«Obstbauer ist ein herrlicher Beruf, die Entwicklung der Früchte von der Blüte bis zur Ernte beeinflussen und beobachten zu können, gibt einem viel Zufriedenheit», zeigte sich Marco Messerli an der diesjährigen AZO-Tagung von seinem Beruf begeistert. Der Biobauer, der zusammen mit seinem Vater in Kirchdorf BE 13 Hektaren Obstkulturen bewirtschaftet, wies in seinem spannenden Referat aber auch schonungslos auf Zielkonflikte im Bio-Obstbau hin. [IMG 3]
Professioneller Apfelanbau
2013 haben Messerlis auf Bio-Obst umgestellt und nennen sich seitdem «Messerli’s Bio-Obst». «Unser Hof soll sich immer weiterentwickeln, da war die Umstellung in Anbetracht der damaligen politischen Diskussionen und der Konsumentenstimmung der logische Schritt», erklärte Marco Messerli. Anfänglich wurden auch alternative Kulturen wie Bio-Sommerhimbeeren angepflanzt. «Damit bin ich aber fürchterlich auf die Nase gefallen», so der Obstfachmann selbstkritisch. Mittlerweile konzentriert man sich hauptsächlich auf Biokernobst. «Man kann nicht überall ein Profi sein. Um den hohen Ansprüchen des Marktes nachzukommen, darf man beim Anbau keine Kompromisse eingehen.»
Bis 48 Behandlungen für die Bio Äpfel
Was dies in der Bio-Apfelproduktion, insbesondere in einem nassen Frühjahr wie 2023, im Bereich Pflanzenschutz bedeutet, liess die an der AZO-Tagung anwesenden Zentralschweizer Obstbauern aufhorchen. Anfällige Sorten wie Gala wurden bis 48-mal mit biologischen Pflanzenschutzmitteln behandelt. Da im Vergleich zum konventionellen Anbau selten Mittel gemischt werden könnten, habe es sogar Tage gegeben, wo zwei, sprich je eine Fungizid- und eine Insektizid-Behandlung appliziert wurden. «Ja, es stimmt, dass der Biobauer öfters und teils sogar in der Nacht spritzt», so Marco Messerli weiter. Nachtfahrten seien insbesondere während des Bienenflugs von Vorteil, aber auch wenn Starkniederschläge den Schutzbelag runtergewaschen hätten, gebe es Fahrten in der Dunkelheit. «Ich kann mir Schorfinfektionen aus Qualitätsgründen nicht erlauben. Darum ist es entscheidend, den Schutzbelag innert Stunden zu erneuern.»
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Endverkäufer bei resistenten Sorten in der Pflicht
Das habe im vergangenen Frühjahr in den Fahrgassen zu unschönen Bildern geführt. Um die Spritzintervalle einhalten zu können, wurde sogar ein Raupenfahrzeug zugemietet. Denn die Traktoren drohten trotz Doppelräder steckenzubleiben. Schorf sei trotz neuen Mitteln das Hauptproblem im Bio-Apfelanbau. Der Nachfrage entsprechend sei der schorfanfällige Gala immer noch die Hauptsorte. «Da sind unsere Abnehmer und Endverkäufer in der Pflicht, beim Konsumenten vermehrt Aufklärungsarbeit zu machen und die resistenten Sorten besser zu positionieren», so Marco Messerli. Er arbeitet selber auch mit resistenten Sorten wie Topaz, Ladina und Natyra. Diese würden zukünftig sicher noch bedeutender. Die Zucht von neuen robusten Sorten sollte darum vorangetrieben werden. Dabei müsse auch im Biolandbau über neue Züchtungsmethoden wie die Crispr-Cas9-Genschere diskutiert werden. «Wir sind im Jahr 2024. Wenn man wirklich nachhaltig Bio-Äpfel produzieren will, muss man auch neue Züchtungsmethoden zulassen», so der junge Obstbauer. Trotz all der grossen Herausforderungen blickt Marco Messerli positiv in die Zukunft. «Die Schädlinge haben wir im Bio-Apfelanbau sehr gut im Griff, einzig die Mäuse sind infolge der bewachsenen Baumstreifen noch ein Problem.» Biofrüchte hätten ein hervorragendes Image, Obst werde zukünftig noch stärker nachgefragt.
Immer noch zu bescheidener Bio-Anteil
Auch der Absatz auf seinem Hof sei dank der Nähe zur Stadt Bern immer noch erfreulich. Messerli’s Bio-Obst verkauft 80 Prozent der Früchte an Direktvermarkter und 20 Prozent an einen Grossverteiler. «Es ist aber auch spürbar, dass teurere Lebensmittel wie Bioprodukte aktuell vermehrt unter Druck kommen. Der Anteil von Bio am Gesamtmarkt ist in Anbetracht der grossen politischen Diskussionen der vergangenen Jahre eigentlich immer noch viel zu bescheiden.»
AZO-Tagung mit Wetterprognose
Das Programm der Zentralschweizer Pflanzenschutz- und Obstbautagung der Arbeitsgemeinschaft Zentralschweizer Obstproduzenten (AZO) war auch dieses Jahr dicht gedrängt. Neben den Mitteilungen der verschiedenen Fachstellenleiterinnen und -leiter aus den beteiligten Kantonen informierte Thomas Meyer von der Luzerner Dienststelle Landwirtschaft und Wald über die lancierte Offensive Spezialkulturen, insbesondere auch über die wichtigen raumplanerischen Rahmenbedingungen.
Vermehrt Stippe
Thomas Kuster von Agroscope ging auf die wieder vermehrt zu beobachtende Stippen-Problematik ein und zeigte mögliche Lösungsansätze auf. Über Aktuelles aus dem Schweizer Obstverband informierte der Direktor Jimmy Mariéthoz.
Später Frühlingsstart
Mit welchem Wetter die Zentralschweizer Obstbauern dieses Jahr rechnen müssen, wollte AZO-Präsident Jacky Wildisen vom Muotathaler Wetterpropheten Martin Holdener erfahren. «Die Mäuse waren diesen Herbst sehr fett, das wird zu einem schneereichen und langen Winter führen», so der erfahrene Mauser. Sogar an Ostern solle es noch einmal Schnee geben. Und erst ab Mitte April werde sich dann schönes Frühlingswetter einstellen.