Bei diesen Weihern ist von Weitem kaum Wasser zu sehen. Nur die Schilfbestände auf dem sumpfigen Land lassen etwas davon erahnen. Von der Existenz des Gewässers zeugt jedoch das laute Quaken der Frösche. Und zwischendurch schwirrt, eine nervöse Flugbahn verfolgend, die Gemeine Becherjungfer daher, eine hierzulande weit verbreitete Libellenart. Seit kurzem gehören zudem drei Turopolje-Schweine zur Szenerie.

Mit Schilf überwachsen

Früher einmal waren die Teiche auf dem Breitehof oberhalb von Uetikon am See grösser: «Meine Mutter erzählte, als Kind sei sie hier im Winter Schlittschuh gelaufen», erinnert sich Martin Schnorf, auf dessen Land sich die Kleingewässer befinden. Mit der Zeit jedoch verlandeten sie zunehmend. Bis sich vor gut 10 Jahren das Naturnetz-Pfannenstiel (NNP) der Sache annahm. Die Organisation, die von der öffentlichen Hand beauftragt ist, liess 2011 die für die Gegend typischen Teiche ausbaggern, um Amphibien, Libellen und anderen Insekten sowie Wasserpflanzen den Lebensraum zurückzugeben. 

«Doch bei kleinen Pionierteichen wie diesen ist es ganz natürlich, dass sie mit der Zeit von Schilf und Rotkolben überwachsen werden», stellte Christian Wiskemann, Fachberater beim NNP, kürzlich an einer Medienorientierung vor Ort fest. Die Samen von Schilf und Rotkolben flögen weit, der nächste Schilfbestand sei nur ein paar hundert Meter weit weg. Zudem würden die Teiche zeitweise auch von Enten besucht, die ebenfalls zur Verbreitung von Pflanzen- und Tierarten beitragen. «Um der Verlandung entgegenzuwirken, muss die Vegetation alle vier bis fünf Jahren entfernt werden. Üblicherweise setzt man dazu einen Bagger ein», so der Botaniker. «Dies ist jedoch sehr aufwendig und nicht naturnah». Häufig würden zudem die schweren Maschinen die umliegenden, meist extensiv bewirtschafteten Wiesen beeinträchtigen.

Christian Wiskemann machte nun den Vorschlag, stattdessen Turopolje-Schweine einzusetzen, welche die Vegetation rund um die Weiher beweiden sollen. Ein entsprechendes Projekt läuft seit einem Jahr im Kanton Zug. 

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Wühlen ist angeboren

Für das Pilotprojekt in Uetikon am See liess sich Landeigentümer und Bewirtschafter Martin Schnorf gewinnen. Zwar hat der Landwirt, der Wein- und Ackerbau betreibt, keine eigenen Schweine. Doch Christian Wiskemann konnte ihm die geeigneten Tiere vermitteln: Nils Müller hält auf seinem Hof im gut 10 Kilometer entfernten Küsnacht einige Turopolje-Schweine zur Fleischgewinnung. Dieser hat nun drei der Tiere nach Uetikon gebracht, wo sie sich seit zwei Wochen in einem Radius von 10 Meter um die drei kleinen Weiher der Weiherpflege widmen. 

Die Schweine graben mit ihrem Rüssel die Erde um und fressen dabei nebst Gras auch Schilfwurzeln. Diese Wühltätigkeit ist angeboren und entspricht dem Fressverhalten, das auf Wurzeln und Rhizome fokussiert ist. «Auf diese nachhaltige Weise lässt sich verhindern, dass Schilf und Rohrwurzeln sich verbreiten und die Teiche weiter verlanden», sagte Wiskemann. Wie sich in früheren Versuchen gezeigt habe, hat das Wühlen weitere Effekte: Es wird dadurch neuer Rohboden geschaffen, auf dem sich seltene Pflanzenarten wie beispielsweise Sumpfbinsen ansiedeln. Zudem entstehen kleine Suhlen, die als temporäre Kleinstgewässer einen Lebensraum für Libellen und Amphibien bieten. Bei der Medienvorstellung hielten sich die Schweine vor allem auf der Wiese in Ufernähe auf. «Doch je mehr die Temperaturen steigen, desto mehr werden sie die Nähe des Wassers suchen», sagte Nils Müller. «Die Tiere gehen auch in den Teich, sie sind gute Schwimmer». 

