Gleichentags wie der Bundesrat über die Absichtserklärung mit den USA informiert hat, hat der Vorstand der Branchenorganisation Milch (BOM) über die Richtpreise für die nächsten Monate verhandelt. «Trotz Lichtblicken beim USA-Export bleibt die Situation vor allem im Milchfettbereich angespannt», teilt die BOM nun mit. Daher habe man sich auf weitere Entlastungsmassnahmen geeinigt. Namentlich kommen zusätzlich zu den bereits freigegeben Geldern weitere Freigaben für 1530 t Butter dazu. Die Gelder seien bestimmt für Exporte bis zum 30. Juni 2026. «Die zusätzliche Massnahme wird wie bereits die vorherigen Stützungen aus dem Fonds Regulierung bezahlt.» 

Ausserordentliche Sitzung folgt Mitte Dezember

Der Entscheid zum A-Richtpreis ab Februar 2026 ist noch nicht gefallen. «Die Diskussionen rund um den Richtpreis waren gerade im Gang, als uns die Meldung über das Ergebnis der Verhandlungen mit den USA erreichte», schildert BOM-Geschäftsführer Stefan Kohler auf Anfrage. Das sei aber nicht der Grund gewesen, weshalb die Festlegung auf Mitte Dezember verschoben worden ist. Dann soll es eine ausserordentliche Sitzung geben, um die Richtpreis-Diskussionen fortzusetzen. Feststeht, dass der A-Richtpreis für Januar 2026 unverändert bleibt. 

Milch- und Käsebranche kann etwas aufatmen

Verhandlungen erfolgreich US-Zollstreit: Tieferer Zusatzzoll – aber dafür zollfreie Fleischeinfuhren und wenig Neues beim Käse Freitag, 14. November 2025 Dass Schweizer Exportprodukte für die USA nun aller Voraussicht nach mit 15 statt 39 Prozent Zusatzzoll belegt werden, beurteilt Stefan Kohler als «sicherlich eine Entspannung.» Zwar gab es bereits vor dem Zollstreit Grenzabgaben auf Schweizer Käse in den USA – beim Gruyère etwa seien es 10 Prozent gewesen oder 6,4 Prozent bei Switzerland Swiss. «Die jetzt in Aussicht gestellten 15 Prozent sind also nicht ganz der Zustand von vorher, aber immerhin besser als die 39 Prozent.»

Die BOM rechnete bei 39 Prozent Zusatzzoll mit einem Verlust von etwa der Hälfte der Käseexporte in die USA. «Sollten die jetzt ausgehandelten 15 Prozent Bestand haben, kann die Käse- und Milchbranche ein bisschen aufatmen», fasst Kohler zusammen. Bis die neuen Tarife in Kraft treten – was laut Bundesrat eher in Tagen oder Wochen statt in Monaten der Fall sein sollte – würden dieser Tage soweit möglich kaum noch Schiffe mit Schweizer Käse in Richtung USA ablegen. 

Interprofession Gruyère AOP bleibt vorsichtig

Die baldige Senkung des US-Zusatzzolls wertet die Interprofession Gruyère AOP (IGP) in einer Mitteilung als «positives Signal». Sie mahnt in einer Mitteilung jedoch zu Vorsicht: Bereits exportierte Produkte würden weiterhin dem zusätzlichen Zollsatz von 39 Prozent unterliegen, dessen wirtschaftliche Auswirkungen wegen langer Latenzzeiten in den Logistik- und Handelsketten weiterhin spürbar bleibe. «Es wird daher einige Zeit dauern, bis sich die angekündigte Senkung konkret auf die Branche auswirkt.» Die IGP will die Umsetzung dieser Massnahmen aufmerksam verfolgen und bleibe in enger Abstimmung mit ihren Partnern, «um die Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit von Gruyère AOP auf den internationalen Märkten sicherzustellen.»

