Zwischen Kollbrunn und Waltenstein, etwas abseits der stark befahrenen Hauptverkehrsader durch das Tösstal, liegt zur Gemeinde Schlatt gehörend das ruhige Heitertal. Hier ist die gleichnamige Mühle zu finden, deren Geschichte bis ins Spätmittelalter zurückreicht.

Kleiner Familienbetrieb mit Tradition

Seit 1916 ist die Mühle Heitertal im Besitz der Familie Kunz, die heutigen Betreiberinnen sind ein Mutter-Tochter-Gespann: Rosmarie Kunz-Fahrner und Therese Kunz. Während die Mutter das Büro unter sich hat, ist die Tochter für den Mühlenbetrieb zuständig. Ebenfalls zum Team gehören ein Teilzeitmitarbeiter, der an vier Halbtagen pro Woche im Einsatz ist sowie eine Mitarbeiterin, die beim Verpacken von Mehl mithilft.

Die Mühle der Familie Kunz ist ein Nischenbetrieb und hat sich auf das Röllen von Dinkel spezialisiert: Während bei Weizen das Korn durch das Dreschen von der Spelze gelöst wird, braucht es beim Dinkel einen weiteren Arbeitsgang: «Beim Röllen werden die Dinkelkörner zwischen Steinen gerollt, wodurch sich die Spelze auf schonende Weise von den Körnern lösen», erklärt Therese Kunz, die auch im Vorstand der IG Dinkel tätig ist. Anschliessend erfolgt in mehreren Prozeduren das Trennen des Getreides von den verbliebenen Hülsen und Steinen. 400 Kilo Dinkel können im Heitertal pro Stunde verarbeitet werden.

Der Röllbetrieb läuft ganzjährig, wobei die Hochsaison von Mitte Juli bis Mitte Dezember dauert. «In dieser Zeit sind Siebentagewochen keine Seltenheit», stellt Kunz fest. Jährlich nimmt sie 400–500 Tonnen Vertragsdinkel für das Röllen entgegen. Diese Aufgabe macht rund 80 Prozent des Betriebs aus.

Sechs separate Siloabteile sorgen dafür, dass der Urdinkel nach Label streng getrennt bleibt. So gibt es etwa eine eigene IP-Suisse-Qualität speziell für die Herkunft aus den Kantonen Zürich und Thurgau. Zur Weiterverarbeitung wird der im Heitertal geröllte Dinkel an grössere Mühlen geschickt. Auch die Spreu wird abgeholt, um sie anderweitig beispielsweise zur Herstellung von Beschäftigungswürfeln für Mastschweine zu verwerten.

Antrieb über Transmissionsriemen 

«Ein Grossteil der Maschinen stammt aus den Vierzigerjahren des letzten Jahrhunderts», erzählt Therese Kunz, die sich flink zwischen den Etagen von Raum zu Raum bewegt, um die verschiedenen Geräte zu bedienen. «Während des Zweiten Weltkriegs gab es einen Aufschwung, weil die Mehlnachfrage angestiegen war». Während moderne Mühlen hauptsächlich mit hydraulischer Kraftübertragung ausgerüstet sind, trifft man im Heitertal noch den Transmissionsantrieb mithilfe von Lederriemen an.

«Geht etwas kaputt, kann ich es meistens selber richten», sagt die Müllerin, die Anfang der Neunzigerjahre nach einem Unfall ihres Vaters in den Familienbetrieb eingestiegen ist. Gibt es jedoch Probleme im Bereich Strom, holt die gelernte Gärtnerin einen Elektriker. Angetrieben wird die Mühle heute zu drei Vierteln mit Elektrizität und zu einem Viertel mit Wasserkraft. «Wenn jedoch der Mühlenweiher leer ist, zeigt sich, dass der Betrieb schneller an seine Grenzen kommt, wenn gleichzeitig mehrere Maschinen am Laufen sind», so Kunz.

Auch kleine Mehlmengen werden gemahlen

Ein weiterer Betriebszweig ist die Kundenmüllerei: Bauern bringen ihr Getreide ins Heitertal, um es mahlen zu lassen und anschliessend wieder abzuholen. Darunter sind auch Spezialmischungen wie beispielsweise eine Lieferung aus Dinkel, Emmer und Einkorn, die ein Landwirt in dieser Kombination angebaut hat, um das Mehl daraus an Bäckereien zu verkaufen.

Nebst grösseren Aufträgen erhält Therese Kunz auch immer wieder Anfragen für einige wenige Getreidesäcke. Die Mindestmenge für Kundenaufträge liegt bei 100 Kilogramm. «Die Verarbeitung selbst ist zwar eine schnelle Sache, doch der Aufwand für das Einrichten der Maschinen fällt bei Kleinmengen besonders ins Gewicht», meint Kunz. Jährlich stellt sie 60 bis 70 Tonnen Mehl verschiedener Sorten her. Einen Teil davon verkauft sie im eigenen «Mülilade».

Mit grossen Mühlen kann man es im Heitertal nicht aufnehmen, so gibt es hier zum Beispiel keine Einrichtung für die Trocknung, die bei Getreide wie Weizen grundsätzlich notwendig ist.

Auf die Frage, was ihre Lieblingstätigkeit als Müllerin ist, will sich Kunz nicht festlegen. Sie mag es, wie sie sagt, wenn die Mühle in Betrieb ist und alles rund läuft.

 

Öffnungszeiten «Mülilade»:
Montag bis Freitag, 8.30–12 Uhr, 13.30–18 Uhr. Samstag, 8.30–12 Uhr.

Weitere Informationen: www.muehleheitertal.ch