Florian Gasser in einem Salatfeld. Er befürchtet, dass er bei einer Annahme der Initiativen die gewünschte Produktqualität nicht mehr gewährleisten könnte. (Bilder Stefanie Giger)Pflanzenschutz-InitiativenPflanzenschutz-Initiativen: «Es geht um Existenzen»Freitag, 14. Mai 2021 Im letzten Frühjahr warb Florian Gasser an einem Medienanlass auf dem Betrieb seiner Eltern Erika und Walter für ein Nein zu den Pflanzenschutz-Initiativen. «Bei dieser Abstimmung ging es um meine Zukunft, um meine Existenz», antwortet der 26-Jährige auf die Frage, weshalb er und nicht die Eltern den Medien Rede und Antwort standen. Seit dem 1. Januar ist Florian Gasser nun der Chef auf dem Böschenhof in Au im St. Galler Rheintal. 

Es musste ein handwerklicher Beruf sein   

«Als es um die Berufswahl ging, habe ich verschiedene Sachen angeschaut», erzählt Florian Gasser am Tisch im Aufenthaltsraum. Dass es etwas Handwerkliches sein muss, war für ihn immer klar. Er schaute die Berufe Zimmermann, Landschaftsgärtner und Metallbauer an. Seine Wahl fiel schliesslich auf Gemüsegärtner. 

«Die Vielfalt hat mich überzeugt. Kein Tag ist wie der andere, und täglich kommen wieder neue Herausforderungen auf einen zu, die es zu bewältigen gilt.»

Florian Gasser zu seiner Berufswahl

Während der Lehre habe er gemerkt, dass dies der richtige Entscheid ist. Während dieser Zeit reifte der Gedanke, den elterlichen Betrieb irgendwann zu übernehmen.

Nach der Lehre arbeitete er in Oberriet bei der Feldhof Gemüse AG. Es habe ihn gereizt, auf einem etwas grösseren Betrieb zu arbeiten und die Abläufe kennenzulernen. «Während fünfeinhalb sehr lehrreichen und interessanten Jahren in Oberriet durfte ich schnell viel Verantwortung übernehmen – trotz meines jungen Alters.» Während dieser Zeit im Feldhof absolvierte Gasser noch den Militärdienst.

Vom Treuhänder beraten

Ab April 2020 arbeitete er als Festangestellter auf dem elterlichen Betrieb. «Wir hatten die Übergabe frühzeitig geplant und mit unserem Treuhänder aufgegleist», sagt Florian Gasser. Der Treuhänder kenne den Betrieb sehr gut, begleite jedes Jahr zwei bis drei Betriebsübergaben. Darum hätten er und seine Eltern auch keinen Kurs zu Generationenwechsel oder Ähnlichem besucht. «Ich kann nicht sagen, wir hätten etwas anders machen müssen.»

Gasser hat drei Geschwister. Sie alle sind in Branchen ausserhalb der Landwirtschaft tätig. «Ich habe bei der Berufswahl keinen ‹Druck› von Seiten der Familie verspürt. Darüber haben wir eigentlich nie gross gesprochen», hält er fest. In den ersten Wochen der Lehre habe er gemerkt, dass dies wirklich der richtige Beruf für ihn sei. Das Interesse wurde immer grösser und er konnte sein erlerntes Wissen auch zu Hause einbringen.

«Seit da war irgendwie allen klar, dass ich den Hof in ferner Zukunft weiterführen werde.» Bei der Hofübergabe im Winter habe er doch gespürt, dass sich die Eltern und auch die Verwandtschaft über diesen definitiven Schritt freuten.

Das sagt Vater Walter Gasser

«Die Betriebsübergabe an Florian verlief Hand in Hand und völlig unspektakulär», sagt Vater Walter Gasser. Enttäuscht ist er vom St. Galler Landwirtschaftsamt: «Wir hatten das Gesuch für die Starthilfe im Sommer 2021 eingereicht. Das Geld wurde erst im April dieses Jahres ausbezahlt.»
Er und seine Frau arbeiten weiterhin voll auf dem Betrieb mit – dort, wo sie gerade gebraucht werden. «Ich bin für den Pflanzenschutz verantwortlich. Es ist einfacher und praktischer, wenn hier eine Person und nicht mehrere den Lead haben.» Auch die Aufzeichnungen für ÖLN und IP-Suisse macht im Moment noch der Senior-Chef. «Wer dann bei der Kontrolle dabei ist, schauen wir, wenn es so weit ist.»
Dass Florian den Betrieb übernommen hat, sei für ihn und seine Frau eine Erleichterung, so Walter Gasser. «Es ist schön, dass wir die Verantwortung abgeben konnten und uns nicht mehr mit jedem Kunden und Lieferanten rumschlagen müssen.» 

