Platz für 65 Kühe bietet der mit viel Holz gebaute Stall auf dem Hof Beroie oberhalb von Bellelay. 45 Meter lang ist er, 28 Meter breit. Beeindruckende Masse weist der Neubau auf dem historischen Hof auf, der einst - bevor die Franzosen kamen - der Abtei in Bellelay gehörte.

"Für mich ist wichtig, dass die Landwirtschaft sich überlegt, wie sie mit der Raumplanung umgeht. Denn es ist auch unser Raum, um den es geht", sagt Markus Gerber, der den Hof 1999 von seinen Eltern übernommen hat und ihn dann als Pächter leitete. 2016 konnte er den Betrieb auf fast 1'100 Metern Höhe kaufen. Seit Anfang 2018 führt er zusammen mit David Scheidegger aus dem nahe gelegenen Le Fuet eine Betriebsgemeinschaft, der Stall wird gemeinsam genutzt.

Als es darum ging, den alten Stall zu ersetzen, lagen zwei Optionen vor Gerber: Anbau an den alten Stall oder ein Neubau anstelle des alten Stalls. "Vom raumplanerischen Aspekt her ist klar, dass ein Neubau weniger Platz verbraucht", nennt Gerber ein Argument, dass für diese Option sprach. Für ihn sei dies ein sehr wichtiger Punkt. "Der Umgang mit dem Land ist auch eine Verantwortung, die wir als Landwirte haben. Wir müssen uns die Frage stellen, ob es nötig ist, dass das alte Gebäude bleibt oder nicht", sagt Gerber, der in der Landwirtschaft äusserst aktiv ist und als Präsident von Swissherdbook, dem grössten Rindviehzuchtverband der Schweiz, amtet.

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Gerber hat bewusst auf viel Holz gesetzt.

Der Abriss des alten Gebäudes war möglich, weil es als nicht schützenswert galt. Denn im Jahr 1933 wurde der vorherige Stall ein Opfer der Flammen und wurde danach neu aufgebaut. Er konnte deshalb keiner klaren Epoche zugeordnet werden. "Vereinfacht wurde der Abriss und der Entscheid auch dadurch, dass Wohngebäude und Stall getrennt waren und sind", sagt Gerber. Alte Holzbretter aus dem alten Stall konnten gar weiterverwendet werden. Nicht für den Stall, sondern für den Chaletbau. Ein Zimmermann aus Gstaad fand Verwendung für das über 80 Jahre alte Holz.

Kostenmässig wäre ein Anbau an den alten Stall ähnlich teuer gekommen wie der neue Stall. Aus wirtschaftlicher Sicht wäre es zudem schwierig gewesen, den Neubau zu amortisieren und gleichzeitig das grosse, alte Gebäude zu unterhalten, sagt Gerber. Und wenn er die Milch der Kühe nicht für die Produktion von Tête de Moine liefern könnte, 420'000 Kilo sind es pro Jahr, und damit einen deutlich besseren Preis als mit der Industriemilch-Produktion erzielen würde, wäre der Neubau ohnehin nicht drin gelegen.

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Klar ist auch, dass ein Anbau viele Kompromisse gefordert hätte. "Beim Tierwohl und arbeitstechnisch hätten wir zu viele Kompromisse machen müssen", sagt Gerber. "Wir hätten dann zwar schon ein Resultat gehabt, aber kein so 'gfreutes' wie wir es jetzt haben."

Ein Punkt, den Gerber anspricht, ist die Arbeit, die im neuen Stall deutlich effizienter verrichtet werden kann. Die Durchgänge im Stall sind genügend breit, dass mit dem Traktor reingefahren werden kann. Damit kann unter anderem das Stroh-Kalk-Gemisch einfacher in die Liegeboxen verteilt werden. Im Stall gibt es bewusst keine Hindernisse, welche eine Durchfahrt erschweren oder verunmöglichen würden. Auch gibt es praktisch keine Stufen. "Die einzigen Stufen sind beim Eintritt in den Melkstand mit 15 Zentimetern und bei den Liegeboxen mit 16 Zentimetern", erklärt Markus Gerber. Im Liegebereich der Kühe existiert eine Vertiefung, damit 30 Zentimeter Stroh-Kalk-Mischung eingefüllt werden können.

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Der Boden des Melkstalls ist variabel, was sich positiv auf die Arbeitsergonomie auswirkt.

Ein Grund für den stufenlosen Stall ist der Saugroboter, der den Mist entfernt. Er hat verschiedene Routen programmiert, nimmt so Arbeit ab und sorgt für einen saubereren Boden, der auch den Kühen entgegenkommt. Gesteuert wird der Roboter über eine Smartphone-App via Bluetooth. Dasselbe gilt für den Futterschieber, der dafür sorgt, dass die Kühe immer genügend frisches Futter zur Verfügung haben.

