Die Käselaibe im Gestell der Klimazelle sind erst ein paar Stunden alt. Ein Mitarbeiter wendet sie, einen nach dem anderen, damit der Milchzucker gleichmässig zu Milchsäure umgewandelt wird. Den sechs Kilogramm schweren Laiben ist auf der Seite der Name eingeprägt: Sternenberg. Die Käsesorte steht für die Ortschaft Sternenberg im Zürcher Oberland auf 870 m ü. M. Hier führen Urs und Bernadette Preisig seit 18 Jahren in zweiter Generation eine Käserei.
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Immer aus demselben Kupferchessi
Diese Tilsiter-Käserei hat Hans Preisig, der Vater von Urs Preisig, 1968 gekauft. Mitte der Neunziger, als die Liberalisierung des Käsemarktes kam, entwickelte Hans Preisig in Ergänzung zum Tilsiter eine Eigenkreation, den Sternenberger. «Meinem Vater ist ein Käse gelungen, der weder mild noch rezent ist und viele Leute anspricht», sagt Urs Preisig. Eine der Vorzüge des Sternenbergers sei zudem, dass er sich leicht schmelzen lässt und daher auch zu Gerichten wie Cordon bleu passt. «Ausserdem wird er nur bei uns produziert, wie alle unsere Spezialitäten. Somit haben wir immer dieselbe Qualität», so Preisig.
Dies nicht zuletzt deswegen, weil er immer im selben Kupferchessi hergestellt werde. Auch auf die Kundschaft sei seit Jahren Verlass. Den Halbhartkäse aus Rohmilch gibt es mild mit einer Reifedauer von zwei bis drei Monaten sowie rezent mit einer Reife von vier bis sechs Monaten. Seit einiger Zeit stehen auch eine Viertelfettvariante sowie ein Mutschli im Angebot.
Film machte Dorf berühmt
Zum Aushängeschild des Familienbetriebs kamen mit den Jahren weitere Eigenkreationen dazu. Beispielsweise ein cremiger Brie, sieben verschiedene Sorten Raclette sowie der «Heisse Knaller», ein gewürzter Weichkäse mit Sesam zum Backen, Braten und Grillieren. «Allgemein ist die Sortenauswahl hierzulande viel breiter geworden», stellt Urs Preisig fest. Die Kundschaft halte sich nicht nur an die traditionellen Käsesorten, sondern sei zunehmend auch an Spezialitäten interessiert. «Zudem ist ein Trend zur Regionalität feststellbar.» Beim Sternenberger kommt dazu, dass er vom Dorfnamen profitiert. Sternenberg erlangte durch den gleichnamigen Film, der vor rund 20 Jahren in die Schweizer Kinos kam, Berühmtheit.
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Wie schon sein Vater probiert Urs Preisig gerne Neues aus. Zum Beispiel hat er in eine Rauchkammer investiert, in welcher er verschiedene Arten von Rauchkäse herstellt, zum Beispiel geräucherten Raclette oder neu auch Rahmkäse und Rauchwurst (auch eine Käsesorte).
Feine Nuancen sind entscheidend
«Nicht alles, was man austüftelt, ist von Erfolg gekrönt», räumt Urs Preisig ein. Die Neukreationen würden zunächst im eigenen Käseladen angeboten. Manchmal sei man überrascht, was bei der Kundschaft gut ankommt und was dagegen weniger. «Geschmack ist halt etwas Individuelles», meint er lachend. Grundsätzlich besteht Käse aus Milch, Wasser, Lab sowie Bakterienkulturen. «Doch bei der Käseherstellung spielen feine Nuancen ein grosse Rolle, etwa bei der Temperatur oder der Wahl der Bakterien», sagt Preisig. Seine Begeisterung für das Handwerk ist spürbar.
Die Käserei in Sternenberg ist sieben Tage in der Woche in Betrieb. Morgens jeweils holt ein Mitarbeiter die frische, silofreie Milch bei den 18 Lieferanten und Lieferantinnen im hügelreichen Tösstal ab.
«Eine Besonderheit ist, dass unsere Käserei nicht genossenschaftlich organisiert, sondern privat ist», so der Inhaber. Zu jedem Lieferanten besteht eine partnerschaftliche Geschäftsbeziehung mit einem einzelnen Milchkaufvertrag.
