Die in Fetzen und alten Kleidern auftretenden «Lompe- ond Spasschläus» gehören zu den ursprünglichsten Formen von Silvesterchläusen. Dabei dürfte es sich bei den Lumpenchläusen um die älteste Form von Silvesterchläusen gehandelt haben. Bis ins 19. Jahrhundert sind von den Silvesterchläusen keine Abbildungen überliefert. Während der Krisen- und Kriegszeiten dürften noch bis weit ins 20. Jahrhundert vor allem Lumpenchläuse als Silvester­chläuse unterwegs gewesen sein. Oft traten sie auch als Bettelchläuse auf. In alte Lumpen verkleidet, das Gesicht mit Fetzen verhüllt, legten sie keinen Wert auf eine gepflegte Erscheinung. Hauptgrund dafür war meist Geldmangel. Die fehlende Ästhetik, ja Hässlichkeit dieser Chläuse wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in den Zeitungen öffentlich kritisiert, was bis in die 1960er-Jahre zu ihrer Verdrängung führte.

Nicht immer eindeutig der eine oder andere Chlaus

Nicht immer kann zwischen Spass- und Lumpenchlaus unterschieden werden. Manchmal findet auch eine Durchmischung zwischen diesen beiden Chlausarten statt. Der älteste Nachweis von Spasschläusen stammt von 1910. Anders als die Lumpenchläuse investieren die Spasschläuse für ihre Gewänder mehr Zeit und Fleiss. Dazu wählen sie spas­sige, lustige und ausgefallene Themen wie Hühner, Wildsäue und Jäger oder Waschmittelreklame. In den Jahren zwischen 1945 und 1955 ist das Spasschlausen äusserst populär. Um 1970 verschwindet es beinahe, da es von offizieller Seite und in Zeitungsartikeln vieler Kritik unterworfen ist.

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Das Brauchtum wird angepasst

Rund zehn Jahre später kommen die «Spasschläus» wieder auf, und zwar an den Sonntagen, an denen nicht gechlaust werden darf: Fällt nämlich der 31. Dezember oder der 13. Januar auf einen Sonntag, wird offiziell am Samstag und nicht am Sonntag gechlaust. Unterdessen hat sich das Spasschlausen an diesen «dritten Chlaustagen» etabliert. «Lompe- ond Spass­chläus» – diese beiden «Chlausarten» zeigen den Wandel und die steten Anpassungen des Brauchtums an zeitbedingte Neuerungen und Ansprüche auf. Trotz aller Tradition sind es immer wieder von aussen oder von innen kommende Bedürfnisse, die eine Änderung bewirken. Aber auch Einzelinitiativen können Neuerungen lancieren. 

Zum kommenden Jahreswechsel werden keine Spasschläuse unterwegs sein. Aber seien Sie geduldig, am 31. Dezember 2023 ist die Chance gross, sie im Appenzeller Hinterland anzutreffen.

Zur Autorin: Ursula Karbacher ist ­Kuratorin am Appenzeller Brauchtumsmuseum in Urnäsch. Sie schreibt für die Rubrik «Arena» im Regionalteil Ostschweiz/Zürich der BauernZeitung.