Unklarheiten bezüglich der versprochenen Fleischkontingente

Ein Pferdefuss bei der Absichtserklärung sind die zollfreien Fleischkontingente, die der Bundesrat den USA versprochen hat: 500 t Rindfleisch, 1000 t Bisonfleisch und 1500 t Geflügelfleisch. «Die gewährten Fleischkontingente sind nicht sehr gross», gibt Sandra Helfenstein, Mediensprecherin des Schweizer Bauernverbands (SBV) zu bedenken. «Aber es ist noch unklar, ob diese in- oder ausserhalb der WTO-Kontingente laufen.» Auch ausserhalb der WTO-Kontingente sei das Ende der Fahnenstange allerdings bald erreicht, da im Rahmen des Mercosur-Abkommens ebenfalls Fleischkontingente durch die Schweiz gewährt wurden. 

Transparente Deklaration von Chlorhühnern

«Weiter ist davon auszugehen, dass gewisse US-Produkte unsere Produktionsstandards nicht erfüllen werden», ergänzt Sandra Helfenstein und erwähnt die sogenannten Chlorhühner. An der Medienkonferenz hatte Bundesrat Guy Parmelin zwar erklärt, das geltende Gesetz verbiete deren Einfuhr. Er schloss aber explizit nicht aus, dass daran gerüttelt und die Vorschriften geändert werden könnten – unter Wahrung der politischen Prozesse in der Schweiz. «Umso wichtiger ist es, das Vertrauen der Konsument(innen) durch eine klare und transparente Deklaration sicherzustellen», findet Helfenstein. 

«Zollfreier Import wird sich auf die Preise auswirken»

Dem schliesst sich der Schweizer Konsumentenschutz in einer Mitteilung an. Auch wenn der Detailhandel im Moment beteuere, an US-Fleischimporten nicht interessiert zu sein, werde die Preisgestaltung ein wesentlicher Faktor sein. Davon ist Sara Stalder, Geschäftsführerin des Konsumentenschutzes überzeugt. Der zollfreie Import werde sich auf die Preise auswirken. «Insbesondere die Gastronomie, die 50 Prozent des Fleischkonsums verantwortet, hat sich bisher mit einer Deklaration verbotener Produktionsmethoden immer schwergetan», kritisiert sie. Eine Deklaration sei nun aber nicht verhandelbar. 

Wichtige Massnahme: Schutz von Herkunftsangaben auch in den USA

Wie Stefan Kohler glaubt auch Sandra Helfenstein, dass die voraussichtliche Zollsenkung die Lage rund um die Käseexporte etwas entspannen wird. «Allerdings bleiben 15 Prozent Zuschlag zu vorher auf einem Qualitätsprodukt, das bereits einen hohen Preis hat», bemerkt die SBV-Sprecherin. Die Erfahrung werde wohl erst zeigen, wie sich der reduzierte Zollsatz auf die Verkaufszahlen auswirkt. Parallel zu den Anpassungen der Zölle sei aber auch eine Diskussion über den Schutz geografischer Herkunftsangaben vorgesehen. «Das ist insbesondere für den Käse eine wichtige Massnahme, da die Sorten auf dem US-Markt heute keinerlei Schutzstatus haben», so Helfenstein. 

Nach Meinung des SBV ist es ausserdem unverständlich, dass der Bundesrat «überall Zollkonzessionen macht» und gleichzeitig die heimische Produktion über die geplanten Sparmassnahmen im Entlastungspaket 27 schwächen wolle. 

Was meint der Bundesrat mit «nicht sensiblen» Produkten?

Zum Zolldeal stehen noch einige Unbekannten im Raum. So ist unklar, was der Bundesrat alles zu den «für die Schweiz nicht sensible Agrarprodukte» zählt, für die Einfuhrzölle sinken sollen. Meeresfrüchte oder exotisches Obst wären kein Problem, «für eine genauere Beurteilung müssten wir allerdings wissen, was da alles darunter zusammengefasst ist», sagt Sandra Helfenstein.  Zudem berichtet SRF von vereinfachten Import-Regeln für US-Milchprodukte, die in einem Dokument des Weissen Hauses erwähnt würden. «Wir haben keine Details zum Deal und auch keine Kenntnis bezüglich Milchprodukte», gibt Helfenstein Auskunft.