«Manchmal hat man das Gefühl, dass es in der Landwirtschaft nicht erlaubt ist, Geld zu verdienen», beschrieb Markus Arn, Präsident der Anicom Mittelland, seine Wahrnehmung. Entsprechend brauche es nun vermehrte Anstrengungen, um die Produktion wieder attraktiv zu machen. Vergangene Wochen lud der Viehvermarkter zum Informationsanlass und wie immer kamen die Mitglieder zahlreich, um sich über das aktuelle Geschehen am Markt informieren zu lassen. Als Referentin war SVP-Nationalrätin Katja Riem eingeladen, die das aktuelle Geschehen im Bundeshaus schilderte – insbesondere den Stand und die Entwicklung der neuen Agrarpolitik (AP).
Der Fleischkonsum bleibt stabil
Über die aktuelle Marktlage konnte Simon Zürcher, Leiter der Region Mittelland, weitgehend nur Gutes berichten: «Alle 6,5 Minuten hat die Schweiz einen Einwohner mehr, das mag nicht nur gut sein, aber für den Fleischkonsum ist das sicher positiv», erläuterte er. Auch der Trend zu Fleischverzicht und Vegan sieht er abflachen.
Der Fleischkonsum pro Kopf habe sich in den vergangenen Jahren bei 50 kg eingependelt, und er gehe davon aus, dass das so bleibe. Der aktuelle Fleischkonsum zeige: «Was der Konsument sagt und was er tut, ist nicht dasselbe», betonte er. Während die inländische Fleischproduktion in fast allen Segmenten gesunken ist, sind nämlich die Importe gestiegen, um den wachsenden Fleischhunger der Bevölkerung zu stillen.
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Das Schweineangebot ist zu hoch
Sehr erfreulich bezüglich Preis läuft der Rindviehmarkt. Die Nachfrage ist gut, das Angebot sinkt mit den tieferen Schweizer Rindviehbeständen. Abgesehen von den Bankkälbern dürften hier in naher Zukunft keine Probleme zu erwarten sein. Die Inlandversorgung ist derzeit auf 81,9 % gesunken, was entsprechend mehr Importe nötig macht.
Mehr Stirnrunzeln löst die Situation auf dem Schweinemarkt aus: «Ich hätte nicht gedacht, dass wir so schnell wieder in eine Überproduktion rutschen», betonte Simon Zürcher. Derzeit können nicht mehr alle Schlachtschweine fristgerecht platziert werden, die Angebote sind zu hoch. «Sicher wird der Winter hier helfen, das Angebot bei den Jagern zu mässigen», betonte Zürcher. Allerdings machte er auch darauf aufmerksam, dass bezüglich Schlachtungen die Feiertage heuer sehr ungünstig liegen. Entsprechend der Appell an die Schweinehaltenden, dass sie rechtzeitig planen, damit nicht ein zusätzlicher Stau in den Mastställen entsteht.
«Das Problem am Schweinemarkt ist die verzögerte Wirkung der Belegungen», beschrieb Simon Zürcher die Problematik. Die Spermaverkäufe der Suisag zeigen, weiterhin werden viele Sauen belegt, was im kommenden Sommer zu einem Preisdruck bei den Schlachtschweinen sorgen dürfte. Zwar sind heuer die Remontierungszahlen tief, im vergangenen Jahr wurden hingegen viele Jungsauen eingestallt, die nun voll leistungsbereit sind. Dennoch müssten nun dringend Sauen ausgemerzt werden, solle der Preis für Schlachtschweine nicht weiter unter Druck geraten. Gestiegen ist nämlich auch die Anzahl abgesetzter Ferkel pro Sau und Jahr. Damit müsste der Morenbestand weiter gesenkt werden, sollen Angebot und Nachfrage im Lot bleiben.
Seuchen machen Rindviehhaltern Probleme
Während es aufgrund der Zuchtfortschritte und professioneller Betriebe bei den Schweinen ein wachsendes Angebot gibt, macht den Rindviehhaltern die Seuchenlage das Leben schwer. Dies zeigt sich auch in der Geburtsstatistik. Seit vergangenem Oktober wurden bei Identitas 635 880 Kälbergeburten gemeldet, das sind 28 416 weniger als in der gleichen Zeitperiode des Vorjahres. Beim Rindfleisch dürfte es also weiterhin knapp bleiben, beziehungsweise es findet eine Verlagerung vom Kalbfleisch hin zum Bankfleisch statt, wie die Schlachtzahlen von Proviande zeigen.
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App erinnert an die rechtzeitige Vermarktung der Tiere
Dass auch die Verarbeiter an eine starke Zukunft der einheimischen Fleischproduktion glaubten, zeige der wegweisende Neubau von Bell in Oensingen, betonte Simon Zürcher.
Und auch für die Tierhalter geht es digital in Richtung Zukunft. Einerseits bietet die Anicom ihren Mitgliedern eine App an, welche hilft, beim Rindvieh die entsprechenden Alterslimiten einzuhalten. Per Push-Nachricht erinnert die App an die rechtzeitige Vermarktung der Tiere. Aber auch die Schlachtdaten der gelieferten Tiere werden dort angekündigt. Auch die TVD-Meldungen werden künftig per App möglich sein, was den Tierverkehr und die Seuchenüberwachung schneller, aktueller und digital machen soll. Das Motto der Anicom laute: «Positiv in die Zukunft schauen», so Simon Zürcher und die Besucher der Infotagung nahmen diese mehrheitlich gute Stimmung mit auf den Weg.