Rund 100 Millionen Kilogramm Milch exportiert die Schweiz in Form von Käse und als Bestandteil von Schokolade, Biscuits oder anderen milchhaltigen Nahrungsmitteln in die USA. Ein grosser Teil davon sei aufgrund der seit dem 7. August geltenden Zölle von 39 Prozent gefährdet, so die Einschätzung der Branchenorganisation Milch (BOM). Sie hat deshalb am 29. August «umfangreiche Massnahmen zur Marktstabilisierung» getroffen, wie sie in einer Mitteilung schreibt. Denn die Milch, die nicht mehr in die USA geht, drückt in der Schweiz auf den Preis. «Im besten Fall wird diese Milch nicht mehr produziert», stellt die BOM in ihrer Mitteilung unmissverständlich klar.
Bis dahin soll überschüssige Milch in Form von Tiefkühlbutter an Lager genommen werden. Von Oktober 2025 bis 2026 gibt es deshalb Export-Unterstützung für je 2000 Tonnen Rahm und Butter. Die Exporte sollen in den nächsten Monaten stattfinden. Dafür spricht die BOM 11 Millionen Franken aus dem Fonds Regulierung. Dabei gilt teilweise die Bedingung, dass das exportierte Milchfett aus C-Milch hergestellt wird.
Preisniveau fast wie bei B-Milch
«Damit wird im Schweizer Milchmarkt erstmals seit 2018 wieder C-Milch gehandelt», schreibt die BOM dazu. Im Unterschied zu früheren C-Milch-Phasen soll es dieses Mal aber «eine hohe indirekte Stützung» geben, und zwar im Umfang von 18 Rappen pro Kilogramm Milch. Davon verspricht sich die BOM ein Preisniveau, das nicht allzu weit entfernt vom B-Segment liegt. Ausserdem soll die Lieferung von C-Milch freiwillig bleiben. «Jedem Produzenten steht es frei, seine Produktion um diese Menge zu kürzen», stellt die BOM klar.
Dabei habe nicht jede Handelsorganisation die gleichen Regeln über die Lieferrechte, Jahresmengen oder Monatsmengen. «Es liegt also in der Verantwortung jedes Erst- und Zweitmilchkäufers – Handelsorganisationen und Milchverarbeiter – dass sie ihren Lieferanten die Wahl geben, auf die möglichen C-Milch-Mengen mit einer Reduktion ihrer Milchproduktion zu reagieren», stellt BOM-Geschäftsführer Stefan Kohler klar.
Erstmilchkäufer ohne Möglichkeit für C-Milch hätten zugesichert, zeitlich beschränkt vergleichbare Massnahmen zur Entlastung des Marktes zu ergreifen.
16 Millionen für die Marktentlastung
Mit weiteren fünf Millionen Franken wird die bereits bestehende Unterstützung für Exporteure von Schokolade und anderen verarbeiteten Nahrungsmitteln erhöht. Diese Massnahme sei auf neun Monate befristet, so die BOM. Insgesamt pumpt die BOM also 16 Millionen Franken in die Marktentlastung.
Damit sei es möglich, einen «allfälligen Druck infolge der besonderen Lage zu verringern», zeigt sich die BOM optimistisch. Eine ausserordentliche Delegiertenversammlung soll noch im September wo nötig Änderungen an den Reglementen genehmigen.
Nachgefragt bei Nationalrat Martin Hübscher, Präsident Mooh-Genossenschaft
Wie erleichtert sind Sie über die Einigung der BOM-Vorstandsmitglieder?
Als Milchproduzent und Mooh-Präsident bin ich froh über die Entscheide. Alle Akteure stehen dafür ein, entweder mit C-Milch oder zusätzlichen Exporten den Druck auf den A- und B-Milchpreis zu verringern. Letztendlich helfen alle Möglichkeiten, beispielsweise Verzicht auf C-Milch, neue Absatzkanäle oder Rückgewinnung von Veredlungsverkehr, damit die Lager nicht überquellen und der Milchpreis im geschützten Markt nicht unter Druck kommen.
Ist mit diesen Entscheiden wirklich die Gefahr gebannt, dass der A-Milchpreis nicht mehr unterboten wird?
Ganz weg ist das nicht. Viele Käsereien haben Einschränkungsmilch. Ich hoffe, dass die Einschränkungsmilch dann nicht unterpreisig in den Molkereimilchkanal fliessen wird. Auch wenn diese Milch, um Kapazitäten auszulasten, zu mehr freien Sorten verarbeitet wird, kommt der Käsepreis und damit auch der Milchpreis unter Druck. Wie gesagt, Risiken bestehen. Dennoch sind wir mit den Entlastungsmassnahmen, die vom BOM-Vorstand beschlossen wurden, auf gutem Weg. Für die vollständige Umsetzung braucht es noch Anpassungen an den Reglementen, über welche eine ausserordentliche Delegiertenversammlung der BOM am 26. September befindet.[IMG 2]
Was erwarten Sie von der Motion Hegglin zur Stärkung der Milchproduktion im Grasland Schweiz, die ja erst auf die AP 2030 wirksam werden soll? Die Krise ist aber jetzt.
Die Motion wurde im Sommer an den Bundesrat überwiesen. Eigentlich hätte es der Bundesrat in der Hand, auf Verordnungsebene schon vor der AP 30 Massnahmen umzusetzen, die in der Motion zur Stärkung der Milchproduktion im Grasland Schweiz gefordert werden. Beispielsweise, dass der Erlös aus der Versteigerung von Butter-Importkontingenten der Branche als wirksame Selbsthilfemassnahmen zugutekommt. Die Verkäsungszulage wurde 1999 aufgrund des fehlenden Zollschutzes beim Käse auf 15 Rp. festgelegt – und zwar auf Gesetzesebene. Wir fordern eine Erhöhung der Verkäsungszulage um 5 Rappen, um diese wechselkursbedingten Exporterschwernisse auszugleichen. Eigentlich muss sich auch hierbei der Bundesrat nicht bis zur Gesetzesänderung im Rahmen der AP 2030 Zeit lassen, sondern könnte die Erhöhung der Verkäsungszulage in eines der jährlichen Agrarpakete aufnehmen.
