Bio-Umsteller fürchteten sich in den vergangenen Jahren wegen der Warteliste. Will heissen, zum Zeitpunkt der Umstellung war meist nicht gesichert, dass die Milch nach der Umstellungsphase von zwei Jahren dann auch tatsächlich als Knospe-Milch vermarktet werden kann, zu den entsprechenden Preisen. «Bald wird die Nachfrage wohl nicht mehr gedeckt werden können», bekräftigt André Bernet, ZMP, im aktuellen Info-Schreiben. Per Januar 2023 habe man im ZMP-Gebiet fünf Betriebe mit rund 750'000 Kilo Milch, welche in den Biomilchkanal wechseln. 2024 und 2025 dann noch je einer. National sei die Situation ähnlich.

Neue Richtlinien

«Der Biomilchmarkt wird in den nächsten Jahren weiter wachsen», so André Bernet weiter. Umsteller würden problemlos in den Biomilchkanal wechseln können und auch an der Preisfront tue sich etwas. Nach Jahren von auf hohem Niveau stabilen Preisen sind diese im März um 4 Rappen gestiegen. Per Juli stünden weitere 5 Rappen vor der Tür.

Gründe für das plötzliche Desinteresse an einer Umstellung gibt es gleich mehrere. Bekanntlich wurden die Richtlinien für die Produktion von Biomilch auf Anfang Jahr verschärft. Ab 1. Januar 2022 dürfen Biokühe und -rinder nur noch mit 100 Prozent Schweizer Knospe-Futter versorgt werden. Ebenfalls seit Anfang Jahr sank die maximale Kraftfuttergabe von 10 auf 5 Prozent. Weiter dürfen keine konventionellen Tiere mehr zugekauft werden (mit Ausnahme von Pro-Specie-Rara-Rassen).

Der Luzerner Dominik Estermann, Präsident des Biomilchrings ZMP, verteidigt das Vorgehen von Bio Suisse. Ziel sei keinesfalls gewesen, die Biomilch zu verknappen, sondern das Versprechen «Milch aus Gras» konsequent umzusetzen. Dass nun weitere Faktoren die Umstellung zwischenzeitlich unattraktiver machten, sei teils auch zufällig.

Gestiegene ÖLN-Preise

Damit meint Dominik Estermann auch die gestiegenen ÖLN-Milchpreise. Immerhin haben die Biomilchpreise mitgezogen. Nach Berechnungen von Bio Suisse betragen die Mehrkosten aufgrund verschärfter Richtlinien aber auch durchschnittlich mindestens 5 Rp/kg Milch. Und unabhängig von den Preisen, so Estermann weiter, seien auch Biobetriebe vom Strukturwandel betroffen, der unaufhaltsam fortzuschreiten scheint.

Hinzu kam gemäss Dominik Estermann die alles andere als optimale Witterung 2021. Unter dem Strich erstaunt ihn die vorübergehende Zurückhaltung bei Umstellungen somit nicht. Umso wichtiger sei es nun, umstellungswillige Betriebsleiter zu ermuntern und zu begleiten. Das Schreckgespenst «Warteliste» müsse erst noch aus den Köpfen.

Strukturwandel bei der Milch
Auch wenige Kühe machen Mühe: Milchproduktion ist aufwendig und der Ertrag je nach betrieblichen Voraussetzungen überschaubar. Weniger, dafür grössere und sehr gut eingerichtete Betriebe ist die Tendenz auch in der Zentralschweiz. Hatten 2011 noch 3550 Ganzjahresbetriebe im Gebiet ZMP Milch abgeliefert, waren es 2021 noch 2834.

Minus 20 Prozent
Dies entspricht einer Abnahme bei den Produzenten um 716 Betriebe oder rund 20 Prozent. Gleichzeitig stieg die produzierte Menge pro Betrieb im selben Zeitraum von 124 676 kg auf 173 887 kg an. Gemäss Geschäftsbericht ZMP hat 2021 die Milchproduktion aller Mitglieder gegenüber dem Vorjahr um 1,5 Mio kg auf neu 496 Mio kg abgenommen. Grund ist das schlechte zweite Halbjahr.
Gestiegen sind 2021 die Milchpreise. Der durchschnittliche Standard-Produktionspreis ab Hof (Basis 180 000 kg Milch, Suisse Garantie, Gehalt 73 g/kg, inkl. «Grüner Teppich») lag bei 63,5 Rappen und somit 0,8 Rappen über dem nationalen Mittelwert. 82,5 Rappen war die Biomilch Knospe wert.

Gute Preise – hohe Kosten
«In den letzten Monaten war der Milchhandel sehr erfreulich», schreibt André Bernet, ZMP, im aktuellen Newsletter. Der Basispreis ZMP für Suisse Garantie steigt per 1. Juni um 2 Rappen auf 67 Rappen. Der Preis ausserhalb Monatsvertragsmenge um 5 Rappen auf 60 Rappen. Bei der Biomilch Knospe liegen die Preise dann bei 88, bzw. 75 Rappen. Steigende Milchpreise seien bei stark gestiegenen Produktionsmitteln unabdingbar, tönt es von Praktikern.