Laut Markterhebungsdaten von Appenzeller kennen rund 97 % der Schweizer Bevölkerung die Marke und 84 % finden die Werbung sympathisch. Allerdings kaufen nur etwa vier von zehn Haushalten tatsächlich den Appenzeller Käse. Dies liegt laut Rudolf Hegg, geschäftsführender Direktor von Appenzeller, hauptsächlich an der Würzigkeit. Aus diesem Grund lanciert der Käseproduzent einen neuen Käse: die «Appenzellerin». In einem Interview mit Hegg erfahren Sie mehr über den neu lancierten Käse.

Bauernzeitung: Aus welchem Grund haben Sie die «Appenzellerin» lanciert?

Rudolf Hegg: Unser Ziel war es, ein neues Konzept zu lancieren, welches zwar auf unsere bestehenden traditionellen, lokal verankerten Markenwerte aufbaut, aber gleichzeitig so anders ist, dass wir eben diejenigen Konsumentinnen und Konsumenten erreichen, welche unseren Käse heute nicht kaufen. Daraus entstand die Idee der «Appenzellerin». Die «Appenzellerin» drückt die Andersartigkeit gut aus, aber durch die Appenzellerin in der Tracht auf der Verpackung ist dennoch die Nähe zu unserer bisherigen Markenkommunikation vorhanden.

Welche Zielgruppe möchten Sie mit der «Appenzellerin» ansprechen?

GV und JahresrückblickAppenzeller musste 2022 die Produktion um 13 Prozent drosselnFreitag, 28. April 2023 Mit der «Appenzellerin» wollen wir jene Konsument(innen) ansprechen, die unsere Marke zwar lieben, denen der klassische Appenzeller aber zu rezent ist. Es geht also nicht darum, dass wir mit dem neuen Käse spezifisch Frauen ansprechen wollen.

Wie kamen Sie auf die Idee einer rosa/pinken Verpackung?

Beim Appenzeller Käse haben wir als Verpackungsfarbe Rot gewählt, in Anlehnung an die Rotjacke der traditionellen Appenzeller Sennentracht. Bei der «Appenzellerin» sind wir nach dem gleichen Muster vorgegangen. Seit über 100 Jahren tragen die Appenzellerinnen Trachten in wunderschönen Farbtönen wie z. B. Grün, Blau, Weinrot, Rosa und einige mehr. Im Rahmen der Konzeptabklärung und Marktforschung haben wir deshalb drei Trachtenfarben ausgewählt und repräsentativ für die Schweiz Konsument(innen) befragt, welche der drei Farben ihnen für die neue Verpackung am besten gefällt. Dabei hat Rosa/Pink in der Befragung sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern am besten abgeschnitten und wurde folglich als Verpackungsfarbe ausgewählt. Dass die Farbe Pink geschlechterspezifisch verstanden werden kann, ist für uns zweitrangig. Was wir tun, tun wir aus Tradition.

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Das Marketingkonzept des Appenzellers stützt sich sehr stark auf Traditionen, wie passen Sie sich dem Wandel der Gesellschaft an?

Der Appenzeller Käse ist eine über 700 Jahre alte Käsespezialität aus der Ostschweiz. Von daher sind wir ganz klar der Tradition verpflichtet. Gerade im Appenzellerland gehen jedoch Tradition und Innovation immer Hand in Hand. Das beweisen die vielen ortsansässigen Firmen, wie z. B. die Brauerei Locher, die nebst ihren Stammprodukten immer wieder neue, innovative Produkte und Konzepte lancieren. Zudem muss Tradition Moderne nicht ausschliessen. Das zeigt z. B. der traditionelle Schwingsport, der in den letzten Jahren einen enormen Hype erlebt hat und heute wieder total «in» ist. Insofern sind die traditionellen Sennen oder neu auch Trachtendamen ein fester Bestandteil unserer Kommunikation, wobei wir immer mit einer Portion Schalk und Humor kommunizieren. Unsere Werbung soll schliesslich unterhalten. Zudem sind wir nicht nur auf TV- und Plakatwerbung aktiv, sondern nutzen auch Online-TV sowie Social-Media-Kanäle, um eine jüngere Zielgruppe zu erreichen.

