Seit eineinhalb Jahren ist Peter Rüegg Geschäftsführer der Sortenorganisation Tilsiter. In dieser Zeit hat sich einiges verändert. Sichtbar wurde dies etwa an der Olma. Seit Jahren nutzte die Sortenorganisation die grösste Publikumsmesse der Ostschweiz dazu, den Meister-Tilsiter zu küren. Dieses Jahr wurde darauf verzichtet. «Wir haben bereits einen ‹Swiss Cheese Award›-Gewinner. Da braucht es keinen zusätzlichen Meister-Tilsiter mehr», begründet Rüegg diesen Entscheid.


Dazu komme, dass der Meister-Tilsiter nur unter den roten Rohmilch-Tilsitern gekürt wurde. Der milde grüne Tilsiter und der gelbe Biorahm-Tilsiter würden bei dieser Wahl keine Beachtung finden.


Das ganze Sortiment schmackhaft machen


Deshalb stand der diesjährige Olma-Auftritt – das galt auch für die übrigen Publikumsauftritte – unter dem Motto «Welches ist dein Lieblings-Tilsiter». Am grossen Degustationsstand sollte dem Publikum das gesamte Tilsiter-Sortiment schmackhaft gemacht werden. Die Reaktionen des Publikums waren positiv. So beteiligten sich rund 18'000 Olma-Besucher am Wettbewerb und 15'000 Tilsiter-Mützen konnten verschenkt werden. Ausserdem nutzten rund 5500 Olma-Besucher die Möglichkeit, am Tilsiter-Stand ein Instagram-Erinnerungsfoto zu schiessen.


«Bei Preisgestaltung gibt es Spielraum nach oben»


Wie Peter Rüegg ausführt, fiel  nach langen Diskussionen der Entscheid, den Tilsiter als volksnahen Käse zu positionieren, der kein Geheimnis und kein Geheimrezept zu verstecken hat. Fallen gelassen hat man die Idee, werbe- und imagemässig ein sogenanntes Tilsiter-Land zu schaffen, das dem Verbreitungsgebiet der Tilsiter-Käsereien in der Ostschweiz entspricht.

Stattdessen will die Sortenorganisation den Tilsiter als Schweizer Markenkäse profilieren und mit bewährten Schweizer Werten in Verbindung bringen. Und weil der Tilsiter ein Markenprodukt ist und als solches wahrgenommen werden soll, gibt es laut Peter Rüegg bei der Preisgestaltung «Spielraum nach oben».

Der Geschäftsführer ist überzeugt davon, dass die Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz bereit sind, für ein Qualitätsprodukt einen entsprechenden Preis zu bezahlen.

Zumindest beim roten Tilsiter hat diese Strategie funktioniert. Für Käse, der ab dem Produktionsdatum 1. Januar 2014 produziert wurde, zahlen die Konsumentinnen und Konsumenten 1,50 Franken mehr pro Kilo als noch vor einem Jahr. «Diese Erhöhung konnte im Handel durchgesetzt werden, ohne einen Rückgang beim Absatz hinnehmen zu müssen», sagt Rüegg.


Handel, Käser und Produzenten profitieren



Von der Preiserhöhung beim roten Tilsiter profitieren Handel, Käser wie auch die Milchproduzenten. Der Preis ab Käsehandel konnte um 80 Rappen pro Kilogramm angehoben werden. Und das Preisband für die Milchlieferanten hat sich von einer Spanne von 69 bis 71 Rappen auf eine solche von 71 bis 75 Rappen erhöht. Rüegg betont aber, dass die Milchpreisempfehlungen der Sortenorganisation rechtlich nicht bindend sind.


Mit Blick auf die Produktion spricht Peter Rüegg von einem positiven Jahr. Er geht davon aus, dass vom roten Tilsiter 1450 Tonnen produziert und abgesetzt werden, was im Vergleich zum Vorjahr einem Plus von 4 Prozent entspricht. Der Schweizer Detailhandel verzeichnet sogar ein Plus von gut 7 Prozent.