Treue Stammkundschaft seit Jahren
«Eine Herausforderung sind die saisonalen Schwankungen der Milchmenge», stellt Urs Preisig fest. Im Frühling ist das Angebot am grössten. Damit die Bauern motiviert sind, während des übrigen Jahres mehr Milch zu liefern, sind die Preise saisonal gestaffelt. So gibt es – bei gleichbleibendem Grundpreis – im Sommer und im Herbst einen Bonus, während des Frühlings und Winters dagegen muss mit einem Malus gerechnet werden. Preislich stünden die Milchproduzenten wie auch der Käser unter demselben Druck, stellt Preisig fest. Liefern die Bauern mehr Milch, als für die Produktion nötig ist, wird sie an andere Käsereien oder an die milchverarbeitende Industrie weiterverkauft.
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Käse stellen Preisigs jeweils nur so viel her, wie sie auch verkaufen können. Aus rund 3,5 Mio Kilogramm Milch produzieren sie jährlich um die 300 Tonnen Käse. Davon sind etwa zwei Drittel Spezialitäten, darunter auch der Sternenberger. Knapp ein Drittel entfällt auf den Tilsiter.
Zu den Kunden zählen Grossverteiler wie Migros, Volg, Emmi sowie der Detailhandel, Gastronomie und Privatkunden. Im Käseladen in Sternenberg können Preisigs auf langjährige Stammkund(innen) zählen. Diese verbinden den Besuch beispielsweise mit einem Ausflug aufs Hörnli, den Sternenberger Hausberg.
Ein Roboter ist für die Käsepflege zuständig
Vor 17 Jahren liessen Bernadette und Urs Preisig im nahen Bauma, das verkehrsgünstig in der Talsohle liegt, ein Käselager und später eine Verpackerei bauen. Hierhin werden die Laibe zum Reifen gebracht. Für die Käsepflege ist seither ein Roboter zuständig. «Eine grosse Erleichterung», meint Urs Preisig. Insgesamt bietet das Lager Platz für 100 Tonnen Käse. In der Verpackung werden die Laibe je nach Kundenwunsch portioniert, vakuumiert und etikettiert. «Bei den zahlreichen Artikelvarianten ist es wichtig, die Übersicht zu behalten», hält Bernadette Preisig fest. Dazu kommen weitere Produkte wie Joghurt und Butter, welche ebenfalls in Sternenberg hergestellt werden. Insgesamt beschäftigen Preisigs 20 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Voll- oder Teilzeitpensen.
Es braucht einen Vorwärtsdrang
Mit den Jahren sind sowohl Nachfrage wie auch die Menge der gelieferten Milch gestiegen. In dieser Zeit sind einige andere Käsereien eingegangen, auch bei den Milchbauern gab es einen Wandel. Einige hörten auf zu melken, andere stiegen auf Industriemilch um und es entstanden grössere Betriebe.
Die Liberalisierung des Milchmarkts habe er anfänglich als Stress erlebt, sagt Urs Preisig. So habe das Risiko zugenommen. Doch sei es auch interessanter geworden, er sei mehr zum Unternehmer geworden. «Man muss sich laufend mit neuen Produkten an den Markt anpassen», sagt der Käsermeister. «Dieser Prozess ist nie fertig, es braucht einen Vorwärtsdrang und geht immer weiter.»
Weitere Informationen: www.kaeserei-preisig.ch
In Zahlen:
3,5 Mio. kg Milch verarbeitet die Käserei Preisig pro Jahr.
300 Tonnen Käse stellt sie jährlich her.
100 Tonnen beträgt die Lagerkapazität.
20 Mitarbeiter(innen) packen mit an.
18 Produzent(innen) liefern silofreie Milch.
6 kg wiegt ein Laib Sternenberger.
So ein Käse!
Die BauernZeitung besucht für die diesjährige Sommerserie fünf Käsereien in der Region Ostschweiz/Zürich und stellt deren Spezialitäten vor. Zum Beispiel die Käserei Preisig aus Sternenberg ZH mit ihrem Sternenberger, einem Halbhartkäse.