Warum haben Sie sich entschieden, auf die Konservierende Landwirtschaft umzustellen?

1997 habe ich mir überlegt, ob es mit der Landbewirtschaftung nicht einfacher ginge, mit weniger Aufwand für die Bodenbearbeitung. Zudem hatten wir mit Erosion und somit Bodendegradierung zu kämpfen. Auf der Suche nach Alternativen stiess ich auf die Direktsaat, las mich ein und liess eine erste Kultur (Hafer) von einem Lohnunternehmer direktsäen.

Haben Sie mittlerweile eigene Maschinen für die Direktsaat?

Ja, wir haben in eine Drill-Maschine für Getreide, Gras und Gründüngungen investiert. Einzelkorn-Saaten wie Mais und Zuckerrüben lassen wir durch den Lohnunternehmer säen. Da hier die Flächen kleiner sind, würden wir eine eigene Maschine nicht auslasten können.

Wo liegt der Unterschied zwischen Direktsaat und Konservierender Landwirtschaft?

Direktsaat ist nur die Technik, Konservierende Landwirtschaft ein ganzes System. Sie beruht auf drei Grundprinzipien: Bodenruhe, Bodenbedeckung, Pflanzenarten-Vielfalt. Früher haben wir uns vor allem mit der Technik beschäftigt. Heute weiss man, dass es eben mehr braucht: Die Konservierende Landwirtschaft beginnt im Kopf, das Verständnis für den Boden und das ganze System sind entscheidend.

Wie haben Sie die Jahre der Umstellungszeit erlebt?

Wir haben gemerkt, dass es funktioniert, aber auch Lehrgeld bezahlt. Konservierende Landwirtschaft braucht längerfristiges Denken, weil man auf dem Feld nicht schnell mit Bodenbearbeitung etwas korrigieren kann. Die Fruchtfolge und Zwischenfrüchte bereiten das Feld auf die nächste Kultur vor und sind wichtige Bestandteile im System.

Konservierende LandwirtschaftBodenschonende Verfahren im ÜberblickMittwoch, 12. Januar 2022 Am Anfang, wenn der Boden noch nicht umgestellt ist und man noch wenig Erfahrung hat, ist das Risiko für Misserfolge noch grösser. Damals wie heute können die Beiträge des Bundes das ein wenig abfedern.

Betriebsspiegel  

Fläche: 40 ha LN und 14 ha Wald
Kulturen: Weizen, Urdinkel, Zuckerrüben, (alles IP-Suisse), Körnermais,
Spezialkulturen (Tabak und Rosenkohl)
Tierbestand: Viehlos. Stroh wird abgegeben, Mist und Gülle zugeführt
Arbeitskräfte: Betriebsleiter, Eltern, ein CH-Mitarbeiter 50 Prozent und Saisonniers aus Polen

Wie haben sich Ihre Erträge entwickelt?

Sie wurden langfristig stabiler, die Ausschläge nach oben und unten schrumpften. Insgesamt wird das System Resilienter, auch gegen Wetterextreme. Die Voraussetzung dafür ist aber dass man den Boden nährstoffmässig ins Gleichgewicht bringt und ihn biologisch aufbaut. Alle vier bis fünf Jahre lasse ich eine umfassende Bodenanalyse nach Kinsey durchführen und mich bei der Interpretation der Daten beraten.

Welche Veränderungen zeigen sich im Boden?

Schon nach einigen Jahren wurde er deutlich tragfähiger, es hat massiv mehr Regenwürmer. Meine Böden haben einen tiefen Tongehalt. Unter diesen Umständen ist das oberste Ziel, keinen Humus zu verlieren. Das haben wir erreicht, teilweise sogar eine leichte Zunahme festgestellt. Ausserdem hat sich die Fruchtbarkeit des Bodens verbessert und Erosion ist absolut kein Thema mehr. Das ist beruhigend, besonders bei Starkregen in Hanglagen.

Wie hat sich Ihre Arbeit verändert?