In neue Rolle reinwachsen

«Der Übergang ist gut gelungen», resümiert Florian Gasser nach den ersten sieben Monaten. «Der Betrieb läuft und es sind alle Mitarbeiter geblieben.» In die Buchhaltung müsse er sich immer noch einarbeiten, hier sei vieles neu für ihn. Bei sehr vielen Sachen tauschen er und seine Eltern sich aus.

«Am Morgen früh vor Arbeitsbeginn, beim Kaffee um neun Uhr oder beim Mittagessen sprechen wir auch mit den Mitarbeitern über das Tagesgeschäft, zu erledigende Arbeiten oder Produktionstechnik», fährt er fort. Bei etwas komplexeren Sachen wie Buchhaltung, Rechnungswesen oder Personalsachen hole er die Ratschläge vom Vater gerne im Büro, «damit ich ungestört arbeiten kann». Grundlegend etwas an den betrieblichen Abläufen verändert hat er seit dem 1. Januar nicht.

«Man soll nicht gleich von Anfang an alles umkrempeln. Das erste Jahr möchte ich zuerst einmal in meine neue Aufgabe reinwachsen.»

Florian Gasser zur Betriebsführung

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Auf Erdbeeren und Gemüse spezialisiert

Der Böschenhof ist seit drei Generationen ein reiner Pflanzenbaubetrieb. Über die Region hinaus bekannt ist Familie Gasser für ihre Erdbeeren. Florian Gassers Grossvater pflanzte 1972 die ersten Erdbeeren. Heute werden auf 2,4 ha Erdbeeren auf Dämmen unter Regendächern angebaut. Während etwa sechs Wochen der Erdbeersaison wird der Hofladen sieben Tage die Woche von 8 bis 19 Uhr bedient.

Dort werden nebst den Erdbeeren verarbeitete Produkte wie Konfitüre, eigene Erdbeerglace oder saisonales eigenes Gemüse verkauft. Bei Letzterem ist die Palette gross. Auf 20 ha wachsen verschiedene Salate, Karotten, Randen, Spinat, Blumenkohl, Zucchetti, Kürbisse und gelbe Räben als Freilandgemüse oder unter Folientunnels. Hinzu kommen Ackerkulturen wie Ribelmais, Polentamais, Getreide und Soja.

Betriebsspiegel Böschenhof

Betriebsleiter: Florian Gasser
Ort: Au SG
LN: 55 ha
Kulturen: Erdbeeren, verschiedene Gemüse- und Ackerkulturen
Mitarbeiter: 4 Festangestellte und 1 Saisonnier

Während der Erdbeersaison beschäftigt Florian Gasser bis zu 80 Personen. Zwischen März und November arbeiten auf dem Betrieb fünf Personen in einem 100-Prozent Pensum. Der Grossteil der geleisteten Arbeitsstunden erledige der Betrieb mit Mitarbeiter(innen) auf Abruf, angestellt auf Stundenbasis, führt der Chef aus. Auch seine Freundin Melanie Maurer arbeitet – neben ihrem Job auf einem anderen Gemüsebetrieb – während eineinhalb Tagen pro Woche auf dem Böschenhof.

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Tierhaltung kommt nicht infrage

Konkrete Projekte für die zukünftige Ausrichtung des Betriebs habe er zum jetzigen Zeitpunkt nicht, sagt Florian Gasser. Eines ist jedoch sicher: In die Tierhaltung wird er nicht einsteigen. Zwar gibt es auf dem Betrieb einen Schweinestall, der auch als solcher genutzt wird. Dieser ist jedoch seit Jahren verpachtet. Der momentane Pächter plant, selbst einen neuen Stall zu bauen. «Sobald dieser steht, wird mein Stall eingehen und nicht weiter als Schweinestall genutzt», erklärt Gasser.

«Ich spiele mit dem Gedanken, an dieser Stelle ein Gewächshaus zu bauen, aber das ist wirklich Zukunftsmusik.»

Florian Gasser zu seinen Zukunftsplänen

Und welches war sein bisher schönstes Erlebnis als Betriebsleiter? Der 26-Jährige überlegt lange. Dann sagt er: «Die Rückmeldung der Kunden, dass wir die besten Erdbeeren im Rheintal haben, ist für mich ein schönes Lob und Motivation, so weiterzumachen.»

Sommerserie 2022
Im Regionalteil Ostschweiz und Zürich der BauernZeitung stellen wir in der diesjährigen Sommerserie die Jungen in den Fokus. Wir besuchen fünf Landwirte, die auf den 1. Januar 2022 einen Betrieb übernommen haben. Bereits erschienen:
Oliver Vogt aus Güttingen TG, BauernZeitung vom 22.07.22