«Am Anfang war hier nur ein Maisfeld», erinnert sich Christian Mächler, Gründer der Solidarischen Landwirtschaft (Solawi) Halde in Altendorf. «Uns erschienen die 0,4 Hektaren in dem Moment riesig, weil wir alles von Hand mit der Biograbgabel umgegraben haben.» Sie wird auch Grelinette oder Broadfork genannt und ermöglicht eine Tiefenlockerung des Bodens, ohne die Bodenschichten durcheinanderzubringen.

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Die Verwendung von schwereren Maschinen kam für den 35-Jährigen nicht infrage, dafür nahm er die schweisstreibende Arbeit und den Muskelkater gerne in Kauf. Und es habe sich gelohnt, wie er sagt.

Viel Gemüse, wenig Fläche

Drei Jahre später reihen sich zahlreiche 76 Zentimeter breite Beete aneinander. Wasserleitungen sind im Boden verlegt, und in den drei Folientunneln findet sich im Sommer ein dichter Dschungel aus Tomatenpflanzen. Ausserdem pflanzte Christian Mächler alle zehn Meter einen Frucht- oder Nussbaum für mehr Biodiversität sowie Beeren, Sträucher und Kräuter als Bodendecker. 

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Inspiriert haben den gelernten Drucker- und Umweltingenieur Permakulturhöfe in Frankreich und das Market Gardening. Im Market Gardening wird eine grosse Vielfaltan Gemüse auf kleiner Fläche (0,1 bis 3 ha) ohne den Einsatz von synthetischen Düngern oder Pflanzenschutzmitteln angebaut und direktvermarktet. Bei der Solawi Halde sorgt dieser Bio­intensive Gemüsebau dafür, dass neben Christian Mächler auch sein Schwager Leonardo Medina zu 100 Prozent auf dem Betrieb arbeiten sowie zwei Teilzeitangestellte. 

Market Gardening
Beim Market Gardening wird möglichst viel Gemüse auf wenig Fläche (0,1 bis 3 ha) produziert und anschliessend direkt vermarktet. Daher auch der Name Market Gardening: Das Gemüse wird für den hofeigenen Markt produziert. 

Der biointensive Anbau kommt ohne schwere Maschinen und Kunstdünger aus. Stattdessen werden die eng bepflanzten Beete, die immer am selben Ort sind, von Hand bearbeitet und mit Kompost oder Tierdung gedüngt.

Das Prinzip entstand Mitte des 19. Jahrhunderts in Frankreich. 2012 veröffentlichte der Kanadier Jean-Martin Fortier sein Buch «The Market Gardener», auf Deutsch erhältlich als «Biogemüse erfolgreich direktvermarkten», was zum Best­seller wurde und dem Market Gardening zu neuer Beliebtheit verhalf. Die kleinen Anbauflächen und der geringe Investi­tionsbedarf machen diese Anbauweise attraktiv für Quereinsteiger(innen).

120 Gemüsetaschen

«Wir bauen alles an, was die Menschen in der Region gerne essen – von Auberginen über grünen Spargel, Radieschen, Salat bis zu Rüebli und Zwiebeln, nur Kartoffeln kaufen wir zu», so Leonardo Medina. Die Setzlinge dafür ziehen sie seit letztem Jahr zum Teil selbst an.   

«Wir brauchen keine Pflanzenschutzmittel, nicht einmal Schneckenkörner.» 

Christian Mächler,Gründer der Solawi Halde.

Der Betrieb vermarktet seine Produkte nach dem Prinzip der solidarischen Landwirtschaft. Bei dieser verpflichten sich Konsument(innen) für ein Jahr, einen festen Betrag an den Betrieb zu zahlen und im Gegenzug Produkte des Hofes zu erhalten. Bei der Solawi Halde können die Abonnenten zwischen Gemüsetaschen in drei Grössen wählen und zahlen je nach Grösse zwischen 30 und 72 Franken pro Woche. Die rund 120 Gemüsetaschen werden im Sommer wöchentlich und im Winter zweiwöchentlich an verschiedene Depots in der Umgebung geliefert, an denen die Abonnenten sie abholen können. «Die Kunden können aber auch zu uns kommen und ihr Gemüse selbst ernten», erklärt Christian Mächler. 