Behörden sind flexibel

Für das Wohlergehen der Sauen während ihrem Gastaufenthalt ist Landbesitzer Martin Schnorf zuständig, der sichtlich Freude an ihnen hat: «Sie haben eine ruhige Art, das zeigte sich bereits, als sie aus dem Anhänger stiegen.» Als Rückzugsmöglichkeit dient ihnen ein Kälberiglu, Schatten spendet der nahe Waldrand. Um das Gelände herum sind Elektrozäune aufgestellt, die verhindern, dass die Turopolje-Schweine mit Wildsauen in Kontakt kommen und so die Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest vorbeugen. 

Christian Wiskemann hielt fest, dass es nicht selbstverständlich sei, dass die Schweine hier zur Weiherpflege eingesetzt werden dürften. Da es sich um eine extensive Wiese handelt, ist es grundsätzlich nicht erlaubt, sie vor dem 1. September beweiden zu lassen. «Doch die kantonalen Behörden haben sich als flexibel erwiesen und eine Sonderbewilligung erteilt». Er gehe davon aus, dass der Versuch mit den Schweinen noch bis etwa Ende Oktober dauert, man sei nun gespannt, wie sie ihre Aufgabe erfüllen werden. 

Es sei denkbar, dass das Naturnetz-Pfannenstiel in Zukunft auch zur Pflege von weiteren Kleingewässern, die es betreut, auf Schweine setzen wird. Ideal wäre eine Beweidung eines Weihers in einem Turnus von zwei bis drei Jahren. «Auch ein Einsatz gegen die Neophytenplage im Wald ist denkbar, beispielsweise auf Arealen, wo sich Henrys Geissblatt stark ausgebreitet hat. Auch dazu bräuchte es natürlich eine entsprechende Ausnahmebewilligung», sagte Wiskemann.    

 

Turopolje-Schwein

Das Turopolje-Schwein stammt ursprünglich aus einer sumpfigen Save-Auenlandschaft in Kroatien, in der Nähe von Zagreb. Während dem Jugoslawienkrieg vor rund 30 Jahren wurde der Bestand so stark dezimiert, dass die Rasse beinahe ausgestorben wäre. Heute leben wieder einige hundert Exemplare in Kroatien, Österreich, Deutschland und der Schweiz. Es handelt sich um eine extensive, robuste Rasse. Die Fellfarbe ist weiss bis grau mit schwarzen Flecken. Die Bache wiegt etwa 200 kg, der Eber rund 250 kg. Das Fleisch gilt als qualitativ hochwertig, mit einem hohen Anteil an Fett.

Naturnetz-Pfannenstil

Das Naturnetz Pfannenstil (NNP) wurde 1998 von der Zürcher Planungsgruppe Pfannenstil ins Leben gerufen, um die Ziele des Naturschutz-Gesamtkonzepts des Kantons Zürich und die ökologische Vernetzung laut regionalem Richtplan umzusetzen. Sein Tätigkeitsgebiet umfasst 12 Gemeinden am rechten Zürichseeufer mit einer Gesamtfläche von rund 100 km2. Das NNP plant und realisiert Projekte in Zusammenarbeit mit lokalen Partnern, wie Bauern, Förstern, Gemeinden, Naturschutzvereinen und Privatpersonen. Teil davon ist der Bau und die Aufwertung von Weihern in der Region.

Weitere Informationen: www.naturnetz-pfannenstil.ch