Bei den Konsumentenpreisen besteht ein Druck nach oben. Gleichzeitig herrscht bei den Produzentenpreisen Druck nach unten, was den zunehmenden Unmut in der Landwirtschaft zu einem grossen Teil erklärt. Das bestätigen auch die eben publizierten Berechnungen des Preismonitors von Prof. Mathias Binswanger. Er leitet daraus ab: Die beiden Grossverteiler Migros und Coop dominieren den Schweizer Lebensmittelmarkt und besitzen erhebliche Marktmacht. Diese hat zur Folge, dass die Abnehmer sowohl bei konventionellen als auch bei Bioprodukten gegenüber den Bauern tiefe Preise durchdrücken können. Umgekehrt können die Grossverteiler bei einem Segment von zahlungskräftigen Kunden, die Hauptkonsumenten von Bioprodukten sind, hohe Preise im Supermarkt verlangen.

Bereits vor zwei Jahren vertraten Prof. Mathias Binswanger und Prof. em. Paul Richli in einer Publikation die Meinung, dass die erwähnten Detailhändler wohl mindestens über relative Marktmacht im Sinn des Kartellgesetzes verfügen und diese gegenüber den landwirtschaftlichen Produzenten mit erheblichen negativen Konsequenzen ausnützen.

Hochkonzentrierte Abnehmerseite macht eine Gegenmacht erforderlich

Faire Märkte Schweiz (FMS) reicht demnächst bei der Wettbewerbskommission (Weko) ein Begehren für eine Vorabklärung ein. Doch auch die Politik wird sich bald mit der Frage unausgewogener Marktmachtverhältnisse auseinandersetzen müssen. SVP-Nationalrat Hans Jörg Rüegsegger hat kürzlich eine Motion eingereicht: Der Bundesrat soll den Produzenten ermöglichen, gegenüber ihrer hochkonzentrierten Abnehmerseite eine «Gegenmacht» aufzubauen. In der EU ist dies bereits heute möglich.

Wir haben auf der FMS-Meldestelle auch Hinweise von Bauern zu Marktmacht in den vorgelagerten Stufen erhalten. Wir werden diesen Hinweisen nachgehen, genauso wie bei früheren Meldungen, bei denen wir mehrmals aufzeigen konnten, dass der Wettbewerb vielfach nur sehr unvollständig spielt. Unsere Schlussfolgerung: Die rote Linie zwischen hartem Verhandeln und Missbrauch von Marktmacht ist in vielen Bereichen überschritten.

Die Landwirtschaft bekommt den Preis diktiert

So bilden etwa die zwei grössten Mühlen in der Schweiz, Swissmill von Coop und die Groupe Minoteries, mit einem Marktanteil von 62 % faktisch ein Duopol. Dessen Auswirkungen sind im Brotgetreidemarkt besonders schädlich und kosten die Bauern jährlich bis zu 15 Mio Franken. Die Ungleichgewichte in den Agrarmärkten nehmen insgesamt stark zu und damit das vermutete missbräuchliche Verhalten marktmächtiger Unternehmen. Der Preismechanismus wird dadurch enorm eingeschränkt. Die Landwirtschaft bekommt den Preis diktiert.

Daher hat für FMS die Transparenz zur Aufdeckung von Missständen eine hohe Priorität. Ebenso kann mehr Kostenwahrheit auch nur mit transparenten Systemen erreicht werden. Fazit: Faire Märkte brauchen einen transparenten und funktionierenden Wettbewerb und eine gerechte Verteilung der Wertschöpfung. Bäuerinnen und Bauern können beim FMS-Fairness-Selstcheck ihre Situation betreffend Fairness in Vermarktung und Preisbildung anhand von wettbewerbsrechtlich relevanten Kriterien einschätzen.