Fiona, die 13-jährige Holsteinkuh, liegt entspannt im tiefen Stroh und kaut wieder. Sie ist die älteste Kuh im neuen Laufstall der Familie Lüdi in Gutisberg und hat den Umzug vor fünf Jahren miterlebt. Gutisberg liegt auf einem Hügel in Kaltacker oberhalb von Burgdorf BE, dem Tor zum Emmental.
Das Budget nicht aus den Augen verlieren
Vor acht Jahren hat Christoph Lüdi, damals noch in einer Generationengemeinschaft mit seinem Vater, die Planung des neuen Laufstalls in Angriff genommen.
Zuvor hielt die Familie 32 Kühe in einem Anbindestall. Aufgrund der damaligen betrieblichen Einrichtungen waren das Melken und die gesamte Stallarbeit zeitintensiv und körperlich anstrengend, «deshalb entschieden wir uns für einen Laufstall», erzählt der Betriebsleiter. Bei der genauen Planung des Stalles hat er sich viele Gedanken gemacht und zahlreiche Stall- und Melksysteme verglichen.
«Es ist klar, dass jede Stallbau- und Einrichtungsfirma erzählt, dass nur das Beste gut genug sei», meint Lüdi. Jedoch dürfe man dabei sein Budget nicht aus den Augen verlieren. «Die Baubewilligung hatten wir und das Budget war gesetzt, da mussten wir die für uns passende Lösung finden.»
Optimale Arbeitsabläufe
Beim Melksystem kam sowohl ein Melkstand als auch ein Melkroboter in Frage. «Ich war fasziniert von Melkrobotern, die Entscheidung nahm mir jedoch ein Dairymaster-Melkstand beim Probemelken auf einem anderen Betrieb ab», sagt der Landwirt.
Lüdis haben sich für einen Doppel-14er Side-by-Side Swingover-Melkstand der Firma Dairymaster entschieden. «Beeindruckend sind die Melkgeschwindigkeit und die optimalen Arbeitsabläufe.» Dairymaster ist ein irischer Melksystem-Hersteller, der mit Philipp Meier einen Vertreter in Willisau LU hat.
«Ich wollte ein Melksystem, bei dem ich in kurzer Zeit viele Kühe gemolken habe», argumentiert der Landwirt. So kann er auf einer Seite 14 Kühen die Zitzen reinigen und anschliessend die Melkzeuge anhängen, während die 14 Kühe auf der anderen Seite rausgehen und wieder neue reinkommen. So sind in Lüdis Stall in einer Stunde 84 Kühe gemolken und das von einer Person im Alleingang.
Irische Hochvakuumtechnik imitiert das natürliche Saugen des Kalbes
Auf die Melkarbeit hat auch die Dairymaster-Melkanlage einen Einfluss. Deren irische Hochvakuumtechnik arbeitet mit 51 Kilopascal (kpa) Vakuumdruck. Nach einer Hochdruckphase fällt das Vakuum in der Entlastungsphase auf 10 kpa zusammen.
Das imitiere, laut Herstellern, das natürliche Saugen eines Kalbes. Dank dieser kontrollierten Vakuumschwankung würden zudem die Euter besser ausgemolken, was zu höheren Erträgen und besserer Eutergesundheit führe. «Ich habe kein anderes System gesehen, das so beeindruckend war», sagt auch Christoph Lüdi. Ein weiteres Argument waren auch die tiefen jährlichen Unterhaltskosten.
Separationsbox statt Kraftfutterstation
Sind die Kühe fertig gemolken, wird das Melkstandgerüst angehoben und die Kühe können durch die Separationsbox in den Laufstall zurück.
Da im Stall keine Kraftfutterstation vorhanden ist, wird das Startphasenfutter den ausseparierten Kühen nach dem Melken am Fressgitter verfüttert. Die gesamte Herde erhält die gleiche Totalmischration mit Maissilage, Grassilage, Zuckerrübenschnitzeln, Biertreber und wenig Stroh. Ein Proteinausgleichsfutter wird direkt der TMR beigemischt.
