landwirtschaftsfläche anstellen möchte», erinnert sich die dreifache Mutter. «Der Gedanke, einem Nebenerwerb nachzugehen, kreiste schon länger in meinem Kopf».

Selber ernten ist die Devise

Die selbstständige Schreinerin und Innenarchitektin dachte zuerst an Beeren oder Weinbau. «Wieso nicht Gemüse anbauen?», fragte Madeleine Michel. Die Biogemüsegärtnerin versprach ihr, sie in fachlichen Bereichen zu unterstützen. Somit war das Projekt «Gemüsegarten» zumindest in den Köpfen beider Frauen zum Leben erwacht.

Es sollte kein Gemüsegarten mit Direktverkauf werden, denn hierfür bräuchten sie fürs Ernten zu viel Zeit. Die Leute sollen ihr Gemüse selber ernten. Also ein Selbsternte-Gemüsegarten. So könnten sie sich die Erntearbeit sparen und die Abonnenten würden zudem erleben dürfen, welches Gemüse wann und wie wächst.

Gemeinschaftssinn inklusive

Madeleine empfahl ihr, nicht nur einen Selbsternte-Garten, sondern ein Paket aus dem ganzen Betrieb anzubieten. «Ich machte eine Liste, was unser Betrieb alles hergab und so entstand folgendes Angebot: Eier, Lammfleisch, Gemüse, Kräuter und Pilze. Im Herbst laden wir alle Abonnenten zu einem Erntefest ein. Ein weiterer sozialer Aspekt: gemeinsam kann jederzeit unsere Feuerstelle am Bach genutzt werden», erklärt die Bäuerin ihr Projekt. Im Frühling des laufenden Jahres wurde das Projekt realisiert. «Unser Ziel war, fünf Abos verkaufen zu können, bevor wir starten.» Nun seien es 15 Abos, sprich 52 Personen. Das sei perfekt fürs erste Jahr.

Die Summerweidler, wie die Abonnentinnen von Olivia genannt werden, können so viel Gemüse ernten, wie sie benötigen. «Bis jetzt haben wir nur positive Erfahrungen machen dürfen», bilanziert Stafflage. Es werde nicht gehamstert und es müsse auch niemand Angst haben, er bekomme zu wenig, erklärt Madeleine Michel. Im Gegenteil. «Als wir an Ostern mit der Ernte starteten, konnten wir sogar Pesto herstellen, weil wir genug Kräuter hatten», erinnert sich Olivia Stafflage. Vielen Abonnenten fehle es an Wissen, wie man Gemüse oder Kräuter konserviere. Sie möchte mit ihrem Mann einen Neubau errichten mit einer Produktionsküche, wo sie sehr gerne ihr Wissen in Kursen weitergeben würde. «Aber eben, wir sind ein Kleinbetrieb, ich führe diesen im Nebenerwerb und somit wird es sehr schwierig, das Ziel zu erreichen», obwohl das Potenzial vorhanden sei. «Das System hinkt hinten drein», ärgert sich Olivia Stafflage.

Mithelfen und Mitdenken

Über einen «Gartenchat» werden die Abonnentinnen informiert, was sie gerade ernten können. Im Winter laden sie zum runden Tisch. «Hier bieten wir den Abonnenten die Möglichkeit, ihre Rückmeldungen und Anregungen zu deponieren, damit wir unsererseits optimieren können», so Stafflage. Auch sei nicht ausgeschlossen, den Garten zu erweitern.

Und zweimal im Jahr gibt es einen Helfertag: «Im Frühling machen wir die Beete und im Herbst ist Gartenräumung angesagt. Da gebe ich gerne mein Wissen weiter», so Madeleine Michel. «Das Projekt lohnt sich sehr. Einerseits können wir Leuten einen Teil der Natur zur Verfügung stellen, wo sie verweilen und sich selbst versorgen können, andererseits lernen sie neues Gemüse kennen», fassen die beiden zusammen.

Vielfältiges Angebot

Ebenso bekämen die Leute hiermit mehr Bezug zur Natur, Regionalität und Saisonalität. Eines ist der Biogemüsebäuerin besonders wichtig: «Es kommt nicht drauf an, wie viel Land du hast, sondern was du daraus machst.»

Nur mit Gemüseverkauf würden sie nie diesen Ertrag erreichen können, es mache mehr Sinn, das Bauernbetriebe ganzheitliche Abos verkaufen würden, mit allem, was sie zu bieten hätten. Bis zwei Personen im Haushalt kostet das Abo 700 Franken, ab 4 bis 6 Personen 1100 Franken.

Viele Ideen schlummern noch in den Köpfen beider Frauen. Sie freuen sich, dass das Projekt so gut gestartet ist. Sie seien ihrem Ziel, Vielfalt im Sinne von Ernährung, Erholung, sozialem Austausch und naturnahem, bodenständigem Leben zu erhalten und fördern, ein grosses Stück näher.

Aufruf zu weiteren Projekten

Olivia Stafflage und Madeleine Michel möchten weitere Landwirtschaftsbetriebe oder Privatpersonen mit etwas fruchtbarer Erde auffordern, ein solches Projekt zu starten. Denn die Nachfrage sei gross und so könnte auch gefördert werden, dass die Konsumenten mehr Bezug zu den Produkten bekommen würden. Sehr gerne würden sie für Informationen zur Verfügung stehen. Die Idee sei nicht nur ein Produkt zu bezahlen oder anzubieten, sondern einen Beitrag an den Betriebsunterhalt zu leisten und dafür ein ganzes Paket zu erhalten.