Würde einem beim Aussteigen aus dem Auto nicht ein leichter Geruch in die Nase steigen, käme man nicht darauf, dass es sich hier um einen riesigen Schweinemastbetrieb handelt.

Die Schweine leben in Gruppen

Der Betrieb von Aaron Milz und seiner Familie im thurgauischen Amlikon-Bissegg ist weitläufig. Muss er auch, wenn so viele Tiere vorübergehend aufgenommen werden. Die Jager kommen aus fünf verschiedenen Zuchtbetrieben im Umkreis von zehn Kilometern und von einem aus Muolen auf den Betrieb. Mit einem Anfangsgewicht von 25 Kilogramm werden sie auf ein Gewicht von 110 Kilogramm gemästet. Die schlachtreifen Tiere werden direkt an die Micarna SA in Bazenheid verkauft sowie an einen Metzger in Märstetten.

Ein Mastschwein verbringt seine Tage hauptsächlich mit Essen und Schlafen, erklärt Aaron Milz. «Es hat die Möglichkeit, sich frei zu bewegen und sich mit Strohraufen oder Strohwürfeln zu beschäftigen, um dem natürlichen Trieb gerecht zu werden.» Die Schweine leben in Gruppen von 20 Tieren in sogenannten Buchten. Haben sie das Gewicht von 60 kg erreicht, werden sie nochmals in kleinere Gruppen aufgeteilt, damit sie mehr Platz haben.

Die Hauptarbeit auf dem Schweinemastbetrieb liegt darin, den Tieren ein möglichst artgerechtes Leben zu bieten. Dazu gehören auch tägliche Kontrollen der Tiergesundheit. So bemerkt man schnell, ob ein Tier nicht frisst, sich zurückhält, sich schont oder hinkt und kann dementsprechend eingreifen.

Im Futter hat es kein Antibiotika

Gefüttert werden die Tiere zu 60 Prozent mit Nebenprodukten aus der Lebensmittelverarbeitung wie Schotte, Kartoffelrüstabfällen, altes Brot und Bierhefe. Dazu kommen Gerste, Futterweizen oder deklassiertes Brotgetreide, Feuchtkörnermais, Sojaschrot, Mineralstoffe, Vitamine und Aminosäuren.

Genau genommen könnte man Weizen, Mais und Sojaschrot auch zu den Nebenprodukten zählen. Gerade bei kritischen Ernten wie letztes Jahr wurde viel Brotweizen deklassiert und in den Futtermittelkanal entsorgt. Der Mais wird feucht eingelagert und verursacht so keine Trocknungskosten, da in unseren Breitengraden die Körner von selbst zu wenig austrocknen. Sojaschrot, welches ausschliesslich aus nachhaltigem Anbau stammt und gentechfrei sein muss, ist ein Nebenprodukt aus der Sojaöl-Herstellung.

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Und was ist mit dem immer wieder auftauchenden Vorwurf, dass alle Tiere mit Antibiotika gefüttert werden? Aaron Milz: «Hormone und antimikrobieller Leistungsförderer hat es definitiv nicht im Futter, das ist in der Schweiz seit den 90er-Jahren verboten». Antibiotika komme bei der Versorgung kranker Tiere zum Einsatz. Dabei sei der Antibiotikaverbrauch in der Schweizer Tierhaltung in den letzten 10 Jahren halbiert worden.

Die Tierschutzvorschriften sind in der Schweiz sehr streng und umfangreich. «Daran halten wir uns strikt», so Aaron Milz. «Diese definieren beispielsweise Tageslicht, Klima, Flächenangebot, Beschäftigung, Fütterung und Eingriffe am Tier.» Erweiterte Tierwohlmassnahmen sind eingestreute Liegeflächen wie BTS (besonders Tierfreundliche Stallhaltung) und befestigte Ausläufe für RAUS (Regelmässiger Auslauf im Freien). Diese sind direktzahlungswirksam und müssen vom Kunden im Laden nur teilweise bezahlt werden.

Folgen der Initiative wären weitreichend

Angesprochen auf die kommende Abstimmung zur Massentierhaltungs-Initiative wird Aaron Milz nachdenklich. «In der Schweiz gilt bereits ein Höchsttierbestand mit 1500 Mastplätzen oder 250 Mutterschweinen pro Betrieb. Wir sind einer von rund 20 Betrieben in der Schweiz mit einer Ausnahmebewilligung für einen höheren Tierbestand.» Diese Bewilligung vom Bundesamt für Landwirtschaft wurde erteilt, weil die Nebenprodukteverwertung im öffentlichen Interesse liegt, da eine Verwertung dieser Menge auf mehreren kleinen Betrieben nicht realisierbar wäre und die Nebenprodukte somit anderweitig entsorgt werden müssten. «Die Massentierhaltung, welche die Initianten ansprechen, trifft nicht auf die Schweiz zu», so Milz. Als Standard sollen nach Initiativtext die Biorichtlinien Stand 2018 gelten. «Wenn alle Befürworter der Initiative ehrlich wären und bereits heute Bioprodukte kaufen würden, müsste der Biomarktanteil einiges höher sein.»

Um den Tierbestand halten zu können, müssten laut Milz Neubauten erstellt werden, die wiederum Kulturland in Anspruch nehmen. Aber es würde auch bedeuten, die Programme RAUS/BTS einzuhalten. Damit würden die Emissionen grösser: Die Lüftung des neuen Stalles ist mit einem Luftwäscher ausgerüstet, welcher bis zu 90 Prozent des Ammoniaks abscheidet. Bei Ausläufen kann man den Ammoniak-Ausstoss schlechter kontrollieren. Eine Baubewilligung scheint aussichtslos, da die Umweltauflagen dies nicht zuliessen. All diese und viele weitere Massnahmen würden jedoch dazu führen, dass die Tierbestände massiv sinken und Nahrungsmittel vermehrt importiert werden müssten, ist Milz überzeugt. «Viele stellen sich die Schweinehaltung völlig falsch vor. Wenn sie unseren Betrieb sehen, sind sie jedoch positiv überrascht. Es ist wichtig, dass wir der Bevölkerung aufzeigen, wie wir es machen».

Über die Massentierhaltungs-Initiative wird am 25. September 2022 abgestimmt.

Betriebsspiegel

Name: Aaron und Judith Milz
Ort: Amlikon-Bissegg TG
LN: 30 ha
Viehbestand: 2400 Schweine (Ausnahmebewilligung begrenzt auf 2400 Tiere, weil Nebenprodukte verfüttert werden), 65 Kühe
Kulturen: 24 ha Ackerbau, Weizen, Gerste, Mais, Kunstwiese, 6 ha Naturwiesen, 7 ha Wald
Mitarbeit: 1 Angestellter, 1–2 Lernende, zudem Mithilfe der Familie (Eltern, Bruder)