Dieses Jahr habe er relativ oft bewässert, sagt Adrian Rothenbühler. «Wir geben Rüebli, Zwiebeln und Schalotten üblicherweise nach der Saat 5–6 mm für ein gutes Auflaufen», schildert der Landwirt aus Utzenstorf BE. Als es Ende Juni / Anfang Juli aber wochenlang über 30 Grad und keinen Regen gab, sei die Bewässerung fast Tag und Nacht gelaufen, auch auf den Kartoffelflächen.

Weniger, dafür häufiger

«Ich fange eher früh an zu bewässern, wenn ein Manko droht und kein Regen in Sicht ist», beschreibt Adrian Rothenbühler seine Strategie. Lieber gebe er jeweils kleine Mengen, dafür häufiger. So liessen sich Wachstumsrisse in den Kartoffeln vermeiden.

Der Landwirt verlässt sich aber nicht nur auf sein Gefühl, den Wetterbericht und den Blick aufs Feld, sondern konsultiert zusätzlich die Daten einer Bodensonde in der Region. Die gehört zum Messnetz der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften (HAFL), dessen Resultate online (sie erster Link unten) kostenlos verfügbar sind. «Die Sonde in der Nachbarschaft steht in einem Gebiet, das unserem ähnlich ist», meint der Utzenstorfer zur Vergleichbarkeit. «Und man weiss in etwa, was die Kulturen brauchen.» Daher habe er sich bisher keine eigene Messsonde zugelegt.

Damit die Informationen der Bodensonden noch breiter genutzt werden können, publizieren die Beratungsdienste der Kantone Waadt und Freiburg in Zusammenarbeit mit der HAFL seit 2024 ein Bewässerungsbulletin, das ebenfalls online abrufbar ist. Das erklärt HAFL-Dozent Andreas Keiser: «Basierend auf dem Wasserstatus der Parzellen, den Wettervorhersagen und dem Stand der Kulturen liefert das Bulletin Entscheidungshilfen, wann und in welchem Umfang eine Bewässerung empfehlenswert ist.» In den drei Regionen Broye, Seeland und La Côte werden jeweils je vier bis fünf Gemüse- oder Kartoffelparzellen über die gesamte Saison beobachtet. Während der Bewässerungssaison erscheinen je nach Bedarf etwa 12 Bulletins.

Später zu bewässern beginnen

Im Gegensatz zu Tensiometern, welche die Saugspannung ermitteln und im Bodenmessnetz Auskunft über die Befahrbarkeit geben, handle es sich beim Bewässerungsnetz um kapazitive Sonden, so Andreas Keiser: «Es wird das Wasserdefizit angegeben, wovon man die benötigte Wassergabe ablesen kann.» Auf der Webseite gibt es Unterlagen, um die Grafiken zu interpretieren, die aus den Sondendaten errechnet werden. Ein Projekt im Kanton Waadt hat laut Keiser gezeigt, dass die 15 beteiligten Betriebe mit den Bodensensoren zwischen 2018 und 2024 auch in trockenen Jahren weniger bewässert haben, als die Empfehlung mit Normzahlen vorgegeben hätte. «Die teilnehmenden Landwirte haben ausserdem angegeben, dass sie seit der Nutzung der Sonden später mit der Bewässerung beginnen als zuvor.»

Neben Angaben zum Wasserdefizit liefern Bodensensoren auch Informationen zur Entnahmetiefe der Wurzeln und der Effizienz der Bewässerung, fährt der HAFL-Dozent fort. «Man sieht z. B., dass die Bodenfeuchtigkeit bei der gleichen Bewässerungsmenge bei einer nächtlichen Gabe deutlich stärker ansteigt, als wenn bei hohen Temperauren tagsüber bewässert wird.» Dank der Kombination von Grafiken und Daten mit Beobachtungen im Feld – zum Zustand der Kultur oder der Bodenstruktur – lasse sich viel über die optimale Bewässerung am eigenen Standort lernen. Es gibt aber auch überbetrieblichen Nutzen: «Eine Bewässerungsgenossenschaft von mehreren Betrieben mit Rollomaten nutzt beispielsweise acht Bodensonden auf unterschiedlichen Parzellen, um zu bestimmen, wo mit der Bewässerung begonnen werden muss», schildert Andreas Keiser.

