Wir haben ein wenig ‹gäbiges›, viel steiles und viel sehr steiles Land», sagt Markus Klötzli. Der Landwirt bewirtschaftet mit seiner Frau Christa und seinen Eltern ein Bergheimet, das diesen Namen verdient. Auf dem reinen Grünlandbetrieb ist deshalb viel Laufarbeit nötig, wenn die jährlich drei Schnitte gemäht, gekreiselt und geschwadert werden. Das geht an die Substanz und in der Saison muss dem Kräftehaushalt Beachtung geschenkt werden. Um die Anzahl Kilometer zu reduzieren, hat Klötzli schon länger einen Stehanhänger gesucht, wurde aber im Handel nicht fündig.

Deshalb beschloss der Berner Oberländer letzten Sommer, selber in die Werkstatt zu steigen. «Jetzt bastle ich selber», habe er sich gesagt. Zunächst baute er ein Holzmodell, um die wichtigsten Anforderungen im Kleinformat zu testen.

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Fahrtrichtungsblockierung als zentrales Element

Folgende Eigenschaften waren Markus Klötzli wichtig für den bei ihm vorherrschenden Einsatz quer zum Hang in Steillagen:

  • Fahrtrichtungsblockierung der Räder gegen seitliches Abrutschen
  • Beidseitige starre Montage des Trittbrettes am Mäher für bessere Stabilität in Längsrichtung
  • Tiefliegendes Trittbrett für tiefen Schwerpunkt
  • Seitliche Stehhilfen für aufrechte Körperhaltung

Das nötige Material beschaffte sich Klötzli beim lokalen Schlosser, die Räder demontierte er von einem nicht mehr benötigten Bandheuer. Die Konstruktion sieht zwar einfach aus, erforderte aber doch einiges an Planungs- und Ausführungsarbeit.

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Dabei ging es nicht nur um die Stabilität und die dafür nötigen Verstrebungen, sondern auch um raffinierte Details wie das Fusspedal, mit dem er die Fahrtrichtungsblockierung ein- und ausklinken kann oder den einfachen Klappmechanismus für das Trittbrett. Gewisse Lagen sind nämlich so steil, dass Klötzli dort trotzdem zu Fuss gehen muss. Seitlich Klappbar sind auch die Stehhilfen, die eine bessere Arbeitshaltung ermöglichen.

Grosses Interesse und potenzielle Käufer

Dass er seine unterdessen preisgekrönte Innovation mitten im Sommer konstruierte, machte die Sache angesichts der übrigen anstehenden Arbeiten auf dem Betrieb nicht unbedingt einfacher. Umso wichtiger sei für ihn die psychologische Unterstützung von seiner Ehefrau Christa gewesen, berichtet Markus Klötzli, während er sein gut gemachtes Youtube-Video «Trittbrett zu Motormäher»  hervorsucht, das im Netz viel Interesse auslöste .

Unter diesen Interessenten waren auch einige potenzielle Käufer, aber er habe zu wenig Zeit, um weitere Geräte zu bauen, sagt Klötzli. Einen Produzenten für seine Entwicklung habe er bis anhin nicht gefunden, er habe diese aber vorsorglich patentieren lassen.

Am Abend nach den Mähtagen zahlt sich die Innovation aus

Nach der ersten vollen Saison mit seiner Eigenkonstruktion ist Markus Klötzli voll des Lobes. «Der Stehanhänger bringt mir extrem viel», sagt er. Weil Klötzlis seit 2012 ein im Berggebiet eher rares Fahrsilo betreiben, versuchen sie immer, so viel wie möglich auf einen Schlag zu mähen. Nun sei er am Abend der Mähtage dank des Trittbretts viel weniger «verbraucht» als zuvor, freut sich Klötzli.

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Dabei habe auch geholfen, dass er für seinen Mäher bereits über extra breite Stachelwalzen verfüge, die er sich als Sonderanfertigung hat herstellen lassen. Diese Breite sei Voraussetzung für die nötige Stabilität am Hang bei der Arbeit mit dem Stehanhänger.