Wann und unter welchen Umständen wurde die Idee der Appenzellerin geboren?

Bei der Namensfindung war die Andersartigkeit gegenüber dem bisherigen Appenzeller Käse ausschlaggebend. Zwar sollte der Absender nach wie vor ersichtlich sein, es sollte jedoch schon vom Namen her klar sein, dass es sich um einen ganz anderen, neuen Käse handelt. Und was ist das komplette Gegenteil eines Appenzellers? Klar, eine Appenzellerin. Im Konsumententest hat dieses Namenskonzept dann auch mit deutlichem Abstand am besten abgeschnitten und alle anderen Konzeptideen in den Schatten gestellt. Damit war für uns klar: Unser neuer Käse heisst «Appenzellerin».

In welchen Geschäften wird die «Appenzellerin» zu kaufen sein? 

Der neue Käse ist im Detailhandel in der Schweiz verfügbar. Namentlich bei Migros, Coop, Spar, Volg und Manor sowie in Käsefachgeschäften. Im Discountkanal in der Schweiz ist er vorderhand nicht erhältlich. Im Weiteren haben auch verschiedene Gastronomiezulieferer die «Appenzellerin» gelistet.

Welche Reaktionen erhielten Sie zum neuen Produkt?

Mitmachen und gewinnenVon der Appenzeller Spitzhaube bis zum Zäuerli: Das grosse KantonsquizFreitag, 22. Juli 2022 Die überwältigende Mehrheit der Reaktionen ist äusserst positiv. Das Namenskonzept und auch die Verpackungsfarbe werden positiv aufgenommen. Vereinzelt gibt es auch kritische Reaktionen, so z.B., ob Appenzeller neuerdings Gendering betreibe und dergleichen. Das sind aber meist Missinterpretationen, da wir mit unserem Verpackungskonzept und der Namensgebung weder nur Frauen ansprechen noch sonst irgendwie ein politisches Zeichen setzen oder Gendering betreiben wollen. Wir wollen sowohl mit dem «Appenzeller» als auch der «Appenzellerin» ein Volkskäse sein, der von allen Menschen mit Genuss und ohne schlechte Gefühle gegessen werden kann, ganz unabhängig von deren Religion, politischer Zugehörigkeit, sexueller Ausrichtung oder Geschlecht. Deshalb enthalten wir uns bewusst jeglicher Statements zu Politik, Religion, sexueller Ausrichtung, Geschlecht und weiteren gesellschaftspolitischen Themen. Unsere Mission ist es, die Bevölkerung der Schweiz mit qualitativ hervorragendem Käse zu versorgen. Politik überlassen wir anderen.

Von einer jungen Leserin haben wir die Rückmeldung erhalten, das Produkt sei sexistisch. Wie gehen Sie mit ähnlichen, eher negativen Rückmeldungen um?

Erfahrungsgemäss gehen die Meinungen bei solchen Themen weit auseinander. Leider ist es ein Ding der Unmöglichkeit, es allen Menschen recht zu machen. So gibt es eigentlich bei jeder Neulancierung immer einige, die sich an etwas stören. Wir sind aber überzeugt, dass keiner unserer Werbeträger zur Appenzellerin in irgendeiner Weise sexistisch ist. Wir zeigen in unserer Werbung eine starke Frau aus dem Appenzellerland, die mit beiden Beinen im Leben steht, sich in hohem Masse mit unserem Käse identifiziert und oft auch für die Sortenorganisation tätig ist. Auch hier war uns – wie schon bei den Sennen – sehr wichtig, dass wir auf Authentizität setzen, weshalb wir nicht ein professionelles Model, sondern eine Trachtendame aus der Region in unserer Werbung zeigen.