«Auch als Frau darf man sich die Frage stellen, was ich gerne mache.» Und was sie gerne macht, weiss Manuela Lerch, Landwirtin, Agronomin und Mutter von zwei kleinen Kindern aus dem baselbieterischen Läufelfingen: «Ich schaue sehr gerne zu den Kindern, arbeite aber auch sehr gerne im Stall, auf dem Feld, fahre gerne Traktor. Auch die operativen und organisatorischen Arbeiten rund um den Betrieb machen mir Freude.» [IMG 3]
Manuela Lerch führt mit ihrem Partner Noah Handschin den Biohof Engelsrütti, den sie 2016 pachten, im Jahr 2021 kaufen konnten. Für beide war früh klar, Betrieb und Haushalt gemeinschaftlich zu führen. Sie arbeitet daneben zu 30 Prozent im Aussendienst einer Biofuttermühle und präsidiert seit vergangenem Jahr den Verband Bio Nordwestschweiz mit rund 350 Mitgliedern.
Die Brücke zu Bio Suisse
«Meine wichtigste Arbeit als Präsidentin ist es, Brücken zu schlagen zwischen den Produzenten und dem Dachverband», erklärt Manuela Lerch. Der Verwaltungsapparat bei Bio Suisse ist mit den Jahren angewachsen und die Verbindung zwischen Produzent(innen) und Dachverband sei für das gegenseitige Verständnis wichtig.
«Wir Produzenten müssen entscheiden, wie es mit der Knospe weitergeht.»
Manuela Lerch, präsidiert seit einem Jahr den Verband Bio Nordwestschweiz
Aber: «Wir sind basisdemokratisch aufgestellt und müssen uns dementsprechend einbringen», macht sie ganz unmissverständlich klar. Was ihr und dem Vorstand helfen würde, wäre eine Person für das Sekretariat, gesteht die Präsidentin. Das Pensum liege bei zehn Prozent. Würde die Büroarbeit von jemandem anderes erledigt, könnten die Vorstandsmitglieder die Zeit noch besser zugunsten der Produzenten investieren. Betrieb, Kleinkinder, Nebenjob und Präsidium.
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Am gleichen Strick ziehen
Hof Engelsrütti
Betriebsleiter: Landwirtin Manuela Lerch und Landwirt und Metzger Noah Handschin
Familie: Kinder Julian (2 Jahre) und Elin (5 Monate)
Mitarbeiter: 2 Lernende, Vorbesitzerehepaar bei Bedarf, 1 Haushaltshilfe
Lage: 650 m ü. M., Bergzone I
Fläche: 22 ha, davon 2 ha Brotgetreide, zudem Kunst- und Naturwiesen.
Produktionsform: Biologisch
Tiere: 20 Milchkühe, saisonale Abkalbung, die Hälfte wird gesömmert, dazu 2 Evolèner-Mutterkühe, 7 Mastrinder, 2 Aufzuchttiere, 2000 Legehennen, 12 Freilandschweine und4 Mutterschafe.
Verkauf: Direktvermarktung der selbstgeschlachteten Tiere, Eier und Alpkäse der Sömmerungskühe, Restmilch geht an Mooh.
Manuela Lerch weiss: «Wenn du als Frau ein solches Pensum schaffen willst, muss der Mann komplett mitziehen. Für uns war eigentlich immer klar, dass wir keine klassische Rollenteilung möchten.» Dass das keine leeren Worte sind, zeigte sich an der Mitgliederversammlung von Bio Nordwestschweiz im Februar. Während seine Frau kompetent durch die Versammlung führte, sass Noah Handschin mit der einmonatigen Tochter Elin im Tragetuch im Saal.
Das Pensum wurde dann doch einmal mit zwei kleinen Kindern zu viel. Das Paar entschied sich, eine Haushalthilfe anzustellen. «Man muss nicht das Gefühl haben, immer alles selbst machen zu müssen», meint Manuela Lerch.
Auch der neu gebaute Laufstall verschafft der Familie mehr gemeinsame Zeit. Die Arbeiten im Rindviehstall lassen sich nun um einiges schneller erledigen. Vor allem an den Wochenenden zeigt sich deutlich, dass mehr Freizeit für die Familie bleibt. Beide schätzen es sehr, ab und zu an den Wochenenden den Betrieb in die Hände der Lehrlinge zu übergeben und mit den Kindern und dem Dachzelt die Seen der Schweiz zu besuchen.
Kann ich nicht, gibt es nicht
[IMG 2] Bereits in der Ausbildung zur Landwirtin hat Manuela Lerch gemerkt: «Bio macht für mich mehr Sinn.» Dass sich die engagierte Frau später im Vorstand von Bio Nordwestschweiz einsetzte, liegt auf der Hand. Als der damalige Präsident Patrick Birrer sie für seine Nachfolge anfragte, zögerte sie dennoch.
Während viele Frauen denken: «Das kann ich nicht», war das bei Manuela Lerch anders. Nicht das Können, sondern die Zeit sah sie als fehlenden Faktor an. Der Vorstand hat jedoch die Aufgaben breiter auf alle Schultern verteilt und die Landwirtin stellte sich der Wahl.
Oftmals steht einem solchen Verband ein Mann vor. Manuela Lerch hat jedoch zu keiner Zeit irgendwelche Vorbehalte der Mitglieder ihr gegenüber als jungen Frau gespürt. Ganz im Gegenteil. Sie sei von Beginn als Person wahrgenommen worden und habe die Freude der Bauern gespürt, dass sie bereit ist, sich für ihre Anliegen im Verband einzusetzen. Und das tut sie mit viel Herzblut.
Powerfrau mit hohem Pensum
Auch bei ihrem Nebenjob als Aussendienstmitarbeiterin der Biomühle Lehmann bekommt sie die Sorgen der Bauern hautnah mit. «Alles zusammen ist ein hohes Pensum, aber ich kann dabei gut Synergien nutzen», erzählt die Powerfrau. Ausserdem geniesst es Manuela Lerch, mit ihrem Partner zusammenzuarbeiten. Aus der Arbeit heraus schöpft sie Kraft: «Die Landwirtschaft ist unser Hobby, unsere Leidenschaft.»
Trotz der vielen Ideen, die das Paar für die Zukunft hat, sind sie immer wieder am Abwägen, was wann umgesetzt wird. Das Haushalten mit den eigenen Kräften ist nicht immer leicht, aber gerade dieser Aspekt sei wichtig, um nachhaltig zufrieden und motiviert für Familie und Betrieb da zu sein.
Grosse Dankbarkeit
Die ganze Zeit sprudelt es nur so aus Manuela Lerch heraus. Doch zum Schluss wird sie kurz nachdenklich. «Wir hatten in so vielem so viel Glück.» Etwa mit der ausserfamiliären Übernahme des Betriebs Engelsrütti und dem Vorbesitzerpaar, das wie ein drittes Grosselternpaar für die Kinder ist. «Das macht mich sehr demütig und dankbar», meint Manuela Lerch.
Kurz gesagt
In zehn Jahren …: Wünsche ich mir, dass wir den Betrieb noch weiter entwickeln konnten und die Kinder zufrieden umhersürmeln.
Bio ist für mich …: Etwas sehr Zentrales in meinem Handeln in jeglicher Hinsicht. Wir essen, kaufen, produzieren Bioprodukte. Das schwebt über allem.
Entspannung finde ich …: Wenn ich etwas pflanzen kann, etwa im Garten, und dabei den Kopf ausschalten kann.
Ich bereue …: Nichts.
Engagement heisst für mich …: Die eigene Energie zu geben für etwas und dafür Zeit und Freude zu investieren.