«Nicht viel gespart, wenn ich alle Stunden aufgeschrieben hätte»

Das Gerät bewährt sich also. Hat es sich auch gelohnt, dieses selber zu bauen? «Wenn ich alle Stunden aufgeschrieben hätte, wäre es wohl nicht viel teurer gekommen mit einem Auftrag an einen Handwerksbetrieb», bilanziert der vierfache Familienvater. Es bleibt ihm aber die Genugtuung über das Funktionieren der Eigenkonstruktion, welche den Erfinder Klötzli für manche nächtliche Arbeitsstunde in der Werkstatt entschädigt.

Der Stehanhänger mit Trittbrett Marke Eigenbau ist nicht die erste landtechnische Innovation von Markus Klötzli. So hat er etwa eine bestehende Heuraupe mit einem Kranz zusätzlicher Zinken ausgerüstet, ebenfalls erfolgreich: «Die Raupe recht nun wesentlich sauberer», sagt er.

Aus seiner Werkstatt stammt auch ein Selbstabdeckungssystem für das Fahrsilo, das er mit dem Radlader aufrollen kann. Klötzlis Philosophie könnte man wie folgt zusammenfassen: Wenn er auf dem Markt nicht genau das findet, was er sucht, dann steigt er selber in den Mechaniker-Overall.

Treichelriemen-Schnitzen als Ausgleich

SonderausgabeSuisse Tier 2021Freitag, 19. November 2021 Markus Klötzli betreibt neben seinem arbeitsintensiven Landwirtschaftsbetrieb auch eine kleine Sattlerei. Seine Spezialität sind geschnitzte Treichelriemen. Begonnen hat der begabte Zeichner damit vor gut 20 Jahren; aus reiner Freude, wie er erzählt. Den ersten Riemen produzierte er für sich selber. Erfreut über das Ergebnis vermittelte ihm sein Vater Konrad Klötzli, der die IG Anbindestall präsidiert, einen Auftrag für fünf weitere Riemen. 

Mittlerweile seien die eigene kleine Sattlerei und der Handel mit Treicheln und Glocken ein festes wirtschaftliches Standbein geworden. Zu den regelmässigen Kunden gehören unter anderen die Organisatoren von grossen regionalen Schauen. Häufig verziert er aber auch Einzelstücke, die als Geschenk Verwendung finden, z.B. für Hochzeiten, Geburtstage oder Konfirmationen. Die Kunden stellen ihm das gewünschte Sujet per Email zu, der Rest sei Berufsgeheimnis, so Klötzli.
Das Handwerk habe er sich selber mit entsprechenden Lehrmitteln beigebracht, berichtet der Riemenschnitzer. Seine Lieblingssujets sind Kuhköpfe, Blumen und Schneeberge.

Betriebsspiegel der Familie Klötzli
Markus und Christa Klötzli, Achseten im Kanton Bern
LN: 31 ha, Bergzone III, 1140 m ü. M., reiner Grünlandbetrieb, dreistufig
Tierbestand: 12–15 Kühe, 7–8 Rinder, Simmentaler Reinzucht, Milchabnehmer Aaremilch; 2 Haflinger
Besonderes: Fahrsilo auf dem einzigen Stück Flachland für jeweils 3 Schnitte à 7 ha
Arbeitskräfte: Betriebsleiterehepaar mit Kindern, Vater Konrad Klötzli

sattlerei-landwirtschaft.ch

Neuheiten- und Innovationswettbewerb 
Die beiden landwirtschaftlichen Fachtitel BauernZeitung und «die grüne» unterstützen die Innovationskraft der Schweizer Landwirtschaft mit dem Neuheiten- und Innovationswettbewerb. Der Innovationspreis wird alle zwei Jahre anlässlich der Fachmesse Suisse Tier in Luzern verliehen. Dieses Jahr wurden 18 Innovationen eingereicht von denen drei ausgezeichnet werden. [IMG 4]