Aber nicht alles im Stall ist roboter-gesteuert, so gibt es statt eines Melkroboters einen Melkstand. Denn für die Tête-de-Moine AOP-Produktion ist der Einsatz eines Melkroboters nicht erlaubt . Es wäre aber auch wegen der Distanz zur Weide mit einem Roboter eher schwierig geworden, sagt Gerber.

Stattdessen steht ein moderner Melkstand beim Stall, der auf Arbeitsergonomie ausgerichtet ist. Speziell daran ist, dass der Boden in der Höhe verstellt werden kann. Wenn also Gerber am Melken ist, kann er eine andere Höhe einstellen, als sein BG-Partner. "Nur wenn wir beide am Melken sind müssen wir Kompromisse finden", fügt Gerber an.

Der Neubau hat auch bezüglich Tierwohl klare Vorteile. Das beginnt beim Platz. "Wir haben uns für grössere Masse entschieden, als nötig gewesen wäre", sagt Gerber. Unterstützen liess sich Gerber bei der Planung von Christoph Peter, einem Berater für Tierhaltung und Kuhsignaltrainer.

Um den Bedürfnissen der Kühe zu entsprechen, ist auch das Stallklima entscheidend. Nicht zu kalt im Winter, genug kühl im Sommer lautet das Credo für einen optimalen Stall. Sieht man den Stall erstmals, fallen die riesigen, 9 Meter hohen Rolltore auf. "Manche fragen uns, ob wir Giraffen züchten wollen", schmunzelt Gerber. "Aber genau so hohe Tore haben wir wegen dem Lüftungsaspekt gesucht." Dank verschiedener Sensoren reagieren die Seitenlüftung und öffnen und schliessen sich automatisch, kann aber auch manuell gesteuert werden.

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Im Bereich der Kälberiglus könnte bei Bedarf überdacht und weiter Liegeplätze geschaffen werden. 

Ohnehin kann der windexponierte Stall fast ganz geschlossen werden. Beim Heulager, wo das Dach bis 14 Meter in die Höhe ragt, ist ein Netz angebracht, dass den Wind bremst, aber viel Luftaustausch zulässt. In den anderen Bereichen sind Blachen installiert, die wenn geschlossen keinen Wind durchlassen. Nur ein kleiner Bereich in der Nähe der Abkalbebox kann nicht geschlossen werden. Der Bereich dort ist nicht besonders windexponiert. "Der erste Winter hat gezeigt, dass es so gut funktioniert. Er war aber auch nicht besonders streng, weshalb wir nun weiter schauen. Bei extrem tiefen Temperaturen könnten wir temporär mit grossen Strohballen zu machen.", erklärt der Gerber.

Der Stall wurde unter anderem wegen des Lüftungseffekts in Nord-Süd-Richtung in den Wind gebaut. Diese Lage ergibt aber auch weitere Vorteile bezüglich Klima. Der Laufhof liegt im Südosten, so dass er von der Morgensonne erreicht wird. Das ist vor allem im Winter wichtig. "Wenn es am morgen kalt ist, sehen wir sofort, wie sich die Kühe beim Laufhof sammeln. Dann können wir auch das grosse Tor öffnen, so dass die Morgensonne im Stall Wärme spendet", so Gerber. Den umgekehrten Vorteil gibt es bei Hitzetagen, wenn der Laufhof gegen Abend bei den höchsten Temperaturen schon im Schatten steht.

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Abriss des alten Stalls. (Bild zVg)

Viel Holz umfasst der Stall, Beton hat Gerber nur wenig eingesetzt. So ist ausserhalb des Melkbereichs das höchste Betonmäuerchen nur 70 cm hoch. "Der grosse Vorteil von Holz ist, dass die Kälte nicht sitzen bleibt", sagt er. Bei Beton habe man hingegen den Faktor, dass er Kälte abgebe.

Markus Gerber ist sich bewusst, dass die Lage seines Betriebes gute Voraussetzungen für den Neubau geboten hat. Kein schützenswertes altes Stallgebäude, kein Problem wegen des Landschaftsbildes, weil es wenig Einblick von aussen gibt, sind einige davon. "Die Vorteile, die man hat, muss man auch zu seinem Vorteil nutzen", sagt Gerber dazu. "Wir haben nun ein Gebäude, dass der aktuellen Epoche entspricht."

Markus Gerber ist seit 2012 Gemeindepräsident und hat in seiner ersten Amtszeit die Raumplanungsverordnung seiner Gemeinde Saicourt mitrevidiert. Dies hat in auch für das Thema Raumplanung und Kulturlandverschleiss sensiblisiert.  Er hofft, dass das Beispiel seines Stalles zeigt, dass die Landwirtschaft in Sachen Raumplanung durchaus selbst Verantwortung übernimmt.