Im Sommer dürfen die Kühe ausserdem auf die Weide.
Unfälle mit trockenen Gummimatten dank Kamera erkannt
Schlechte Erfahrungen machte der Landwirt mit den Gummimatten, welche am Futtertisch entlang montiert waren. «Wir hatten Unfälle mit Kühen, die vergrittet sind», berichtet Christoph Lüdi. Dies habe er dank seinen zwei Kameras im Stall nachverfolgen können.
Das Problem war im Sommer, als die Gummimatten stellenweise trocken wurden. Nachdem die Ursache erkannt war, nahm der Landwirt die Gummimatten im letzten Frühling heraus. Nun hat er den Betonboden einfräsen lassen, damit die Kühe einen trittsicheren Halt finden.
Einfache Entmistung mit Vollfaltschiebern
Für Christoph Lüdi ist das Tierwohl wichtig, daher hat er auf möglichst wenig Absätze und Hindernisse im Stall geachtet. Entmistet wird der Stall mit zwei einfachen Vollfaltschiebern. Der Vorteil ist, dass sich die Vollfaltschieber beim Zurückziehen schliessen. Die Halle ist von System Wolf und bringt viel Tierkomfort mit sich.
Züchten ist seine Leidenschaft
Christoph Lüdis Leidenschaft ist die Viehzucht. «Früher wurde mehr aufs Exterieur gezüchtet, heute sind mir die Fitnessmerkmale und die Leistung ebenso wichtig.» Der Herdenschnitt liegt aktuell bei 10 300 kg Milch pro Kuh und Jahr.
Erfolgreich an Regionalschauen
An regionalen Ausstellungen nimmt das Vorstandsmitglied des Holsteinzuchtvereins Oberaargau gerne teil. Dabei darf er auch regelmässig Erfolge feiern, wie an der Oberaargauischen Zuchtviehschau 2019 mit der Miss (Luka Absolute Okarina) und der Junior-Miss (Luka Caro Okaba), die aus der gleichen Zuchtkuh stammen. Auch die Kuh Atwood Beautyful wurde an der Holstein Night in Burgdorf im Jahr 2017 Junior-Champion.
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Atwood Beautyful wurde an der Holstein Night in Burgdorf 2017 Junior-Champion. (Bild KeLeKi)
Besonders Freude bereiten dem Landwirt jedoch all jene Tiere, die unauffällig und gut im Stall funktionieren. Auch auf die eingangs erwähnte Fiona, eine Iron-Tochter, ist er stolz. Von der 13-jährigen Kuh hat er viele Töchter und Grosstöchter im Stall.
Führung als Familienbetrieb
Christoph Lüdi und seine Frau Andrea führen den Betrieb gemeinsam. Sie haben zwei kleine Kinder, Mia bald drei und Nico ein Jahr alt. Andrea arbeitet zudem im Teilzeitpensum.
Christophs Eltern arbeiten ebenfalls noch aktiv auf dem Familienbetrieb mit. Der Vater ist verantwortlich für die Kälberaufzucht und hält zudem einige Schafe zur Freude.Christophs Mutter unterstützt alle tatkräftig – sei es mit frischem Gemüse vom Garten, bei der liebevollen Betreuung der sechs Grosskinder oder auch bei der Verpflegung der Lehrlinge.
Lehrlinge ausbilden hat Tradition
Auf dem Betrieb ist es Tradition, Lehrlinge auszubilden. «Ich arbeite gerne mit jungen und motivierten Auszubildenden zusammen», sagt Christoph Lüdi.
Der Betriebsleiter und seine Frau setzen auf die Zukunft und die Jungbauern. «Es ist ein Privileg – besonders in der aktuellen Zeit – auf dem Land leben zu dürfen und täglich die Leidenschaft zum Beruf mit viel Herzblut leben zu können», sagt Christoph Lüdi.