Auf Knopfdruck beginnen die Schaufelblätter zu drehen. Erst langsam, dann immer schneller. Die Gülle plätschert und sprudelt und wird kräftig durchgerührt. «Ich habe die Anlage so programmiert, dass sie einmal in der Woche automatisch die Gülle umwälzt», sagt Patrick Rudin. Der 28-Jährige arbeitet als Angestellter auf dem Hof seiner Eltern. Nächstes Jahr wird er den Rosacher in Ziefen (Kanton Baselland) übernehmen.

Vor rund zwei Jahren hat der Landwirt das Rührwerk eigenhändig im Gülleloch installiert. Das Programm zur Automatisierung hat er ebenfalls selbst geschrieben. Doch dazu später mehr. Mit seiner innovativen Entwicklung gewinnt er den ersten Platz des bäuerlichen Innovationswettbewerbs.

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Vom Traktormixer zur automatischen Rühranlage

Güllen beginnt nicht erst mit dem Güllefass auf dem Feld. Bevor der Hofdünger verteilt wird, muss er im Gülleloch gerührt werden, damit er homogen ist und gut ausgebracht werden kann. Das ist eine Arbeit, die auf vielen Betrieben grossen Aufwand bedeutet. So war es auch bei Patrick Rudin. «Ich musste jeweils einen halben Tag einrechnen, um mit dem Zapfwellen-getriebenen Traktormixer umzurühren», erzählt er. Hinzu kommt, dass diese Art der Umwälzung gefährlich ist. Schliesslich ist die Güllegrube während des Vorgangs offen.

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Patrick Rudin wollte etwas ändern und die Güllearbeit vereinfachen. Herkömmliche Lösungen waren schwierig umzusetzen, da bei seinem Gülleloch nicht in die Decke gebohrt werden kann. Das Problem liess ihn nicht los. Er konnte nicht mehr schlafen, ging stattdessen an den Computer und tüftelte an der Programmierung einer automatischen Güllerühranlage herum – bis es funktionierte. «Habe ich die Lösung für ein Problem schliesslich gefunden, gibt mir das einen Kick. Ein tolles Gefühl», sagt Rudin.

Hydraulik ist sicherer als Elektronik

Die Rührwerkanlage, die Patrick Rudin konstruiert hat, ist eine hydraulische Lösung. «So muss ich nicht Angst haben, dass Elektronik zusammen mit Gasentwicklung zu einer Explosion führt», erklärt Rudin. Das Rührwerk ist direkt vor der Mitteltrennwand des Güllelochs installiert.

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SonderausgabeSuisse Tier 2021Freitag, 19. November 2021 Mittels Fernsteuerung kann das Tauchrührwerk nach links, rechts, oben und unten bewegt werden. So kann bereits gerührt werden, wenn das dreieinhalb Meter tiefe Gülleloch noch nicht einmal halb voll ist. «Mir war wichtig, dass ich den optimalen Wirkungsgrad bei der Umwälzung der knapp 600 Kubik ‹Bschütti› heraushole», so der Landwirt.

Der Fokus des Betriebs liegt auf der Tierhaltung. Zusammen mit seiner Partnerin Nicole Zihlmann, seinem Bruder Thomas und seinen Eltern Martin und Antonia hält Patrick Rudin Milchkühe. Ein weiteres Standbein ist die Pouletmast. Da fällt einiges an Mist an. Rund die Hälfte des Hühnermists führen sie vom Hof Rosacher weg. Der Rest wird in zwei Güllegruben unterhalb des Milchviehstalls gelagert, bis der Mist als Dünger auf die Felder kommt.

