Letzthin, es war noch nicht in dieser herrlichen Hochsommerphase, während welcher wir Städter die Sonne geniessen (wohl wissend, dass die anhaltende Trockenheit zu Ernteproblemen führen kann), also: es war ziemlich bedeckt, kühl, und der Arbeitstag war lang und hart gewesen, brauchte ich einen wärmenden Aufsteller. Nein, keinen Punsch oder Grog oder Glühwein oder was auch immer, dazu war es dann schon zu frühsommerlich. Meine Freuden fokussieren sich – wen wunderts, Sie wissen das mittlerweile ja auch – auf Kochen und Essen. Währschaft durfte es sein. Schnell gemacht auch, denn der Arbeitstag … siehe oben.

Im Zug von Bern nach Zürich im Internet schnell noch das passende Rezept gesucht. Das ist übrigens eine feine Sache. Sinnvollerweise gibt man aber auch noch «Ricetta» und somit das Ergebnis einer italienischen Seite ein, sonst gerät man zu einem deutschen Rezept: «leckere Käse-Sahne-Sosse». Da löschts mir gleich ab, denn ganz im Geheimen gestehe ich, dass ich den Italienern kulinarisch schon sehr viel, oder besser gesagt: alles zutraue, den Deutschen aber ganz und gar nicht. Ungerecht, mag sein, aber ich mag einfach nicht immer politisch korrekt sein. Und schon stand meine Postiliste für Pasta ai quattro formaggi. Genau danach stand mir der Sinn!

Plant-Based auf Augenhöhe

Flugs zum grossen Detailhändler, zum einzigen, der zu dieser nächtlichen Zeit noch geöffnet ist. Viel braucht es ja nicht, nur vier Käsesorten, von denen der Parmesan sowieso standardgemäss im Kühlschrank lagert. Und ich suchte … und suchte … den Taleggio. Ein Standardprodukt. Stattdessen fand ich auf Augenhöhe zum Beispiel: «Mozzarisella», ein Vollkornreisprodukt, das auf Mozzarella macht. Ich fand «Genuss am Stück» aus Lupinen, ein Möchtegernkäse. Ich fand «The Classic Plant based», ebenfalls auf Lupinenbasis. Was mich wieder einmal verblüfft fragen lässt, warum alles Englisch sein muss. Aber gut. Zurück zum Käse. «Plant based – The Grated»; «Simply – der frisch geriebene vegane Pastagenuss» und vieles andere. Alles auf Augenhöhe platziert, wo, wie wir wissen, der ahnungslose Kunde zuerst hinschaut und dann hinlangt. Sogenannte Streck- und Bückware ist meist entweder günstiger oder je länger, je mehr von Gesundheitsexperten als bedenklich eingestuft.

Bestimmt die Nachfrage wirklich das Angebot?

Auf diese Weise hat sich in den letzten Jahren das Sortiment in den Läden heimlich verändert. Musste man früher für vegane Produkte ins Reformhaus gehen (unter Umständen einen langen Weg in Kauf nehmen), findet man sie heute zuhauf auch bei den günstigsten Grossverteilern. Dagegen ist nichts einzuwenden, verstehen Sie mich richtig. Was mich aber stört und ärgert: Als Nicht-Veganerin muss ich «meine» Produkte suchen. Falls sie überhaupt noch im Sortiment zu finden sind. Die Verkaufsfläche hat sich in den wenigsten Fällen vergrössert, der Platz für ein grösseres Angebot ist also beschränkt. Das Angebot bestimmt die Nachfrage, heisst es. Finde ich also vermehrt vegane Ersatzprodukte in den Regalen, will uns doch der Verkäufer zu einem bestimmten Produkt hinleiten. Oder ist es wirklich der Verkäufer? Haben unsere Gesundheitsexperten beim Bund nicht schon längst die Zügel in der Hand und bestimmen darüber, was für uns gut oder schlecht sei? Beugen sich unsere Grossverteiler diesem Druck? Auf jeden Fall, sonst sähe man nicht vermehrt den sogenannten Nutriscore auf den unterschiedlichsten Produkten.

Ausweichen kann der schlaue Konsument, indem er das Fachgeschäft aufsucht. In meinem Dorf, das mittlerweile über zwanzigtausend Einwohner zählt, gibt es leider keines – es rentierte schlicht nicht mehr. Auch der letzte Metzger musste schliessen. Dafür haben wir alle vier Grossverteiler und zwei Halalmetzgereien. Dabei schworen wir doch während Corona, dass wir jetzt aber ganz sicher unsere lokalen Produzenten berücksichtigen werden … Den Taleggio habe ich übrigens dann doch noch gefunden. Ganz unten.