«Es gibt nicht den einen Weg, sondern jeder Betriebsleiter, jede Betriebsleiterin wählt den eigenen Weg.» Dies machte der Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW), Christian Hofer, am Bäregg-Forum deutlich. Am Inforama Emmental in Bärau sprach er zum Thema: Wohin des Weges? – Herausforderungen der Emmentaler Landwirtschaft in den kommenden fünf Jahren. Eine Teilnahme am Anlass war von den Veranstaltern auch virtuell möglich gemacht worden. Doch bevor die Emmentaler Landwirtschaft zum Thema wurde, gab Christian Hofer einen Einblick in die aktuelle Situation der Landwirtschaft und die Agrarpolitik. Er zeigte auf, welch hohe Erwartungen die Gesellschaft daran hat, wie Lebensmittel produziert werden sollen. Dass sich dies nicht überall mit den Erwartungen der Landwirtschaft deckt, bedeutet grosse Herausforderungen, weiss auch Christian Hofer.
Einen wüsten Abstimmungskampf bitte vermeiden
Er betonte, dass die Agrarpolitik in den vergangenen Jahrzehnten vieles gut gemacht habe. Ansonsten hätte der hiesige Versorgungsgrad bei steigender Bevölkerung nicht gehalten werden können. Hinsichtlich der kommenden Agrar-Initiativen wie etwa der Massentierhaltungs-Initiative machte er deutlich: «Der gesellschaftlichen Entwicklung müssen wir uns stellen und zusammenarbeiten.» Solche Bilder wie vergangenen Juni möchte der BLW-Direktor nicht mehr sehen. Er ist sich auch bewusst, dass ebenso die Konsumenten in die Pflicht genommen, ihnen aufgezeigt werden muss, welche Konsequenzen ihr Verhalten hat und welche Rolle sie in der gemeinsamen Diskussion spielen.
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Auf der Marke Emmental aufbauen
Trotz aller Herausforderungen sieht Christian Hofer gute Chancen für die Zukunft der Emmentaler Landwirtschaft. Ein Punkt sei: «Das Emmental ist per se eine Marke.» Darauf könne aufgebaut werden. Auch wenn die Betriebe im Durchschnitt kleinstrukturierter seien als anderswo, könne das Emmental einen wichtigen Beitrag zur Ernährung der Schweizer Bevölkerung leisten. Und er betont: «Rauhfutterverzehrer auf Dauergrünland sind wichtig.» Zwar seien die Konsumentengewohnheiten im Wandel. Aber neue Trends bieten auch neue Chancen. Ausserdem gewinnen kulturelle Eigenschaften, Tradition und Nähe zur Konsumentin an Bedeutung. Und davon gebe es im Emmental einige.
Den passenden Weg suchen
«Ich bin fest davon überzeugt, dass Produkte von kleinstrukturierten Betrieben bei den Konsumenten grosse Chancen haben», betonte Christian Hofer. Die Konsumentinnen und Konsumenten wollen Erlebnisse. Synergien von Naherholungsgebieten, Tourismus und Landwirtschaft seien da, diese müssten nur noch zusammengebracht werden, sowie die Marke Emmental und neue Absatzkanäle genutzt werden. Jeder Betrieb muss in diesem Prozess aber seinen eigenen und passenden Weg finden, der schliesslich zum Erfolg führt.
Eine Bäuerin und ein Meisterlandwirt stellen Fragen
Im Anschluss an das Referat stellten Lisa Strahm, Ersigen, sowie Heinz Kämpfer, Affoltern i. E., ihre Betriebe vor und diskutierten mit Christian Hofer. Der ebenfalls für die Diskussion gelistete Meisterlandwirt Beat Gerber aus Bärau, musste dem Anlass aus gesundheitlichen Gründen fernbleiben.
Den Strukturwandel nicht stoppen, aber auch nicht fördern
Lisa Strahm ist diplomierte Bäuerin HFP aus Ersigen. Sie hat Anfang des Jahres mit ihrem Mann dessen elterlichen Betrieb, den Lobärghof übernommen und teilt sich mit ihm die Betriebsleitung. Die Bäuerin ist in Röthenbach i. E. als Bauerntochter aufgewachsen und ist gelernte Pflegefachfrau sowie Rettungssanitäterin. Letzterem Beruf geht sie, nebst der Betriebsleitung, in einem grösseren Teilzeitpensum nach. Der 18-Hektar-Betrieb betreibt Milchwirtschaft, Futter- und Ackerbau und hält 20 Grossvieheinheiten (GVE) Legehennen, deren Eier direkt vermarktet werden. Die Schwiegereltern sind seit der Betriebsübernahme beim Paar angestellt.
