Kaum ein Lebensmittel ist so vielfältig wie Milch. Doch heute genügt es nicht mehr, allein die gute Qualität von Schweizer Milch auszuloben. Der Konsument will einen Mehrwert sehen, nur dann ist er auch bereit, einen höheren Preis für Schweizer Milchprodukte zu bezahlen. Vor diesem Hintergrund sind in den letzten Jahren neue Milchlabels auf den Markt gekommen, die eine nachhaltige Milchproduktion und faire Milchpreise für die Bauern versprechen. Jüngste Beispiele sind die «Swiss Family Milk» der Züger Frischkäse AG und der Molkerei Forster AG (siehe Kasten), das neue Label «Fair» (wir berichteten) sowie die «Nachhaltige Milch» von Elsa (wir berichteten).
PMO setzt auf Freiwilligkeit
An vier Informationsveranstaltungen wurde die Mehrwertstrategie von Züger und Forster den Produzenten vorgestellt. Mit einem Bonussystem sollen Mehrleistungen in den Bereichen regionale Produktion, Tierwohl, Antibiotikareduktion, Ressourceneffizienz und die Verwendung betriebseigener Futtermittel gezielt gefördert werden. «Das System beruht auf Freiwilligkeit», betont Godi Siegfried, Präsident der PMO Züger/Forster. «Und das ist der grosse Unterschied zu den anderen nachhaltigen Milchlabels. Wir schaffen ein Anreizsystem und stellen keine Verbote auf.»
Die Produzenten haben die Möglichkeit, einen Fragebogen zu ihrem Betrieb auszufüllen. In diesem Katalog sind 58 Massnahmen aufgeführt (u. a. zu Tierhaltung, Fütterung, Ressourceneffizienz). Jede Massnahme gibt zwischen einem und drei Punkten. Pro Punkt zahlen Züger und Forster eine Prämie von 0,05 Rappen pro Kilo Milch (maximal sechs Prozent).
Siegfried glaubt: «Die Mehrheit unserer Betriebe kommt, so wie sie heute geführt werden, gut auf 30 bis 40 Punkte.»
Punkte für Stallbesuch
Neben den produktionstechnischen Massnahmen gibt es Punkte für kommunikative Aspekte, zum Beispiel für Bauernhöfe, die ihre Ställe für Besucher öffnen oder ihren Kühen Namen geben. Die beiden Verarbeitungsunternehmen sind überzeugt, dass mit dieser Transparenz der Mehrnutzen der Milch auch für den Konsumenten sichtbar wird. Ab kommendem März soll den Bauern der Bonus ausbezahlt werden. Die Kommunikation zum Endverbraucher erfolgt nach den Sommerferien, wenn die Auswertungen der deklarierten Leistungen aller Betriebe erfolgt sind und die Leistungen in einfachen Kommunikationsmerkmalen zusammengefasst worden sind.
«Fair» kommt gut an
Eine «faire Milch» kann man seit letztem Dezember auch im Zürcher Bezirk Affoltern (Säuliamt) kaufen. «Di fair Milch» geht auf die Initiative von 43 Milchbauern zurück, welche die Genossenschaft «Di fair Milch Säuliamt» gegründet und eine gleichnamige Pastmilch lanciert haben. Die Milch hat ein regional klar begrenztes Absatzgebiet: Sie steht in den Verkaufsregalen von zwölf Volgläden und weiteren unabhängigen Lebensmittelgeschäften in der Region.
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Erhältlich ist sie auch bei vier Betrieben mit Direktverkauf ab Hof. «Das Interesse bei weiteren Detailhändlern ist gross», sagt Martin Haab, «Di fair Milch»-Produzent und Präsident von BIG-M. Auch mit den bisherigen Verkaufszahlen ist man im Säuliamt zufrieden. Sie liegen 50 Prozent über den budgetierten Mengen. «Di fair Milch Säuliamt» garantiere den Produzenten einen kostendeckenden Milchpreis, versichert Haab. Die Produzenten erhalten zusätzlich zum normalen Auszahlungspreis einen Bonus von 25 Rappen pro Liter vermarktete Milch.
Bei Emmi (noch) kein Thema
Still ist es bis jetzt um Emmi geblieben. In Luzern ist aktuell kein Label für nachhaltige Milch geplant. «Das bedeutet jedoch nicht, dass ein solches Label ausgeschlossen ist», teilt Emmi-Mediensprecherin Sibylle Umiker auf Anfrage mit. Im Fokus stehe die strategische Verankerung von Nachhaltigkeit im ganzen Unternehmen. «Emmi strebt an, ein umfassend nachhaltiges Unternehmen zu sein und nicht nur ausgewählte Produkte mit Nachhaltigkeitslabels zu produzieren», sagt Umiker. Bei der ganzen Diskussion um die Ökologie und Ökonomie geht der soziale Aspekt fast ein bisschen unter.
Eine Umfrage bei den oben erwähnten Labelinhabern ergab, dass in den Richtlinien nichts dazu festgehalten ist. Die Antworten gehen aber alle in dieselbe Richtung: Man setze sich für ein fair bezahltes Naturprodukt ein, das sowohl dem Produzenten als auch dem Konsumenten einen Mehrwert bringe. Einzig die Unternehmen Züger Frischkäse AG und Molkerei Forster AG haben in ihrem Programm zur «Swiss Family Milk» Ziele im Bereich «Soziales» definiert. So gibt es Punkte für jährliche Weiterbildungen des Betriebsleiters, Ausbildung von Lehrlingen oder Schule auf dem Bauernhof – natürlich alles auf freiwilliger Basis.
Stefanie Giger
Artikel aus der Printausgabe
Dieser Artikel stammt aus der Printausgabe der BauernZeitung vom 16. Februar 2018. Dort finden Sie auch einen tabellarischen Überblick über alle Milchlabel. Lernen Sie die BauernZeitung jetzt 4 Wochen kostenlos kennen und gewinnen Sie einen Reisegutschein im Wert von 3000 Franken