Sie ist entspannter geworden. Dies dank der grösseren Resilienz des Systems und weil Arbeitsspitzen gebrochen werden. Ich wende weniger Zeit und Energie auf, im Idealfall muss man nur noch säen – mit der Aussaat der Gründüngung ist das Feld bereit für die Hauptfrucht.

Setzen Sie heute mehr Pflanzenschutzmittel ein als damals mit Bodenbearbeitung?

Da braucht es eine differenzierte Betrachtung. Z. T. sind Einsparungen möglich, z. T. braucht es zusätzlich ein Totalherbizid. Auf jeden Fall sind Anpassungen im Pflanzenschutz nötig, mit der möglichst permanenten Bedeckung des Bodens mit Mulchmaterial oder grünen Pflanzen muss man eher auf  Kontakt-, statt Bodenherbizide setzen. Mit Hilfe des Systems haben wir aber festgestellt, dass es positive Effekte auf Krankheits- oder Insektenbefall haben kann. So sind z.B. Erdflöhe fast kein Thema mehr weil sie genügend Ablenkfutter an der Oberfläche finden.

Wie gehen Sie mit der Debatte um Glyphosat um?

Wo möglich verzichten wir darauf, nach dem Motto so wenig wie möglich aber so viel wie nötig. Glyphosat hat v.a. wegen den gentechnisch veränderten Pflanzen oder Rückständen als Folge der Sikkation von Getreide im Ausland einen schlechten Ruf. Gezielt eingesetzt ist der Wirkstoff meiner Meinung nach ein nützlicher Baustein.  In der Debatte wird häufig zu einseitig Argumentiert. Die Ressourcenbilanz, sowie der Bodenschutz ist ebenso wichtig: Dank gezieltem Einsatz können mehrere Überfahrten auf dem Feld und damit Treibstoff und Bodenbelastung eingespart werden.

Was funktioniert ihrer Erfahrung nach definitiv nicht in Sachen Konservierende Landwirtschaft?

Konservierende LandwirtschaftBodenschonend ist machbar: So gelingt der EinstiegMittwoch, 12. Januar 2022 Es kommt gelegentlich vor, dass Jemand im Herbst einen Lohnunternehmer für die Direktsaat anruft, weil es für die Bodenbearbeitung und Saat zu nass ist. Das ist nicht die Idee. Man muss sich ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzen, um erfolgreich damit zu sein.

Ist die konservierende Landwirtschaft mit allen Kulturen möglich?

Für alle Dreschfrüchte kann man sagen, Wissen und Technik sind vorhanden und das funktioniert. Bei Spezialkulturen wie Gemüse oder Kartoffeln ist vieles noch in Entwicklung. Früher hiess es auch, Gemüse ohne Bodenbearbeitung gehe nicht. Wir bauen Rosenkohl und Tabak schon seit 15 Jahren ohne Pflug im Strip-Till-Verfahren an. Allgemein ist die Konservierende Landwirtschaft im Vergleich zur Bodenbearbeitung mit Pflug noch sehr jung. Was nicht geht, geht noch nicht.

Was ist der Schlüssel zum Erfolg ohne Bodenbearbeitung?

Es ist nicht nur ein weglassen der Bodenbearbeitung, es ist sehr viel mehr!

Vor allem in den Anfängen ist Zu-wenig-Hineindenken ins System ein Grund zum Scheitern. Man muss sich mit seinen Böden auseinandersetzen, die Bodenchemie ins Gleichgewicht bringen und wirklich nur bei guten Bedingungen ins Feld fahren. Ausserdem muss man vom Boden her denken – er steht im Zentrum.

Boden-Serie (3)

[IMG 2]Durch ganzflächige, intensive Bodenbearbeitung wird organische Substanz für Bodenorganismen zugänglicher und es kommt mehr Luft ins Gefüge, Humus geht verloren. Der Pflug bietet aber auch viele Vorteile, etwa eine schnellere Mineralisierung, Erwärmung und Abtrocknung des Bodens. In einer Serie informieren wir  Sie über den Stand des Wissens zur Konservierenden Landwirtschaft, die auf wendende Bearbeitung verzichtet und daher als bodenschonend gilt.
Hier gehts zum Hauptartikel: «Bodenschonend ist machbar»