Sommer, Sonne, Wind: Noch ist es überall grün, aber das Graswachstum ist so schnell zurückgegangen, wie der gerade noch nasse Boden getrocknet ist. Obwohl letzte Woche noch durchschnittlich 55 kg TS/ha/Tag gemeldet wurden, sollte jeder Betrieb genau hinschauen, auf welchen Parzellen es wie viel Gras hat und wie hoch der Zuwachs ausfällt. Falls sich jetzt eine Lücke beim Weidegras abzeichnet, kann mit Flächenvergrösserung und geschickter Schnittstaffelung noch etwas vorgesorgt werden.
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Anders bei der Futterkonservierung: hier stehen wir vor der Wahl zwischen viel Ertrag oder bester Qualität. In einem Schnittstaffelungsversuch des Strickhofs in Lindau ZH zeigte sich, dass zwischen den Schnitten am 27. April und am 19. Mai ein Qualitätsunterschied von 1 MJ NEL besteht, was rechnerisch einer Minderleistung von mindestens 5 kg Milch pro Kuh und Tag entspricht (siehe Kasten).
Wie wertvoll war der erste Futterbauschnitt?
Die Grasernte des ersten Schnittes stellte die Futterbauer vor grosse Herausforderungen. Nicht mehr endender Regen brachte viele Landwirte an ihre Belastungsgrenzen. Das führte zu suboptimalen Ernteversuchen, die nicht nur in den Wiesen, sondern auch in der Futterqualität tiefe Spuren hinterlassen hat.
Im Nachhinein kann man zeigen, was wirklich die beste Strategie gewesen wäre. Am Strickhof in Lindau wird genau zur Beantwortung dieser Frage ein Schnittstrategieversuch durchgeführt. Ausgehend von einer Standardmischung 440 im dritten Hauptnutzungsjahr wird bei gleichbleibender Jahresdüngung während der ganzen Vegetationszeit unterschiedliche Schnittstrategien in einer Streifenversuchsanlage durchgeführt. Ziel ist es, herauszufinden, welche Schnittstrategie für den Landwirt am wirtschaftlichsten wäre. So wurde der erste Schnitt zu zwei unterschiedlichen Daten geerntet und die Futterwerte jeweils analysiert (siehe Tabelle).
Schnitt | Stadium | TS Gehalt | TS Ertrag dt/ha | RA | RP | RF | Zucker | VOS | APDE | APDN | NEL | NEV |
27.April | 2 | 14,0 % | 23 | 100 | 199 | 226 | 103 | 663 | 111 | 129 | 6,0 | 6 |
19. Mai | 2–3 | 14,8 % | 45 | 86 | 164 | 292 | 74 | 578 | 94 | 105 | 5,0 | 4.8 |
Auffallend ist, dass sich der Ertrag in nur drei Wochen verdoppelt hat, während sich der Gehalt in dieser Zeit deutlich verschlechterte. Vor allem der im ersten Schnitt wichtige NEL-Gehalt hat sich deutlich verschlechtert. In früheren Versuchen konnten solche deutlichen Gehaltsreduktionen nicht festgestellt werden. Bei den Ursachen kann man nur mutmassen: Fehlte es an Sonnenlicht zur Assimilation? Man darf jetzt gespannt sein, was die weiteren Schnitte für Erträge und Qualitäten bringen, wir werden sie laufend mit Resultaten informieren.
Stoppeln nicht silieren
Oftmals lagerte das Futter beim Mähen des ersten Schnittes so stark, dass zum Teil sehr lange Grasstoppeln auf den Wiesen verblieben sind. Wie soll nun der zweite Aufwuchs konserviert werden? Der Altstoppelanteil kann ohne weiteres 1/3 der Erntemasse des zweiten Aufwuchses ausmachen. Diese Stoppeln sind qualitativ schlecht und zur Silierung ungeeignet. Darum ist es ratsam, dieses Jahr den zweiten Aufwuchs als Dürrfutter zu ernten. Als Dürrfutter werden auch die Stoppel gefressen, während sie in der Silage zu Fehlgärung und schlecht bekömmlicher Silage führen werden.
Grasvorrat einteilen
Wenn das Weidefutter schon knapp wird, sollte jetzt zusätzliches Futter eingeplant werden. Die Situation dürfte sich weiter verschlimmern, bis Regenfälle die Situation hoffentlich entschärfen werden. Die Weidefläche jetzt vergrössern, wenn weidereifes Futter zur Verfügung steht. Andernfalls sollte im Stall zugefüttert werden, um das fehlende Graswachstum auszugleichen. Denn: Übernutzung bzw. das zu frühe Bestossen von Umtriebsweiden (<1200 kg TS/ha, Ruhezeit <20 Tage) verringert das Wachstumspotenzial, was das Gras noch knapper werden lässt.
Tief abweiden
Trockenheit kann die Gräser in den Überlebensmodus führen, was zu mehr Stängel- und Samenbildung führt – dies sogar schon bei kurzer Grashöhe. Umso wichtiger ist genügend Weidedruck, sodass die Weiden bis auf eine optimale Stoppelhöhe von 4 cm abgefressen werden. Bei der Umtriebsweide können kleine Koppeln oder Tagesportionen dabei helfen, die Qualität des Wiederaufwuchses hochzuhalten.
Hofdünger trotz Trockenheit?
Düngergaben auf trockene Böden wollen gut überlegt sein. Eine wässrige, 2:1 mit Wasser verdünnte Gülle kann helfen, dass die Gräser das vorhandene Restwasser möglichst effizient ausnützen und länger grün bleiben. Bei den jetzigen Bedingungen ist die streifenförmige Ablage aber zwingend, um eine breitflächige Futterverschmutzung zu vermeiden. Die Nährstoffmenge ist dabei bewusst gering zu halten (zirka 15–20 kg N/ha), um Verluste bei zunehmender Trockenheit zu vermeiden. In Mähwiesen kann in wenigen Wochen allenfalls eine zweite Gabe vorgesehen werden, falls dann wieder günstigere Wachstumsbedingungen herrschen.
Aufruf: Futteranalysen 1. Schnitt 2023 gesucht
Der erste Schnitt ist mengenmässig und für die Energieversorgung der Tiere von grösster Bedeutung. Weil die Ernte 2023 teilweise unter erschwerten, nassen Bedingungen gestartet ist, soll in dieser Serie die Futterqualität des ersten Schnittes beleuchtet werden. Mit Unterstützung der Schweizer Silovereinigung SVS werden aktuelle Analyseergebnisse gesucht (Heu und Silage). Senden auch Sie Ihre Analyseergebnisse ein, per Mail an martin.zbinden(at)inforama.ch oder per Whatsapp an 031 636 41 34. Zusätzliche Angaben: Postleitzahl, Angaben zur Art des Futters und zu den Erntebedingungen, evtl. Fütterungserfahrungen.