Die Vernehmlassung zum EU-Rahmenvertrag ist abgeschlossen, aber die Diskussionen gehen weiter. Peter Schweizer, Biolandwirt und Vizepräsident vom Verband Thurgauer Landwirtschaft findet, eine klare Regelung der Zusammenarbeit sei wichtig und gebe Sicherheit für die wirtschaftlichen Beziehungen zur EU. Der Zürcher SVP-Präsident Domenik Ledergerber, der zusammen mit seiner Familie einen Hof in Herrliberg bewirtschaftet, spricht dagegen von einem «EU-Unterwerfungsvertrag». Es gehe gar nicht, dass die Schweiz künftig automatisch EU-Recht übernehmen müsse.
Pro: Peter Schweizer, Die Mitte, Vizepräsident Verband Thurgauer Landwirtschaft, Co-Präsident von Bio Ostschweiz, Hosenruck TG
Für Rechtssicherheit und Klarheit
Das Wesen eines Vertrages besteht darin, dass er das Zusammenspiel mehrerer Parteien regelt und für alle passen muss. Somit können Verträge, vor allem, wenn sie komplex sind und viele Themen mit einbezogen sind, nie perfekt für nur eine Seite passen. Es gibt immer ein Haar in der Suppe zu finden – für beide Seiten.[IMG 2]
Eine klare Regelung der Zusammenarbeit ist gerade in unserer hochkomplexen globalisierten Welt eine überaus wichtige Grundlage und die Sicherheit wirtschaftlicher Beziehungen. Von diesen leben wir als Schweiz mehr als viele andere Staaten, da wir auf Aussenhandel zwingend angewiesen sind. Klar, wir können sagen: «Diese Globalisierung brauchen wir gar nicht.» Aber diese Aussage ist nicht zu Ende gedacht.
Feinjustierung noch nötig
Es hat in diesem Vertragswerk bestimmt Punkte drin, welche in der Feinjustierung noch bearbeitet werden müssen, aber grundsätzlich habe ich Vertrauen in die Personen, welche dies ausgehandelt haben.
Leider ist es in der Kommunikation relativ einfach, diese Verträge auf ein paar Punkte zu reduzieren, eines der Haare in der Suppe herauszupicken, daraus eine «süffige» Geschichte zu machen und diese breitzuschlagen – wie z. B. «Es droht ein Verbot von Hofläden». Den sozialen Medien sei Dank, hat dieses Vorgehen riesigen Erfolg. Genau diese «Schlagwortpolitik» regt mich aber richtig auf, und zwar nicht nur jetzt in der aktuellen Frage zur Beziehung mit der EU, sondern allgemein in der Gesellschaft.
«Lasst Euch nicht von Schlagworten und Symbolen leiten»
Und noch kurz zu Bundesbrief, Hellebarde und Co. als Symbol der Freiheit: Auch der Bundesbrief war kein Liebesbrief, sondern ein Regelwerk, wie mit Handel und Rechtsfragen gemeinsam umgegangen werden muss. Es wurde von den Unterzeichnern erkannt, dass es allen dient, wenn Rechtssicherheit und Klarheit bestehen. Und die Hellebarde der Eidgenossenschaft war für uns im Thurgau als Untertanengebiet nicht nur der Segen, sondern bedeutete, dass ein Landvogt eingesetzt wurde, der möglichst viel Geld herauspressen musste – bis ein Franzose namens Napoleon kam und sagen musste, dass eine Zusammenarbeit so nicht funktioniert.
Somit meine Bitte: Betrachtet die Situation in einer gewissen Breite und Nüchternheit und lasst Euch nicht von Schlagworten und Symbolen leiten.
Kontra: Domenik Ledergerber, Kantonsrat, Präsident SVP Kanton Zürich, Herrliberg ZH
Keine fremden Richter auf unseren Feldern
Zusammen mit meiner Familie führe ich einen Hof im Kanton Zürich, genauer gesagt im schönen Herrliberg. Wir wissen, was es heisst, Verantwortung zu tragen – für Tiere, Böden, qualitativ hochwertige Lebensmittel, Natur und Personal. Genau darum lehne ich den EU-Unterwerfungsvertrag ab.[IMG 3]
Für eigenständige Agrarpolitik
Dieser Vertrag würde bedeuten, dass die Schweiz künftig automatisch EU-Recht übernehmen muss. Dies trifft die Landwirtschaft besonders hart. Denn damit verlieren wir die Möglichkeit, Teile unserer Agrarpolitik eigenständig zu gestalten. Der Europäische Gerichtshof hätte so immer das letzte Wort. Wer soll dann noch entscheiden, wie wir unsere Produkte herstellen oder welche Tierschutzrichtlinien bei uns gelten? Sie und ich sind es nicht.
Unsere Landwirtschaft lebt von Schweizer Standards bei Tierwohl, Umweltschutz, Lebensmittelqualität und vom kurzen Weg von Hof zu Tisch. Mit dem EU-Rahmenvertrag droht eine Angleichung nach unten – auf Kosten der Qualität, unserer Preise und der Wertschöpfung in der Schweiz. Es wäre das Ende der erfolgreichen Schweizer Eigenständigkeit und Qualitätsstrategie im Lebensmittelbereich. Als produzierender Landwirt sehe ich es als meine Aufgabe, mich genau dafür einzusetzen.
Gegen Brüsseler Bürokratie
Was wir brauchen, ist keine Brüsseler Bürokratie nach EU-Massenstandards, sondern verlässliche Rahmenbedingungen zum Erhalt unserer spezialisierten und kleinstrukturierten Familienbetriebe in der Schweiz. Bäuerinnen und Bauern sollen investieren, produzieren und innovativ bleiben, aber auch weiterhin gemeinwirtschaftliche Leistungen in den Bereichen Biodiversität, Pflege der Kulturlandschaft und dezentralen Besiedelung für die Schweiz erbringen können.
Darum sage ich mit voller Überzeugung Nein zum EU-Unterwerfungsvertrag. Weil fremde Richter auf unseren Feldern nichts verloren haben. Nur eine freie und unabhängige Schweiz garantiert, dass wir auch morgen noch frei über unsere Landwirtschaft und über unser tägliches Brot entscheiden dürfen.
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