Das Betriebssterben aufhalten
Lisa Strahm wollte von Christian Hofer wissen, welche Möglichkeiten er sieht, den stetigen Wegfall kleinerer Betriebe aufzuhalten. Der BLW-Direktor ist sich bewusst, dass die Betriebe tendenziell immer grösser werden. Es gebe jedoch kein politisches Instrument den Strukturwandel zu stoppen. Der Bundesrat wolle diesen aber auch nicht mit Massnahmen verstärken. Auch die von der Bäuerin angefragte Förderung der Zusammenarbeit von Betrieben betreffend Hofdünger verneint Hofer. Um zusammenzuarbeiten müssten sich zwei finden, die zusammenpassen. «Das kann die Politik nicht fördern.» Hingegen gebe es jedoch Rahmenbedingungen, um Synergien gemeinsam zu nutzen. Aber Anreize vonseiten der Politik zu schaffen, damit Landwirte und Landwirtinnen auf Biegen und Brechen zusammenarbeiten, sei der falsche Weg, erklärte Hofer.
Standard beibehalten
Weiter forderte Lisa Strahm eine vermehrte Möglichkeit für Männer und Frauen, Ausbildungen in der Landwirtschaft modular zusammenstellen zu können und dass diese Möglichkeit auch vermehrt beworben wird. Dazu sagte Christian Hofer: «Die Ausbildung ist das A und O. Bauern und Bäuerinnen können eine hohen Ausbildungsstandard geniessen. Das müsse beibehalten werden.» Der Moderator des Abends, Martin Reber, Lehrer und Berater des Inforama, fasste dies als Aufforderung an das Inforama auf.
Themen können nicht zu Boden diskutiert werden
Heinz Kämpfer ist Meisterlandwirt aus Affoltern i. E. Er führt seit 27 Jahren mit seiner Frau Elisabeth den Betrieb mit 19 Hektaren in der voralpinen Hügelzone. Nebst Milchkühen und Jungvieh hat es Platz für 40 Mastschweine. Seit einigen Jahren besitzen Kämpfers eine Photovoltaikanlage. Wenn es aber preislich noch weiter runter ginge, ziehe er dieser Anlage den Stecker und beziehe wieder Atomstrom betont Heinz Kämpfer. Und: «Ich muss in der Buchhaltung sehen, dass etwas rausschaut, sonst muss ich was ändern.»
Einschränkung in unternehmerischem Denken
Gegenüber Christian Hofer machte der Landwirt deutlich, dass er von einer im Referat erwähnten Verkleinerung des administrativen Aufwands nichts spüre. Im Gegenteil. Als Beispiel führte er die neue Aufzeichnungspflicht für den Verkauf von Pflanzenschutzmitteln, Dünger und Kraftfutter an, die in der parlamentarischen Initiative 19.475, welche sich in der Abklärung befindet, vorgeschlagen wird. Das töne gut, bringe aber auch den Landwirten einen Mehraufwand. Etwa dann, wenn der Verkäufer mitteile, dass Bauer X so und so viel Dünger bezogen habe, aber nur die Menge Y einsetzen darf und dann aufzeigen soll, wie das kommt. Kämpfer bemängelt, dass er in seinem unternehmerischen Denken eingeschränkt werde, Dünger in grösseren Chargen dann zu beziehen, wenn es günstig sei.
Kein Ende in Sicht
Christian Hofer betont, dass der Mehraufwand beim Verkäufer liege, da die Betriebsleiter bereits eine Aufzeichnungspflicht hätten. Der Moderator erklärte: «Dieses Thema kann heute nicht zu Boden diskutiert werden.»
Zielkonflikte sind in Sicht
Einen Zielkonflikt sieht Heinz Kämpfer beim vorgeschlagenen Absenkpfad. «Wie soll ich 20 Prozent weniger Nährstoffeinsatz mit weniger Tieren erreichen und dabei das Einkommen dennoch halten können?», fragte er. Dies, zumal seine Böden trotz gutem Hofdüngermanagement gewisse Mangelerscheinungen aufweisen. Der BLW-Direktor betonte, dass es darum gehe den Nährstoffeinsatz zu optimieren. Es müsse nicht jeder Betrieb 20 Prozent reduzieren, sondern die Gesamtbilanz um diesen Wert korrigiert werden.