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Betriebsspiegel Hof Rosacher
Antonia und Martin Rudin, Nicole Zihlmann und Patrick Rudin mit Fabio, Ziefen BL

LN: 40 ha
Kulturen: Mais, Kunstwiese, Naturwiese
Tierbestand: 50 Milchkühe, 20 Mastkälber, Rinderaufzucht, 600 Quadratmeter Pouletmast
Arbeitskräfte: Patrick Rudin und Nicole Zihlmann, Patricks Eltern Antonia und Martin Rudin und Patricks Bruder Thomas Rudin

www.rosacher.ch

Per Zeitschaltuhr oder mit der Fernbedienung

Normalerweise läuft das Rühren der Gülle automatisch. Für den Fall der Fälle kann die Umwälzung mittels Fernbedienung gestartet werden. Auf seinem Smartphone hat Rudin zudem eine Applikation, auf der er benutzerfreundlich das Rührwerk an-, ab- und verstellen kann. Er kann die Zeitschaltuhr einschalten oder das Umrühren manuell starten. Ausserdem kann er mit der gleichen Applikation diverse Funktionen des Betriebes steuern. Zum Beispiel die Silofräse bedienen oder das Licht einschalten. Und er hat den Melkroboter im Blick.

Die Schnittstellen bei den verschiedenen Systemen hat er selbst geschaffen und hat es so eingerichtet, dass alles miteinander verbunden ist und auf seinem Smartphone zusammenläuft. Wie hat er das gemacht?

Programmieren ist wie eine neue Sprache zu lernen

Patrick Rudin hat sich das Programmieren selbst beigebracht. Dazu hat er in Internet-Foren nachgelesen und dann vor allem ganz viel ausprobiert: «Voraussetzung war, dass ich mich getraute. Ich habe viele Fehler gemacht, bevor es schliesslich geklappt hat. Das gehört dazu, das entmutigt mich nicht», erzählt der Tüftler. Hilfe bei der Umsetzung erhielt er vom Landtechniker, der ihn mit Material ausstattete. Den Rest hat er selbstständig herausgefunden, ausprobiert und schliesslich geschafft.

Mit der Programmiersprache verhält es sich ähnlich wie mit jeder anderen Sprache auch: Am Anfang versteht man nichts, mit der Zeit und der Übung fällt es aber immer leichter. «Das Programmieren macht mir Spass, es ist mein Hobby», sagt Rudin und schmunzelt. Im Raum gleich neben dem Melkroboter hat er vier Computer-Bildschirme installiert. So hat er die Kühe im Blick und kann gleichzeitig an neuen Programmen schreiben.

Mit eigener Energie die Projekte antreiben

Das fernbediente Güllerührwerk ist nur eine von Patrick Rudins Ideen. Er hat bereits nächste Projekte im Kopf. Er möchte nach und nach verschiedene Bereiche im Stall automatisieren und miteinander verknüpfen. Als nächstes wolle er sich um die automatische Fütterung kümmern, sagt er. Gleichzeitig macht er sich Gedanken, wie er die ganze Technik mit Energie versorgen kann. «Das Ziel ist, unabhängig von äusseren Energiequellen zu werden», erklärt Rudin.

Die ersten Solarzellen sind auf dem Dach montiert. Für die zahlreichen Projektideen, die meist etwas mit Elektronik zu tun haben, brauche es sicherlich noch weitere Energiequellen, meint Rudin. Konkret sagt er noch nicht viel mehr dazu, das muss zuerst noch etwas in seinem Kopf heranreifen. Eines ist jedoch sicher: Patrick Rudin wird noch einige Stunden hinter seinen vier Bildschirmen verbringen und die eine oder andere Idee für den Betrieb programmieren.

Neuheiten- und Innovationswettbewerb 
Die beiden landwirtschaftlichen Fachtitel BauernZeitung und «die grüne» unterstützen die Innovationskraft der Schweizer Landwirtschaft mit dem Neuheiten- und Innovationswettbewerb. Der Innovationspreis wird alle zwei Jahre anlässlich der Fachmesse Suisse Tier in Luzern verliehen. Dieses Jahr wurden 18 Innovationen eingereicht von denen drei ausgezeichnet werden. [IMG 5]