Peter und Katja Oppikofer haben den Betrieb in Oppikon vor neun Jahren in Pacht übernommen und auf Bio umgestellt. Vor drei Jahren wechselte Oppikofer bei den Milchkühen auf saisonales Abkalben ohne Vollweide. «Ausschlaggebend war unter anderem, dass Kuhstall und Wohnhaus in einiger Distanz liegen», sagte der Betriebsleiter und ergänzte: «Saisonales Abkalben hat etwas Rationelles und macht Probleme sichtbar.»

Konsequent ausselektieren

Was er damit meint, erklärte er auf dem Stallrundgang. «Fütterung und Haltung sind beim saisonalen Abkalben für alle 50 Kühe einheitlich, das heisst, dass die Voraussetzungen für alle Tiere gleich sind.» Kühe, die nicht ins System passen – sei es wegen zu hohen Zellzahlen, Fruchtbarkeitsproblemen etc. – werden konsequent ausgemerzt. Zwölf Kühe hat Oppikofer seit der Umstellung vor drei Jahren ausselektioniert. Bei der Züchtung setzt Oppikofer auf hornlose Genetik und Rotationskreuzung.

Für ihn hat diese Züchtungsart viele Vorteile: «Funktionale Kühe, wenige Klauenprobleme, keine Inzuchtprobleme», zählte er auf. Auch sei der Schlachterlös für die Tiere grösser. «Und es ist einfacher, Fehler zu korrigieren.» Eine grosse Kuh mit nicht so guten Milchgehalten wird beispielsweise mit Jersey-Genetik gedeckt. Als Nachteile nannte er den schwierigen Verkauf von Nutzkühen.

Tränken ad libitum funktionierte nicht

Mit dem Abkalben geht es ab Februar los. Im ersten Jahr hätten sie Ad-libitum getränkt, berichtete Peter Oppikofer. «Es war ein Desaster.» Sein Vater hatte dann das Kälbertränken übernommen und auf seine Art gemacht. «Ich habe daraus gelernt. Man muss das Rad nicht immer neu erfinden», sagte Oppikofer. Alle Kälber erhalten nun zweimal vier Liter pro Tag. In den ersten beiden Lebenstagen kriegen sie Biestmilch von ihrer Mutter, danach gibt es Mischmilch. Getränkt wird mit Nuggi-Eimern. Die jüngeren Kälber werden zuerst getränkt. Das Tränken ist Aufgabe des Lehrlings. Oppikofer begründete: «So kann sich der Lehrling voll aufs Tränken konzentrieren und muss sich nicht auch noch merken, wie er welche Kuh zu melken hat.» Die Kälber werden in 4er-Gruppen und an der frischen Luft gehalten. «Jungen Kälbern ziehen wir zum Schutz vor der Kälte Kälberdecken an», sagte Oppikofer und ergänzte. «Die Spaziergänger haben grosse Freude daran.»

Zwischen dem 23. April und dem 15. Mai lässt der Biobauer alle Kühe durch einen Besamer besamen. Danach läuft ein Mastmuni in der Herde mit. «Jede Kuh hat vier Chancen, trächtig zu werden. Nimmt sie nicht auf, muss sie weg.» Oppikofer setzt nur genetisch hornlose Stiere  ein. Er mache sich jeweils Notizen, wie es ihm während der Besamungsphase ergangen sei, aber auch wie das Abkalben und Tränken gelaufen sind, erzählte Oppikofer. «Das ist für mich eine grosse Hilfe, aber auch für die Lehrlinge, um sich vorzubereiten

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Weg vom «Häschele und Päschele»

Ebenso spannend wie die Schilderungen von Peter Oppikofer war das Referat von Janine Braun, Hafl, zur Milchviehzucht und Zuchtstrategien. Braun fiel mit einigen provokativen Aussagen auf, beispielsweise als sie sagte: «Sie müssen sich entscheiden, ob sie eine Siesta-Kuh aus Stallhaltung oder eine Graslandkuh halten wollen.» Im Stall würden Management und Fütterung den Bedürfnissen der einzelnen Kuh angepasst. Braun nannte es «Häschele und Päschele» der Kühe. Die Stallhaltung habe es zudem einfach gemacht, Hochleistungskühe zu züchten, weil man gezielt auf einzelne Merkmale – allen voran die Milchleistung – züchten konnte, ohne sich ständig ändernde Umwelteinflüsse berücksichtigen zu müssen.

Ganz anders sei dies bei der Weidehaltung, wie sie etwa in Neuseeland oder Irland praktiziert wird. «Dort müssen sich die Kühe ihr Futter selber holen. Dreimal grasen alle Kühe gleichzeitig, danach sind die Kühe am Widerkäuen oder Schlafen», berichte Braun von ihren Eindrücken aus Neuseeland. Auch seien reine Weidekühe robuster als solche, die im Stall zugefüttert werden. Braun stellt fest, dass sich die Zuchtziele auch hierzulande geändert haben. Gefragt sind fruchtbare, problemlose Kühe, die gut zu Fuss sind und mit schwankender Futterqualität ohne Leistungseinbussen zurechtkommen. Doch sei es aufgrund der Umwelteinflüsse nicht einfach, Zuchtwerte für reine Weidekühe zu definieren, räumte sie ein. «Wissenschaftlich nachgewiesen ist allerdings, dass effizientes Weiden vererblich ist.»

Entweder TMR-Fresser oder Weidekuh

Die Referentin plädierte für ein Umdenken in der Viehzucht: «Das Ziel sollte nicht eine möglichst hohe Milchleistung sein, sondern dass die Kuh möglichst viel Milch aus dem Wiesenfutter produziert.» Anhand eines Rechenbeispiels zeigte sie auf, dass zehn kleine Kühe aus 166 kg TS mehr Milch produzieren (270 kg Milch) als 9 grosse Kühe (252,6 kg Milch). «Unser Fokus sollte also nicht auf dem Output, also der Milchleistung liegen, sondern auf dem Input, der Aufnahme von Wiesengras», lautete ihr Fazit.

Janine Braun riet den Teilnehmern, sich entweder für Weidehaltung oder Stallhaltung zu entscheiden: «Wenn ihr versucht, Rassen zu züchten, die mit beiden Systemen zurechtkommen, kann sich nichts Schlaues daraus entwickeln», meinte sie provokativ. «Züchtet mit den fünf besten Kühen im Stall weiter», so Braun. Auf dem Betrieb ihres Vaters habe man sehr positive Erfahrungen mit Linienzucht gemacht. «Wenn ihr jahrelang dieselben Linien kreuzt, habt ihr irgendwann eine homogene Herde.» Mit Inzucht hätten sie keine Probleme gehabt.

Als weitere Zuchtstrategien zählte Braun Rotationskreuzung und Triple A auf. Als letzten Tipp gab Braun den Bauern mit auf den Weg, von jeder Kuh Buch zu führen. «So offenbaren sich die Probleme und die Problemkühe.» Letztere solle man konsequent ausselektionieren, denn diese Kühe passten nicht auf den Betrieb bzw. ins Betriebssystem. «Und falls ihr euch von einer Kuh nicht trennen könnt, belegt sie wenigstens mit einer Mastrasse, damit ihr nicht in Versuchung kommt, das Kalb für die Nachzucht zu behalten. »