Lange tappte Cornelia Stelzer im Dunkeln. Was mochten sich ihr Mann Frank, ihre Brüder Philipp und Tobias sowie ihre Eltern Vreni und Bruno als Geburtstagsgeschenk für sie ausgedacht haben? Das Einzige, was sie wusste: das Codewort für das geplante Objekt lautete «Bärenfalle» und es war ihr strikte untersagt, die Werkstatt auf dem Betrieb ihrer Eltern in Gunzgen, Kanton Solothurn zu betreten.

Am Morgen ihres Geburtstages wurde das Geheimnis dann aufgelöst. Auf dem Tisch stand der Miniatur-Nachbau ihres Geschenks, einer automatisierten Fütterungsanlage für Pferde.

Bereits seit einiger Zeit hatte sich Cornelia Stelzer nach einer Fütterungslösung für die zwei Pferde und das Pony auf dem elterlichen Betrieb umgesehen – vor allem, weil für die Fütterung tagsüber immer jemand anwesend sein musste. «Ich habe Anlagen gefunden, die man doch noch täglich von Hand befüllen muss. Wir hatten jedoch eher etwas im Sinn, wo man gerade mit dem Hoflader eine ganze Quaderballe Heu reinstellen kann», erzählt Cornelia Stelzer.

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Automatisch jede Stunde etwas zu futtern

Die «Bärenfalle» ist mit einer automatischen Steuerung ausgestattet, die Tobias Fürst, Cornelia Stelzers Bruder, programmiert hat. Das kam ihm sehr gelegen, weil er diese Steuerung gerade im Rahmen einer Projektarbeit für seine Ausbildung als Elektrotechniker HF entwickeln und programmieren konnte.

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SonderausgabeSuisse Tier 2021Freitag, 19. November 2021 Wofür braucht es diese automatische Steuerung überhaupt? «Momentan ist die Anlage so programmiert, dass der Zugang von morgens um 7 Uhr bis abends um 18 Uhr jede Stunde für jeweils sieben bis acht Minuten aufgeht», erklärt Frank Stelzer. 

Auch auf die Sicherheit der Tiere wurde bei der Konstruktion geachtet. Das Frontpanel schliesst sich von oben nach unten – es stoppt aber bei Widerstand. Wenn das Panel beispielsweise mit der Hand festgehalten wird, kippt der Motor ab und der Antrieb wird unterbrochen. Auch dieses Konzept wurde von Tobias Fürst entwickelt. Die Fresszeiten und -intervalle können auf der Steuerung jederzeit geändert werden.

Mit dem Hoflader eine ganze Quaderballe einfüllen

Die Befüllung der Fütterungsanlage ist simpel und effizient gelöst. Das Dach kann von Hand hydraulisch nach oben gepumpt werden. Dann wird die Quaderballe mit dem Hoflader vorsichtig in den Vorratsraum der Anlage gelegt – wichtig ist dabei, dass sie nicht mit voller Wucht gegen das Fressgitter prallt. Das Dach kann anschliessend wieder über ein Ventil geschlossen werden. Auf der Seite des Vorratsraums befindet sich eine Tür, durch die die Schnüre der Balle aufgeschnitten und herausgezogen werden können.

Seit die Pferde ihr Heu aus der «Bärenfalle» fressen können, seien sie viel ausgeglichener und ruhiger. «Sie fressen nicht mehr so hastig wie vorher, sondern gehen ganz langsam zur Raufe hin, wenn sich das Frontpanel öffnet», schildert Cornelia Stelzer das veränderte Verhalten der Tiere.

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Neben der gewonnenen Flexibilität ist auch der reduzierte Arbeitsaufwand ein grosser Vorteil der automatischen Fütterungsanlage. Der ganze Befüllvorgang mit Vorbereitung des Hofladers und der Balle, dem Befüllen und Wischen dauert etwa 30 Minuten. So ist die Fütterung der Pferde wieder für einige Tage erledigt. Vorher nahm das Füttern rund 15 Minuten pro Tag in Anspruch. Die «Bärenfalle» ist auch transportabel und nicht an einen Ort gebunden. Sie könnte also auch gut mit dem Hoflader zum Beispiel auf eine Weide gestellt werden.

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Betriebsspiegel Kaltbachhof
Vreni und Bruno Fürst, Gunzgen im Kanton Solothurn

LN: 29 ha
Kulturen: Winterweizen, Gerste, Mais, Kunst- und Naturwiesen, extensive Wiesen, Aroniabeeren
Tierbestand: 12 Dahomey-Mutterkühe plus Kälber, 2 Pferde, 1 Pony, 4 Alpakas
Arbeitskräfte: Vreni und Bruno Fürst

Ein Familienprojekt,das gelungen ist

«Das Produkt würde wahrscheinlich vielen Leuten gefallen, daher wäre es schon interessant, es auch anzubieten», so Frank Stelzer. Dazu müsste die Fütterungsanlage aber noch optimiert werden. Würden sie die Anlage noch einmal bauen, würden sie sie als Bausatz konstruieren, sodass sie nur noch zusammengeschraubt werden müsste. So könnte man sie versenden oder zumindest verladen und beim Kunden in relativ kurzer Zeit auch wieder aufstellen.

Würden die Tüftler und Konstrukteure wieder eine «Bärenfalle» bauen? «Es ist eine gelungene Sache, würde ich sagen. Vor allem, weil es eigentlich nur der Prototyp ist, der nun hier steht. Da haben wir eigentlich von Beginn an gut geplant», freut sich Philipp Fürst.

Die «Bärenfalle» ist ein Familienprojekt, das auch Vreni Fürst, der Mutter von Cornelia, Tobias und Philipp, zugutekommt. Vor allem sie wird mit dieser Anlage entlastet. «Es hat mich sehr gefreut, dass sich da die ganze Familie so reingekniet hat. Das ist sehr schön und auch bemerkenswert», sagt sie mit einem Lächeln.

Neuheiten- und Innovationswettbewerb 
Die beiden landwirtschaftlichen Fachtitel BauernZeitung und «die grüne» unterstützen die Innovationskraft der Schweizer Landwirtschaft mit dem Neuheiten- und Innovationswettbewerb. Der Innovationspreis wird alle zwei Jahre anlässlich der Fachmesse Suisse Tier in Luzern verliehen. Dieses Jahr wurden 18 Innovationen eingereicht von denen drei ausgezeichnet werden. [IMG 5]