Neue Gesichter bringen frischen Wind – das trifft auch auf die Jury des Innovationswettbewerbs der Schweizer Agrarmedien zu. Einer der aktuellen Neuzugänge ist ihr Präsident Christian Galliker. Der Agrarwirtschaftler, Biolandwirt und Vizepräsident des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbandes reflektiert im Interview über die Arbeit der Jury und spricht über die Innovationskraft der Branche.

Herr Galliker, Sie präsidieren die Jury des Innovationswettbewerbs heuer zum ersten Mal. Wo lagen die Herausforderungen?

Christian Galliker: Meine erste Aufgabe war es, die Jury nach einigen Demissionen zu komplettieren und dabei sicherzustellen, dass die wichtigsten Branchen der Schweizer Tierhaltung einbezogen werden und eine breite Abdeckung beim fachlichen Knowhow vorhanden ist. «Erfahrene Hasen» und «Neulinge» hatten nun die eingegebenen Projekte nach festgelegten Kriterien zu beurteilen. Die Jury diskutierte Grenzfälle und kam immer zu einem einstimmigen Entscheid. Die grösste Herausforderung lag insbesondere in der Abgrenzung zwischen «Neuheit» und «Modifikation eines bestehenden Produktes» bei den gewerblichen Wettbewerbseingaben.

«Die Frage, wann etwas ‹neu› ist, ist nicht einfach zu beantworten.»

Christian Galliker über die mitunter herausfordernde Arbeit der Jury.

Heisst das, dass die Jury bei der Beurteilung der gewerblichen Neuheiten die Kriterien ein wenig anpassen musste?

Die Kriterienliste wurde nur minim angepasst, aber wir mussten uns beim Fallkriterium «Neuheit» inhaltlich mit der Definition auseinandersetzen. Die Frage, wann etwas «neu» ist, ist nicht einfach zu beantworten. Wir einigten uns in der Jury vor der eigentlichen Jurierung darauf, dass «neu» ist, was nicht bereits in einer vergleichbaren Lösung auf dem Schweizer Markt angeboten wird und nicht einer Modifikation eines bereits etablierten Produktes entspricht. Insbesondere bei den Futtermitteln ist die Beurteilung eine Herausforderung: Hier brauchen wir für die Jurierung Informationen über die neuartige Zusammensetzung oder die neue Wirkungsweise eines Produktes.[IMG 2]

​Welches Feedback haben Sie aus der Branche erhalten?

Die Jury hat von über 50 Anmeldungen deren 15 als Neuheit ausgezeichnet. Es gab tatsächlich einige Rückmeldung aus der Branche, weil unsere Auslegung des Kriteriums «Neuheit» strenger war als in der Vergangenheit. Da die Anzahl Anmeldungen gewerblicher Neuheiten deutlich angestiegen ist, wurde grundsätzlich eine strengere Auslegung auch von den Unternehmungen begrüsst, damit die Auszeichnung «Neuheit» sich auch in Zukunft ausloben lässt. Aber natürlich gab es auch Enttäuschungen bei nicht anerkannten Neuheiten. Ein berechtigtes Anliegen aus der Branche ist, dass wir beim nächsten Mal exakter kommunizieren werden, welche Angaben wir zur Beurteilung der Wettbewerbseingaben benötigen.

«Die Auszeichnung ‹Neuheit› soll sich auch in Zukunft ausloben lassen.»

Die Kriterien wurden bei der Beurteilung der gewerblichen Neuheiten heuer etwas strenger ausgelegt.

Kommen wir zum «Erfindergeist»: Welche Eindrücke haben Sie von der Innovationskraft der Schweizer Bauern und der Unternehmen aus der Branche gewonnen?

Die Schweizer Landwirtschaft zeichnet sich durch die Vielfältigkeit von eher klein strukturierten Familienbetrieben aus. Dies gilt nicht nur für die Landwirtschaftsbetriebe, sondern trifft häufig auch auf vor- und nachgelagerten Unternehmen zu. Kombiniert mit dem grossen fachlichen Knowhow, das dank der engen Vernetzung auch häufig interdisziplinär verfügbar ist, schafft dies einen idealen Boden für Innovation. Das sahen wir auch bei den zahlreichen und vielfältigen Wettbewerbseingaben.

«Die einfachste technische oder organisatorische Lösung ist oft die Beste. »

Jurypräsident Christian Galliker zu den bäuerlichen Wettbewerbseingaben.

Wodurch zeichnen sich denn die angemeldeten bäuerlichen Innovationen aus?

Der Chef oder die Chefin auf dem Hof kennt alle Arbeiten und spürt deren Erfolg mehr oder weniger direkt hinten rechts. Man erkennt Ineffizienz oder auch gefährliche Arbeiten und sucht Lösungen für diese «Problembereiche». Die einfachste technische oder organisatorische Lösung ist häufig die Beste, und genau solche betriebsspezifischen Lösungen wurden bei den sechzehn Wettbewerbseingaben präsentiert.

Zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Worauf freuen Sie sich an der Suisse Tier am meisten?

Die Eröffnung mit der Preisübergabe ist natürlich ein Highlight, noch mehr aber freue ich mich auf den Austausch mit Gleichgesinnten an der Messe. Ich werde selber als Vorstandsmitglied am Stand des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbandes im Einsatz sein. Und vielleicht, obwohl eigentlich bald zu alt dafür, zieht es mich am Samstagabend noch an die Young Farmers Party der Junglandwirte …

Dieses Interview wurde schriftlich geführt.

Die Jury des Innovations- und Neuheitenwettbewerbs

Das Gremium aus Fachleuten hat beim Innovationswettbewerb eine interessante, aber nicht unbedingt einfache Aufgabe. Damit sie fachlich gut fundiert ist, besteht die Jury aus Vertreterinnen und Vertretern aus den wichtigsten Branchen der Tierhaltung sowie einer praktizierenden Landwirtin. Einsitz genommen haben die folgenden Personen:

Christian Galliker, Präsident

Susanne Betscher-Bättig: Landwirtin

Beat Burkhalter: BUL

Benedikt Gisler: BBZN Hohenrain

Deborah Rentsch: Fachmagazin «die grüne»

Hugo Heller: Suisseporcs

Markus Rombach: Agridea

Markus Sax: Agroscope

Christian Schönbächler: Barto

Danja Wiederkehr: HAFL

David Zumkehr: Aviforum