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Solidaritätstopf eingerichtet 

Trotzdem sind sich Christian Mächler und Leonardo Medina bewusst, dass sich nicht jeder Biogemüse leisten kann. Aus diesem Grund wurde ein Solidaritätstopf eingerichtet, in den Solawi-Abonnenten einzahlen können, um Familien, für die eine Gemüsetasche normalerweise zu teuer wäre, eine Mitgliedschaft zu ermöglichen. 

Bauern liegt in der Familie 

Leonardo Medina kommt aus Chile und lebt seit fünf Jahren in der Schweiz. Durch die Arbeit auf Permakulturhöfen in Indien und Mexiko entdeckte er seine Liebe zum Gärtnern. Er und Christian Mächler haben keine gärtnerische Ausbildung absolviert. Das hinderte Christian Mächler jedoch nicht daran, die Solawi 2019 zu gründen. «Ich dachte: Einfach mal machen», erinnert er sich zurück mit einem Lächeln auf den Lippen.

Betriebsspiegel Solawi

Name: Christian Mächler 
Ort: Altendorf SZ 
Fläche: 0,4 ha (neu zusätzlich 0,25 ha)
Kulturen: Lagergemüse, saisonales Gemüse,das ungeheizt wächst
Label: Bioanbau, bisher nicht zertifiziert
Mitarbeiter: Leonardo Medina (100 %), zwei Teilzeitangestellte

Das Bauernleben wurde dem 35-Jährigen jedoch in die Wiege gelegt. So war bereits sein Grossvater Milchviehbauer, dessen Hof mittlerweile Mächlers Cousine bewirtschaftet. Von ihr konnte Christian Mächler auch das ehemalige Maisfeld für die Solawi pachten. Doch anstatt vollkommen in die Fussstapfen des Grossvaters zu treten, gehen Christian Mächler und sein Schwager heute neue Wege.  

Vegan auf ganzer Linie

«Wir versuchen, die Philosophie des Veganismus auf unserem ganzen Betrieb anzuwenden», erzählt Leonardo Medina. Konkret heisse das: kein Einsatz von tierischen Düngern und Pestiziden sowie Pflanzenschutzmitteln und Biohilfsstoffen. 

Trotz ihrer biologischen Anbauweise verzichtet die Solawi Halde auf eine Biozertifizierung. «Wir akzeptieren die Biorichtlinien zur Verwendung vontierischen Düngern, Schlacht­abfällen, Blutmehl und Hornspänen nicht und wollen sie mit einer Zertifizierung nicht unterstützen», so Christian Mächler. Eine biovegane Zertifizierung werde aber in Betracht gezogen. 

Minimale Bodenbearbeitung

Tiere fehlten ihnen auf dem Hof nicht, davon hätten sie genug im Boden, beteuern Mächler und Medina lachend. Die beiden Veganer versuchen das Bodenleben so wenig wie möglich zu stören. Dafür erfolgen die Bodenbearbeitung und Düngung immer nach dem gleichen Prinzip: Nach der Ernte werden die zurückgebliebenen Strünke mit einer Pendelhacke entfernt. Da der Boden oft nass sei, werde mithilfe der Biograbgabel Sauerstoff in den Boden gebracht. Anschliessend bringen sie Kompost, Gesteinsmehl und Pflanzenkohle auf dem Beet aus.

Eine kleine Bodenfräse, die mit einer Bohrmaschine angetrieben wird, arbeitet den Dünger dann zwei bis drei Zentimeter in den Boden ein. Die grösste Herausforderung stelle aktuell die Herstellung des Komposts dar, «die ist ziemlich knifflig», gibt Christian Mächler zu. Gejätet wird mit einer Drahthacke. Statt einer scharfen Klinge besitzt sie einen gehärteten Draht, der den Boden nur oberflächlich öffnet. Damit diese Methode ausreiche, müsse allerdings wöchentlich gejätet werden, sonst sei der Boden zu hart.

Burn-out vermeiden 

Trotz der vielen Handarbeit versuchen Leonardo Medina und Christian Mächler die Tages­arbeitszeit von acht Stunden einzuhalten und die Wochenenden möglichst freizuhalten. «Arbeit gibt es immer, aber wir wollen auf unsere Körper und Psyche aufpassen», ergänzt Medina. «Damit wir noch gärtnern können, wenn wir alt sind, und dabei immer noch Freude haben», so der 31-Jährige. 

Wie gut sie die richtige Ba­lance zwischen Arbeit und Freizeit finden, wird die Zukunft zeigen. Denn ihre Fläche wächst – in der neuen Saison bewirtschaften sie zusätzliche 25 Aren (0,25 Hektaren).