«Wenn wir sagen, wir hätten keine Zeit für eine Besichtigung durch Interessierte, denken die Leute, dass etwas nicht stimmt oder wir etwas verbergen», meint Peter Anderhub. Der Schweinebauer aus Muri AG ist «Saugut»-Botschafter und damit Teil des neuen Basismarketings der Suisseporcs. Er sei schon immer offen gewesen und lade aktiv in den Stall ein, wenn Jemand seine Schweine im Auslauf beobachtet. Mit seiner Transparenz mache er sehr gute Erfahrungen, aber «viele Leute – auch auf dem Land – haben heute von der Schweinehaltung einfach keine Ahnung».

Zusammenhänge zeigen und Lösungen suchen

Basismarketing für SchweinefleischEin neuer Abzug bei Schlachtschweinen soll zu mehr Konsumentennähe verhelfenDienstag, 8. März 2022 Verschiedene Menschen haben bereits den Stall von Peter Anderhub besucht, seien es Journalisten, Politiker, Influencer, Kinder oder Spaziergänger. «Ich erlebe den Umgang als total positiv. Die Leute staunen, wie komplex die Schweinehaltung ist», erzählt der Aargauer. Manche Reporter, die in der Regel doch eher links und kritisch eingestellt seien, hätten auch mehrmals kommen wollen. «Kameraleute bringt man manchmal kaum mehr aus dem Stall.»

Ein Rundgang dauere bei ihm etwa zwei Stunden, in denen er die Haltung und vor allem auch Zusammenhänge erklärt. Zwischen schlechten Beispielen und aufgehübschter Werbung verlieren viele seiner Meinung nach den Bezug zur Realität. Laute Forderungen nach mehr Tierwohl bei gleichzeitig fehlender Zahlungsbereitschaft sieht er als ein Symptom davon, dass man sich der Zusammenhänge nicht bewusst ist. «Ich würde gerne 60 Schweine auf einer Hektare Weide halten, wenn es denn bezahlt würde», gibt Anderhub ein Beispiel. Er ist überzeugt davon, dass die besten Lösungen zusammen mit gut informierten Konsument(innen) gefunden werden: «So wird nichts gefordert, was nicht um- und absetzbar ist». Man könne angesichts der hohen Spezialisierung heutzutage ja auch nicht über alles Bescheid wissen – umso wichtiger, sich entsprechend gut zu informieren.

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Nicht jedermanns Sache

Früher habe es vom Detailhandel geheissen, die Landwirtschaft müsse nur produzieren und man würde sich um die Vermarktung kümmern, erinnert sich der Schweinebauer. Aber der Handel könne je nach Nachfrage auf andere Produkte ausweichen und «wir sind selbst für unser Image verantwortlich», so seine Überzeugung.

Peter Anderhub ist aber auch klar, dass Betriebsführungen und langes Erklären nicht jedermanns Sache sind. «Der Zeitaufwand ist enorm und natürlich geht es auch bei mir auf die Freizeit», ergänzt er, «aber für mich ist es auch eine spannende Auseinandersetzung, bei der man lernt, Dinge zu hinterfragen». Zwar bezeichnet er das Erlebnis, bei jemandem einen positiven Eindruck hinterlassen zu haben, als grossen Lohn. Trotzdem findet er es richtig, dass «Saugut»-Botschafter für ihren Zusatzaufwand entschädigt werden. «Sie tun etwas, wovon alle Schweinehaltenden profitieren», argumentiert der Landwirt. Gerne würde er als Botschafter einen Tag der offenen Stalltüren machen, aber dafür fehle ihm aktuell dann doch die Zeit.

Hart und fair arbeitenden Bauern eine Stimme geben

Eine weitere grosse Motivationsquelle für Peter Anderhub: Engagierten Schweizer Bauernfamilien eine Stimme zu geben. «Ich kenne viele, die sehr gut und viel arbeiten aber nicht gerne im Rampenlicht stehen, oder sich das nicht zutrauen. Ich habe es auch lernen müssen und bin von Natur aus kein Kommunikationstalent. Die stillen Schaffer sind für den Zusammenhalt in der Gesellschaft sehr wichtig», so seine Begründung. Neben dem einen oder anderen Aha-Erlebnis sollen seine Besucher denn auch eine weitere Botschaft mit nach Hause nehmen: «In der Landwirtschaft arbeitet man überdurchschnittlich viel zu unterdurchschnittlichen Löhnen». Es müsse verstanden werden, wie viel Arbeit, Kosten und Investitionen in einem Lebensmittel stecken, um für mehr Wertschätzung und schlussendlich höhere Zahlungsbereitschaft zu sorgen. «Man kann viel fordern, aber nicht immer kann sich ein Betrieb weiterentwickeln», gibt der Landwirt zu bedenken. Gerade für gewissenhaft und fair arbeitende Junge seien gewisse Initiativen wie ein Schlag ins Gesicht. Sie wolle er zum Weitermachen motivieren, «junge Berufsleute sollen sich nicht alleingelassen, sondern gestärkt fühlen».

Es muss nicht alles perfekt sein

Peter Anderhub bekommt immer wieder Anfragen, die er wann immer möglich nicht ausschlägt. Entsprechend oft ist sein IP-Suisse-Betrieb in den Medien. Er würde sich aber wünschen, dass mehr und vor allem auch andere Betriebe ihre Stalltüren öffnen. Sonst wachse die Gefahr von falschen Bildern. «Besser wäre, wenn viele Schweinehaltenden im kleinen Rahmen Aufklärungsarbeit leisten, als wenn immer wieder die gleiche Handvoll gezeigt wird», so seine Meinung.

«Es muss nicht immer alles perfekt sein», betont der Aargauer. Dann hätten eben mal einige Tiere Durchfall oder eine Sau hinke. «Das ist normal, das ist die Realität». Und die müssten auch Menschen ohne Bezug zur Landwirtschaft kennenlernen.

Betriebsspiegel Langenmatt und Gammerstall

Die Familie Anderhub bewirtschaftet zusammen mit drei Angestellten und Unterstützung von Peter Anderhubs pensioniertem Vater zwei Betriebe.
Ort: Muri AG
LN: 22 Hektaren
Kulturen: Mais, Weizen, Gerste, Gras, Raps
Tierbestand: 220 Mutterschweine mit Ferkeln, zwei Pensionspferde
Produktionsart: IP-Suisse
Besonderes: Direktvermarktung von Frischfleisch und Fleischspezialitäten via Buur on Tour oder lokale Verkaufsstellen
Weitere Informationen: www.anderhub-schweine.com