Wie schon oft betont wurde, haben die Knospe-Produkte und Bio Suisse in der Landwirtschaft Erstaunliches erreicht. Sie prägen gemeinsam mit Konsumentinnen, Produzentenorganisationen und Marktpartnern neue Strategien in Landwirtschaft und Ernährung. Aber was ist mit all den Betrieben, die nicht als Produktionsbetriebe bezeichnet werden können? Sind sie weniger Bio – oder einfach bio-divers?

Ich stelle mir Biobetriebe als standortgerecht vor: Es werden Gemüse und Getreide auf humusreichen Böden produziert, und die besten Verwerter verwandeln Grünland-Futter in hochwertige Fleisch- und Milchprodukte. Allerdings geben Begriffe wie «Talzone», «Hügelzone» oder «Bergregion» keinen wirklichen Einblick in das Produktionspotenzial. Zum Beispiel das Engadin, mit seinen atemberaubenden Landschaften und der scheinbar endlosen Hochebene, ist wirtschaftlich interessant dank des möglichen Einsatzes mechanischer Hilfsmittel – aber mit seinen Randregionen kaum zu vergleichen: Diese sind strukturreich, verstreut und auf viel Handarbeit angewiesen. Zum Glück gibt es noch einige Produktionsbetriebe auch in den Tälern, die es zwar nicht einfach haben, uns aber mit wunderbaren Produkten versorgen und die kulinarische Tradition lebendig halten.

Und dann? Dann gibt es die anderen: Betriebe, die sich für die Pflege und den Erhalt der Kulturlandschaft engagieren, für die Offenhaltung von Trockenwiesen und Weiden – wichtige Lebensräume für die Biodiversität.

Ja, dieses Wort, das tausend Dinge in sich trägt: nicht nur die blühende Feuerlilie oder die geflügelte Heuschrecke. Biodiversität ist eine unsichtbare Pufferzone, ein natürlich geschaffenes Gleichgewicht.

Unter Landwirten werden manchmal verschiedene Sprachen gesprochen

In einer Gesellschaft, die mit Vollgas unterwegs ist und dabei oft ihren Fussabdruck vergisst, wünsche ich mir eine Bremse, einen Moment Ruhe, um sich wieder erden zu können, und um sich zu fragen, ob die Richtung, in die wir fahren, wirklich die richtige ist. Es wird viel von Vielfalt gesprochen, doch ich beobachte eine drängende Standardisierung, die mit dem heutigen Trend der Digitalisierung bald ausser Kontrolle geraten könnte.

Ich stehe für mehr Biodiversität – nicht nur bei Flora und Fauna, sondern auch in unseren Landwirtschaftsbetrieben. Für mehr Offenheit gegenüber anderen Realitäten. Wir werden von der Bevölkerung oft nicht mehr verstanden. Es ist traurig, dass sogar unter Landwirten manchmal verschiedene Sprachen gesprochen werden – und ich meine nicht Italienisch, Romanisch oder Deutsch, sondern die Sprache des Respekts und der Gleichberechtigung.

Wir sind von unserem Standort geprägt. Deshalb war und ist unser Produkt auch eine gepflegte, gesunde Landschaft, die es uns ermöglicht, unsere Region lebendig zu halten, eine Kultur und Sprache zu bewahren, die – wie alles, was «divers» ist – gefährdet ist.

Die Erhaltung der Biodiversität in all ihren Formen braucht cura, cuore, coraggio – Pflege, Herz und Mut.