Statt teure Tropfschläche

Bei Rothenbühlers ist ein Grossregner im Einsatz, «ein älteres Modell», wie der Betriebsleiter bemerkt. Die Wassermenge wird über die Einzugsgeschwindigkeit des Schlauchs und die Düsengrösse geregelt, aber nicht genauer angegeben. «Ich habe jetzt über 30 Jahre gebauert und habe ein Gefühl dafür, wie viel Wasser auf die Fläche kommt», gibt Adrian Rothenbühler zu bedenken. Trotzdem stellt er ab und zu einen Regenmesser ins Feld, um seine Schätzung zu überprüfen. «Der Grossregner leistet seinen Dienst und daher habe ich ihn noch nicht ersetzt.»

Wie viel Wasser sich durch eine zeitlich und mengenmässig optimierte Bewässerung einsparen lässt, findet Andreas Keiser schwer abschätzbar. «Kombiniert man aber Informationen aus Bodensonden mit dem Raindancer lässt sich auch mit Rollomaten einiges optimieren.» Raindancer ist eine Überwachungs- und Steuerungssoftware, die dank GPS Überlappungen beim Bewässern vermeiden kann. «Natürlich ist eine Tröpfchenbewässerung effizienter und braucht etwa 30 Prozent weniger Wasser», räumt Keiser ein. «Sie ist aber auch teurer und eignet sich daher vor allem für Kulturen mit höherer Wertschöpfung wie Obst oder Gemüse an Standorten, wo sicher bewässert werden muss.» Sonst läuft man Gefahr, die Tropfschläuche in einem nassen Jahr vergebens zu installieren.

Apps werden entwickelt

Seit 2021 gibt es die Möglichkeit, via die kostenlose ALB-Bewässerungsapp Empfehlungen für Parzellen ohne Bodensonde zu erstellen. Die deutsche App läuft in der Schweiz in Zusammenarbeit mit der HAFL und verwendet Informationen zu Kultur, Boden und 3-Tages-Wetterprognosen, um Bewässerungszeitpunkt und -menge zu berechnen. «Bei uns hat vor allem die Forschung und Beratung Interesse an der Nutzung der ALB-App, weil der Aufwand grösser ist als mit Bodensonden», sagt Andreas Keiser. Bei Standardeinstellungen und ohne manuelle Anpassung der Niederschlagsdaten dauere die Einrichtung einer Parzelle etwa 10 Minuten.

«Will man ein genaueres Ergebnis, kann man weitere Parameter wie Ausgangsfeuchtigkeit oder Bodentextur im Unterboden abpassen und der Aufwand steigt.» Die App werde aktuell von Landwirten noch weniger verwendet. Durch eine weitere Automatisierung und der Entwicklung einer Smartphone-App soll diese in Zukunft für die Landwirte attraktiver werden. Auch die App von Weatherbound soll genau auf die Bedürfnisse von Landwirt(innen) zugeschnitten werden.

Auch bisher gut

Adrian Rothenbühler diskutiert, wie er sagt, gern und oft mit seinem Sohn Sven, der dereinst den Betrieb in Utzenstorf übernehmen möchte – so auch über die Bewässerung und technische Unterstützung wie z. B. Apps. «Die Jungen befassen sich mehr damit», meint Adrian Rothenbühler und ergänzt, er schätze den Austausch mit der jüngeren Generation. «Aber Sven hat schon gesagt, er habe das Gefühl, ich hätte es bisher auch ganz gut gemacht», sagt der Landwirt fröhlich.

Daten von Bodensonden und Bewässerungsbulletin

Daten von Tensiometern