Beim grünen Tilsiter ist die Produktions- und Absatzmenge mit 1450 Tonnen auf dem Niveau des Vorjahres. Rückläufig sind hingegen die Produktionszahlen beim gelben Tilsiter, was bei dieser Spezialität mengenmässig allerdings nicht sehr ins Gewicht fällt. Rüegg führt dies unter anderem darauf zurück, dass der Gelbe im letzten Jahr noch viel zu stark über Aktionen abgesetzt wurde. Deshalb fehle es ihm an Bekanntheit. Zudem fehle der Sortenorganisation das Geld für solche Marktstützungen im grossen Stil. Mit der neuen Kampagne soll auch der gelbe Rahm-Tilsiter wieder an Markenstärke gewinnen. Auch die Exporte ins Ausland liegen im Moment 16 Prozent unter dem Vorjahr.

Dank den Gewinnen im Schweizer Detailhandel werden über alle Tilsiter-Sorten die Produktions- und Absatzmengen bis Ende Jahr etwa auf Vorjahresniveau liegen. Für Rüegg ist 2014 deshalb ein positives Jahr für Tilsiter. Für den Fall, dass der Absatz in der Schweiz gehalten oder leicht gesteigert und der Exportanteil wieder erhöht werden kann, sieht Rüegg eine positive Zukunft für die Tilsiter-Käsereien und deren Lieferanten.

«Swizzrocker» 
soll in Deutschland abräumen



42 Prozent der Gruyère-Produktion wird ins Ausland exportiert. Beim Emmentaler sind es gar 73 Prozent. Da nimmt sich der Exportanteil von 10 Prozent bei Tilsiter mehr als bescheiden aus. Das soll sich aber ändern: Mit der neuen Käsemarke Swizzrocker will Tilsiter ab Februar 2015 in Deutschland, dem wichtigsten Exportland, mehr Käse absetzen. Beim «Swizzrocker» handelt es sich um einen «verkleideten» roten Rohmilch-Tilsiter in Surchoix-Qualität. Der in Deutschland aktuell vermarktete Alpen-Tilsiter wird weiterhin im Angebot bleiben.


Beim Swizzrocker bildet der gehörnte Kuhkopf mit Schweizer Kreuz ein wichtiges Marken-Kernelement. Der Markenname Tilsiter fällt aber weg. Rüegg begründet diesen Verzicht damit, dass es sich bei dem in Deutschland hergestellten Tilsiter um ein Industrieprodukt handelt, dass zu deutlich tieferen Preisen verkauft wird als der Schweizer Tilsiter. Dieser geht in Deutschland in einer Preisspanne von 20 bis 25 Euro über den Ladentisch. Auch qualitativ unterscheidet sich der deutsche Tilsiter ganz wesentlich vom Schweizer Tilsiter. «Vermutlich hat dies beim deutschen Konsumenten laufend zu Irritationen geführt, was einen durchschlagenden Erfolg vom Alpen-Tilsiter verhindert hat», sagt Rüegg.


Preisdifferenz zu europäischen Marken wird grösser



In Zusammenarbeit mit Switzerland Cheese Marketing Deutschland wurde nun ein neues Marketing-Konzept ausgearbeitet, das für forschere Werte steht als dies bei der Tilsiter-Werbung in der Schweiz der Fall ist. Der Begriff «Swizzrocker» ist als Wortmarke in Deutschland und in der Schweiz hinterlegt. Abgesetzt werden soll der Swizzrocker in bedienten Käsetheken im deutschen Lebensmittel-Einzelhandel. 10 00 von 15 00 bedienten Käsetheken sind für die Produktlancierung im Februar 2015 mit dabei. Eine Startbasis, die Rüegg sehr positiv stimmt.


Angesprochen auf die Aufhebung der Milchquote in der EU, zuckt Rüegg nur die Schultern. «Mal schauen, was passiert», meint er. Im Moment würden alle Akteure im deutschen Käsehandel sehr gutes Geld mit Schweizer Käse verdienen. Die Preisdifferenz zu lokalen europäischen Käseprodukten werde nun noch grösser. Entscheidend sei aber die Frage, welche Preise die Kunden für eine qualitativ hochstehende Spezialität zu zahlen bereit sind, stellt Rüegg fest.

Christian Weber